Überblick
Fleischproduktion und Fischerei sind, wie die Karte zeigt, wie andere Wirtschaftszweige Teil globaler Wertschöpfungsketten. Allein der internationale Fleischhandel hat zwischen 2003 und 2013 um rund 40 Prozent zugenommen. Noch dominieren Europa und die USA – die großen Fleischproduzenten des 20. Jahrhunderts – den Weltmarkt, doch der wird inzwischen nicht unwesentlich von den Schwellenländern mitbestimmt. Experten erwarten, dass ein Großteil des Wachstums im Fleischsektor in den nächsten Jahren auf Asien entfallen wird, vor allem aufgrund der steigenden Nachfrage der neuen Mittelschichten in China und Indien.
Nationale Anteile an der Fleischproduktion
Das weltweit wichtigste Schlachttier ist das Schwein. Allein in China wurden von 2010 bis 2012 jährlich rund 50 Mio. Tonnen Schweinefleisch produziert, deutlich mehr als in allen EU-Staaten (23,0 Mio.), den USA (10,2 Mio.), Brasilien (3,3 Mio.) und Russland (2,5 Mio.) zusammen. Führend in Europa waren Deutschland (5,6 Mio.), gefolgt von Spanien (3,5 Mio.), Frankreich (2,0 Mio.) und Polen (1,8 Mio.). In China werden derzeit noch mehr als die Hälfte aller Schweine in kleinbäuerlichen Betrieben produziert, aber das wird sich vermutlich ändern, weil die technik- und kapitalintensiven Produktionsformen, die die Tierproduktion in den Industrieländern prägen, sich immer stärker auch in den Schwellenländern etablieren.
Die Produktion von Geflügel hat stark zugelegt. Ein wesentlicher Grund dafür sind die steigenden Kosten für Agrarflächen, Futter und Energie. Weil Geflügel das Futter besonders gut verwertet und auf engem Raum gehalten werden kann, dient es zunehmend, die wachsende Nachfrage nach billigem Fleisch zu befriedigen. Geflügel hat inzwischen den größten Anteil am internationalen Fleischhandel (ca. 13,3 Mio. Tonnen), weit vor Rind (8,6 Mio.) und Schwein (7,2 Mio.). Größter Geflügelproduzent sind die USA (ca. 19,2 Mio. Tonnen im Durchschnitt 2010 bis 2012), gefolgt von China (17,1 Mio.), Brasilien (13,1 Mio.) und den EU-Staaten (12,4 Mio.). Allein in Deutschland wurden 2012 ca. 2,6 Mio. Tiere pro Werktag geschlachtet.
Die Produktion von Rindfleisch wächst dagegen kaum, die Fleischindustrie rechnet sogar mit einem leichten Rückgang in den nächsten Jahren. Führend in Europa war 2011 Frankreich mit 1,6 Mio. Tonnen, gefolgt von Deutschland (1,2 Mio.) und Italien (1,0 Mio.). Ein starkes Wachstum hat zuletzt lediglich Indien verzeichnet, dank der Produktion von kostengünstigem Büffelfleisch für den Weltmarkt. Obgleich die Produktion in absoluten Zahlen deutlich geringer ist als etwa in den USA, Brasilien und China, stammt inzwischen rund ein Viertel des international gehandelten Rindfleisches vom Subkontinent. Damit war Indien 2012 erstmals größter Rindfleisch-Exporteur, noch vor dem langjährigen Spitzenreiter Brasilien.
Schafe und Ziegen spielen die mit Abstand geringste Rolle bei der globalen Fleischproduktion. Mit 4,1 Mio. Tonnen Schaf- und Ziegenfleisch pro Jahr deckt China etwa ein Viertel der Weltproduktion. Von größerer Bedeutung sind beiden Arten vor allem in den Trockenzonen vom westlichen Mittelmeerraum bis nach Asien, weil sie an das dortige Klima gut angepasst sind. Weitere wichtige Erzeugerländer außerhalb dieser Region sind Neuseeland, Australien und Großbritannien.
Afrika ist der Kontinent mit dem geringsten durchschnittlichen Fleischkonsum. In einigen Ländern haben Nachfrage und Produktion in den letzten Jahren leicht angezogen, vor allem in Südafrika, Marokko, Algerien, Ägypten, Nigeria, Äthiopien und Kenia. Stark zugenommen hat hingegen seit den späten 1990er- Jahren der Import von Geflügelteilen aus Europa.
Die drohende Erschöpfung der Meere
Die Fischerei ist fast so alt ist wie die Menschheit, hat sich aber in den letzten Jahrzehnten durch den Einsatz hochmoderner Geräte und industrieller Fangflotten gravierend verändert. Die Schwärme werden mit Echolot und Radar geortet, die Trawler navigieren mithilfe von Satelliten, Hubschrauber lotsen die Flotten zu Fangplätzen. Die jährliche Gesamtfangmenge erreichte 1994 mit 63,3 Mio. Tonnen einen Spitzenwert, ansonsten liegt sie seit den frühen 1990er-Jahren relativ konstant zwischen 50 und 60 Mio. Tonnen. Dass die Fangmengen relativ stabil sind, bedeutet nicht, dass auch die Bestände es wären. Zum einen hat sich die Fischerei beständig in neue Meeresgebiete verlagert, vor allem in Richtung Süden, zum anderen wird heute bis in Tiefen von 2000 Metern gefischt, was vor zwei Jahrzehnten technisch noch nicht möglich war. Die neuen Arten von Tiefseefische bekommen oft neue Marktnamen, um sie den Käufern schmackhaft zu machen, wie der Schleimkopf, der heute als „Granatbarsch“ vermarktet wird.
