Überblick
In den letzten Jahrzehnten ist die Zukunft der globalen Energieversorgung aus einer ganzen Reihe von Gründen verstärkt in das Zentrum der politischen Debatten gerückt. Ursächlich dafür waren zum einen die wachsende Einsicht, dass die fossilen Energieträger, weil sie endlich sind, in absehbarer Zeit zur Neige gehen werden, während der Energieverbrauch in nahezu allen Erdregionen, mit Ausnahme einiger Transformationsländer, kontinuierlich und zum Teil sogar drastisch angestiegen ist. Vor allem in Staaten mit einer hohen Importabhängigkeit hat das Thema der Versorgungssicherheit dadurch eine starke Aktualität erlangt.
Die bekannten und ausbeutbaren Vorkommen der fossilen Energierohstoffe Stein- und Braunkohle, Erdöl und Erdgas sind weit über die Erde verstreut, mit einem deutlichen Schwerpunkt in der nördlichen Hemisphäre. Der Reichtum dieser Vorkommen hat geologische Gründe und ist damit völlig unabhängig vom heutigen Energieverbrauch des betreffenden Landes. Deshalb sind einige hochindustrialisierte Staaten aufgrund ihres überdurchschnittlich hohen Energieverbrauchs gezwungen, ihren Energiebedarf weitgehend durch Importe aus Entwicklungs- oder Schwellenländern zu decken, wie beispielsweise Deutschland (vgl. 266.2) oder Japan (vgl. 267.3).
Entwicklung des Weltenergieverbrauchs
Nach den Angaben der 1974 ins Leben gerufenen Internationalen Energieagentur (IEA), der neben den USA und Kanada unter anderem auch Australien, Japan und die meisten europäischen Staaten angehören, hat sich der globale Primärenergieverbrauch allein in dem Zeitraum von 1970 bis 2013 mehr als verdoppelt, im Jahr 2013 lag er bei rund 12 730 Mio. Tonnen Öleinheiten. Zu den größten Verbrauchern – gemessen am Primärverbrauch pro Einwohner – gehören derzeit die USA und Kanada, Australien, einige Golfstaaten, Norwegen, die Benelux-Staaten und Island. Den geringsten Pro-Kopf-Verbrauch haben die Menschen in Afrika, Südamerika und in den Schwellenländern Süd- und Südostasiens. Größter Energieverbraucher in absoluten Zahlen sind China und die USA, mit deutlichem Abstand gefolgt von Russland, Indien, Japan, Kanada und Deutschland.
Die Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern Erdöl, Erdgas und Kohle hat zwischen 1970 und 2013 sogar leicht zugenommen geblieben. Ihr Anteil liegt gegenwärtig bei 85 Prozent, soll aber perspektivisch zurückgehen (2035: 76 %). Erneuerbare Energien weisen hohe Wachstumsraten auf, sie deckten 2013 rund 9 Prozent des Energiebedarfs. Auf der Basis der gegenwärtigen Trends und unter Berücksichtigung der bereits vereinbarten energiepolitischen Maßnahmen rechnet die IEA bis 2035 mit einem weiteren drastischen Anstieg des weltweiten Energiebedarfs um ein Drittel. Verantwortlich für diesen Anstieg wird nach Ansicht der Organisation zu mehr als zwei Dritteln der steigende Energiehunger in Schwellenländern sein, vor allem in China und Indien.
Der wichtigste fossile Energieträger ist derzeit das Erdöl. Sein Anteil am Weltenergiemix wird nach Prognosen in den folgenden Jahren zwar sinken, dennoch wird Erdöl auch 2030 noch rund ein Drittel des globalen Energiebedarfs decken. Zunehmen wird hingegen der Anteil der Kohle, die vor allem in Indien und China eine zentrale Rolle bei der Energieversorgung einnehmen wird; sollten sich diese Prognosen bewahrheiten, wird die Emission von Treibhausgasen bis Mitte unseres Jahrhunderts um mehr als 50 Prozent über dem heutigen Niveau liegen. Der Verbrauch von Erdgas wird aufgrund des höheren Preises nur moderat ansteigen.
Importeure und Exporteure
Die größten Erdölförderer weltweit sind nicht notwendig die größten Exporteure, da die Menge des exportierten Energierohstoffs vom Bedarf im eigenen Lande abhängig ist. So rangierte Nigeria 2013 in der Liste der größten Förderländer nur an zwölfter, bei den Exporteuren hingegen an dritter Stelle, weil es rund 90 Prozent der Fördermenge exportiert. Aus dem Export erzielt das Land etwa 80 Prozent seiner Außenhandelseinnahmen. Die USA hingegen stehen bei den Fördernationen an dritter Stelle, tauchen aber in der Liste der größten Exporteure gar nicht auf, weil die Inlandsförderung auch im eigenen Land verbraucht wird. Im Gegenteil, die USA ist sogar trotz des gegenwärtigen Förderbooms im eigenen Land (Fracking) weltweit größter Importeur von Erdöl. Ähnlich verhält es sich mit China, dem weltweit viertgrößten Förderland und zweitgrößten Importeur.
Der mit Abstand größte Erdölimporteur weltweit sind die USA (2013: 383 Mio. t), gefolgt von China (278 Mio. t), Indien (188 Mio. t) und Japan (182 Mio. t). Die größten Erdölimporteure der EU – in dieser Reihenfolge Deutschland, Italien, Spanien, Frankreich, Großbritannien und die Niederlande – kommen gemeinsam auf etwa 359 Mio. Tonnen pro Jahr.
Erdgas trägt derzeit zu knapp einem Viertel zum weltweiten Energiemix bei. Die wichtigsten Förderländer 2013 waren die USA mit einem Anteil von 20 Prozent und Russland mit einem Anteil von 18 Prozent. Andere wichtige Förderstaaten sind unter anderem Kanada, Großbritannien, die Niederlande und Norwegen, Algerien, Usbekistan, Indonesien und die Staaten der Golfregion. Wie groß die Abhängigkeit vieler Industrienationen vom Import von Energierohstoffen heute schon ist, zeigt sich immer wieder, wenn russischen Erdgaslieferungen nach Europa infolge politischer Auseinandersetzungen zwischen Russland und dem Transferland Ukraine bzw. der EU selbst verringert oder ganz unterbrochen werden.
Der Anteil der Kohle an der Deckung des Weltenergiebedarfs ist zwischen 1970 und 2013 kontinuierlich zurückgegangen. Noch in den 1960er-Jahren der weltweit wichtigste Energieträger vor dem Erdöl, trägt die Kohle rund 30 Prozent zum globalen Energiemix bei. Die größten Fördermengen verzeichnete 2013 die Volksrepublik China, mit großem Abstand gefolgt von den USA, Indien, Indonesien und Australien; Deutschland rangierte an 19. Stelle. Wichtigste Exporteure von Steinkohle waren Indonesien und Australien (zusammen rund 60 % der Exportmengen; Stand 2013), während China weniger als ein Prozent seiner geförderten Steinkohle exportiert. Die wichtigsten Abnehmer für Steinkohle sind China, Japan, Indien, Südkorea und Taiwan, gefolgt von Deutschland, Großbritannien und Russland.