Überblick
Die Gleichstellung der Geschlechter ist in den Menschenrechten verankert. In der Realität werden Frauen und Mädchen aber noch in vielen Staaten der Welt benachteiligt. Das UNDP (United Nations Development Programme) veröffentlicht jährlich den Gender Inequality Index (GII), der als Indikator die (Un-)Gleichstellung von Mann und Frau offenkundig macht. Ein hoher GII bedeutet dabei große Ungerechtigkeiten zwischen den Geschlechtern, während ein niedriger GII eine Gleichstellung der Geschlechter beschreibt.
Zusammensetzung des GII
Der Gender Inequality Index berücksichtigt dabei drei Ebenen: die reproduktive Gesundheit, die Erwerbsbeteiligung und die Teilhabe. Der Wert für die reproduktive Gesundheit wird ermittelt aus der Müttersterblichkeit und der Mutterschaft von Teenagern im Alter von 15 bis 19 Jahren. Neben der Erwerbsbeteiligung von Frauen über 15 Jahren wird auch die Teilhabe (Empowerment) berücksichtigt, nämlich in Form des Frauenanteils im Parlament und der Frauen über 24 Jahre mit weiterführendem Schulabschluss.
Regionale Differenzen
Praktisch gleichgestellt sind Frauen den Männern insbesondere in Nordeuropa. Zu den Top-6-Staaten zählen Dänemark, Norwegen, Schweden, die Niederlande und Finnland, sowie dazu die Schweiz. Deutschland lag 2021 auf Rang 19. Generell hat Europa bzw. die Europäische Union in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte im Sinne der Gleichstellung der Geschlechter erreicht. Dazu beigetragen haben gezielte Maßnahmen wie Rechtsvorschriften zur Gleichstellung, das Einbeziehen der Geschlechter in die Politik (Gender-Mainstreaming) und spezielle Maßnahmen zur Förderung von Frauen). Dennoch gibt es aber auch in Europa noch geschlechterspezifische Differenzen, etwa was den Anteil von Frauen in Führungspositionen betrifft oder deren überdurchschnittlich hoher Anteil in Niedriglohntätigkeiten.
Kaum vergleichbar damit ist die Situation im Globalen Süden, in weiten Teilen Afrikas, aber auch in West- und Südasien sowie Teilen Südamerikas. In vielen Staaten dieser Regionen sind Mädchen und Frauen überdurchschnittlich stark von Hunger betroffen. Außerdem ist es Mädchen oftmals nicht erlaubt, eine Schule zu besuchen. Zudem sind Frauen in Ländern mit einem hohen Gender Inequality Index häufig Opfer sexualisierter Gewalt. Am Ende des Rankings liegt der Jemen, gefolgt von Papua-Neuguinea, Nigeria, Afghanistan, Zentralafrika und dem Tschad. In diesen Staaten, insbesondere in Afrika im Bereich der Sahelzone, ist das Heiratsalter sehr niedrig, Kinder- und Zwangsheirat sind Teil des Alltags.
Situation in Afghanistan und im Iran
In Afghanistan verschlechterte sich die Lage der Frauen und Mädchen mit der Machtübernahme der Taliban ab August 2021. Nach dem Ende des ersten Taliban-Regimes in Afghanistan, das von 1996 bis 2001 andauerte, konnten in den letzten 20 Jahren Fortschritte im Sinne der Geschlechtergleichheit erreicht wurden, insbesondere in der Schulbildung, aber auch bei der Teilnahme an politischen Entscheidungsprozessen und bei der Arbeitsmarktpartizipation. Mit der Rückkehr der Taliban jedoch werden Frauen wieder stark diskriminiert, der Zugang zu Bildung, Arbeit, Gesundheit, Politik und gesellschaftlichem Leben ist nun wieder stark eingeschränkt.
Im Iran spitzten sich die Proteste gegen Geschlechterungleichheit ab September 2022 enorm zu. Nachdem eine Frau, die ihr Kopftuch (Hidschab) nicht korrekt getragen hatte, in Gewahrsam gewaltsam zu Tode gekommen war, kam es zu landesweiten Protesten. Diese richten sich gegen die autoritäre Regierung und die von ihnen diktierten Lebensbedingungen, vor allem gegen die Kleiderordnung.
SDG 5: Geschlechtergleichheit
Geschlechtergleichheit im Sinne von Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung für Frauen und Mädchen ist eines der Ziele für nachhaltige Entwicklung (Social Development Goals, s. 290.2). Bis 2030 soll Diskriminierung von Frauen und Mädchen weltweit beendet werden, Gewalt und Ausbeutung von Frauen und Mädchen sollen abgeschafft werden und Kinderheirat, Früh- oder Zwangsheirat sowie Genitalverstümmelung sollen verboten werden. Der Weg dorthin ist jedoch noch lang. 2022 hatten 214 Millionen Frauen keinen freien Zugang zu modernen Verhütungsmethoden. Rund 200 Millionen Mädchen und Frauen sind von Genitalverstümmelung betroffen. Lediglich 14 Prozent der Landbesitzenden sind Frauen.
Dabei hat eine Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen, die freie Teilhabe an sozialen, politischen und wirtschaftlichen Prozessen, weitreichende positive Folgen, etwa in Bezug auf das Wirtschaftswachstum, auf die landwirtschaftlichen Erträge und auf Friedensverhandlungen.