Aufgrund der intensiven Befischung sind die Bestände vieler Speisefischarten weltweit stark gefährdet. Nach dem Weltfischereibericht der FAO von 2012 sind 29,9 Prozent aller kommerziell genutzten Bestände überfischt oder bereits zusammengebrochen. Viele Wissenschaftler und Umweltverbände sind der Ansicht, dass die Zahl der akut bedrohten Arten in Wahrheit noch deutlich höher ist. Der Anteil der „gemäßigt genutzten“ Bestände ist dagegen seit 1974 von knapp 40 auf nur noch 12,7 Prozent geschrumpft.
Die wichtigste Fischereination ist seit Jahren China. Im Reich der Mitte werden knapp ein Fünftel der weltweiten Fänge angelandet. Peru, noch bis vor wenigen Jahren zweitwichtigste Fischereination, ist durch den Einbruch der Sardellenfänge auf Platz vier abgerutscht. Die zweit- und drittwichtigsten Fischereinationen sind derzeit Indonesien und die USA. In Europa sind die Fangmengen seit dem Höchstwert von 6,9 Mio. Tonnen 2001 beständig gesunken, sodass sie 2010 um fast 30 Prozent unter dem damaligen Niveau lagen. Die wichtigsten Fischfangnationen sind Norwegen (2,6 Mio. Tonnen) und Island (1,0 Mio.), gefolgt von Dänemark (0,8 Mio.).
Da die Fangmengen kaum noch zu steigern sind, die Nachfrage aber wächst, wäre zur Sicherung der Bestände ein nachhaltiges Fischereimanagement nötig. Einige Nationen wie Australien, Kanada, Neuseeland und die USA haben aus dieser Einsicht Konsequenzen gezogen und den Fang so weit eingeschränkt, dass eine Überfischung künftig weitgehend vermieden werden kann. Auch Europa hat zum Teil aus Fehlern gelernt und Fischereimanagementpläne entwickelt. Doch trotz ermutigender Initiativen und dem Verbot von Treibnetzen ist das Problem der Überfischung – zum Beispiel im Nordostatlantik (vgl. 263.4) und in der Ostsee, im Mittelmeer, im Schwarzen Meer und an der Westküste Afrikas – noch weit von einer Lösung entfernt. Überdies haben die Einschränkungen zu einem Boom der illegalen Fischerei geführt, die seit ihrer Hochblüte in den 1990er-Jahren dank intensiver Kontrollen leicht eingedämmt werden konnte, aber dennoch gigantische Schäden anrichtet.
Um eine nachhaltige Nutzung der Nahrungsressource Fisch zu gewährleisten und zugleich akut bedrohte Arten und Ökosysteme zu schützen, fordert Greenpeace seit Jahren die Ausweisung eines weltweiten Netzwerks von Hochsee-Schutzzonen, in denen Jungfische bis zur Geschlechtsreife ungestört aufwachsen können. Nach den Vorstellungen der Umweltschützer sollten diese Meeresschutzgebiete aus einem Kernbereich bestehen, in dem auch der Abbau von Öl, Gas, Kies und Sand verboten werden müsste, und einer Pufferzone, in der eine menschliche Nutzung unter strengen Kriterien erlaubt sein dürfte. Obgleich die Berechtigung dieser Forderungen von keiner Seite ernstlich bestritten wird, fehlt es bislang noch an politischem Willen, sie in die Tat umzusetzen.
Chancen und Risiken von Aquakulturen
Aquakulturen haben vor allem in Asien eine lange Tradition, aber zu einem wirtschaftlich rentablen Industriezweig mit enormen Wachstumszahlen haben sie sich erst in den letzten Jahrzehnten entwickelt. Weltweit werden heute rund 60 Mio. Tonnen Fisch und andere Meeresfrüchte gezüchtet; eine Menge, die fast schon an den Wildfang heranreicht. Die bedeutendste Region in Sachen Aquakultur ist Asien, das rund 89 Prozent der Weltproduktion liefert, die mit großem Abstand von China dominiert wird. Auch in Zukunft werden Aquakulturen aller Voraussicht nach weiter wachsen und einen wichtigen Beitrag für die Versorgung der Weltbevölkerung mit hochwertigem Eiweiß liefern.
Problematisch ist, dass die Aufzucht von Edelfischen wie Lachs und Forelle den Fang großer Mengen an Wildfisch erforderlich macht, der zu Fischmehl oder Fischöl verarbeitet und in der Turbomast verfüttert wird. Werden zu diesem Zweck Fischbestände ausgebeutet, die nicht nachhaltig bewirtschaftet sind, trägt auch die Aquakultur zur Überfischung bei.
Ein zweites Problem ergibt sich aus der engen Massenhaltung. Da sich in überfüllten Zuchtanlagen Krankheitserreger und Parasiten rasend schnell verbreiten, wurden Chemikalien und Medikamente, insbesondere Antibiotika.
Ein drittes großes Problem ist, dass die Aquakulturproduktion in vielen Fällen nicht nachhaltig ist. Die Anlagen benötigen zum einen sehr viel Energie, zum anderen erzeugen sie Abwässer, die, wenn sie ungeklärt in Küstengewässer geleitet werden, stark überdüngte, sauerstoffarme Zonen erzeugen, in denen ein Leben kaum noch möglich ist. Wissenschaftler entwickeln derzeit Methoden, mit denen sich die Ökobilanz von Aquakulturanlagen ermitteln und optimieren lässt. Besonders in den westlichen Industrienationen fordern Händler und Kunden in den letzten Jahren vermehrt Produkte, welche die Einhaltung von Umweltstandards garantieren.