Überblick
Ein lückenhaftes System der Gesundheitsversorgung, schlechte hygienische Bedingungen, verunreinigtes Trinkwasser oder quantitative bzw. qualitative Unterernährung begünstigen die Ausbreitung von Krankheiten und können die Sterblichkeit in die Höhe schnellen lassen. So wurden im Jahr 2011 nur zwei Drittel aller Frauen in Entwicklungsländern bei der Geburt durch einen Arzt, eine Hebamme oder eine Krankenschwester betreut. Dies ist mitverantwortlich für die hohe Säuglings- und Müttersterblichkeit in vielen Entwicklungsländern.
Daher sind die mittlere Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Geburt (in Jahren) und die Säuglingssterblichkeit Basisindikatoren, die geeignet sind, den Entwicklungsstand des Gesundheitssystems, den Zugang zu sauberem Trinkwasser und die Ernährungssicherheit eines Landes zu beurteilen. Die Lebenserwartung geht in die Berechnung des HDI ein (s. 274.1).
Räumliche Muster
Die Karte ermöglicht das Einordnen und Vergleichen von Staaten in Bezug auf die genannten Aspekte. Sie zeigt große Entwicklungsunterschiede zwischen den Staaten der Erde. Räume mit einer überdurchschnittlichen Lebenserwartung sind Nord- und Südamerika (mit nur wenigen Ausnahmen: Bolivien, Haiti, Guyana), Europa (mit Ausnahme der Ukraine sowie Russlands), Australien und Ozeanien, Nordafrika, die meisten Staaten Ost- und Südostasiens sowie die meisten Staaten Westasiens.
Auffällig ist, dass ganz Afrika südlich der Sahara sowohl eine unterdurchschnittliche Lebenserwartung als auch eine hohe Säuglingssterblichkeit aufweist. Außerhalb Afrikas ist nur Afghanistan in einer ähnlich schlechten Position.
Viele Länder Süd- und Zentralasiens, darunter Indien und Pakistan, weisen eine unterdurchschnittliche Lebenserwartung und oft auch eine hohe Säuglingssterblichkeit auf. Dies ist – wie auch in Afrika – ein Indikator für grundlegende Entwicklungsprobleme, die breite Bevölkerungsschichten betreffen. Während in vielen Teilen der Welt die Lebenserwartung gestiegen ist, sinkt sie in vielen Staaten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion seit Ende der 1980er-Jahre und liegt gegenwärtig auf dem gleichen Niveau wie Anfang der 1970er-Jahre.
Entwicklungen und Tendenzen
Es zählte zu den Millenium-Entwicklungszielen, zum Beispiel die Sterblichkeit von Müttern bei der Geburt und die Kindersterblichkeit zu senken. Im Jahr 1990 starben in Entwicklungsländern 97 von 1000 Kindern vor Erreichen des fünften Lebensjahrs, im Jahr 2015 sollte dieser Wert um zwei Drittel niedriger liegen. In einigen Teilräumen der Erde ist dies erreicht worden, zum Beispiel in Ostasien. Insgesamt aber wird das Ziel verfehlt werden, denn 2011 starben in Entwicklungsländern noch 57 von 1000 Kindern vor Erreichen des fünften Lebensjahrs.
Für viele Entwicklungsländer wird in den nächsten Jahrzehnten ein Anstieg der Lebenserwartung vorhergesagt. Für die Least Developed Countries (LDC) werden um das Jahr 2050 70 Jahre erwartet, für die Entwicklungsländer ohne die LDC-Staaten 75 Jahre.