Überblick
Das Klima Europas wird in starkem Maße vom Meer geprägt. So stellt sich über dem Kontinent ein meridionaler, von West nach Ost gerichteter Klimaübergang zwischen Maritimität und Kontinentalität ein, der im Winter (Januar) besonders stark ausgeprägt ist. Dieser Übergang von West nach Ost überlagert das generelle Süd-Nord-Gefälle der Temperatur und führt zu einer nicht breitenkreisparallelen Anordnung der Linien gleicher Temperatur (Isothermen).
Maritimität versus Kontinentalität
Die Temperaturverteilung zeigt deutlich den von West nach Ost zunehmenden Grad der thermischen Kontinentalität über Europa. Durch die in den Wintermonaten tief stehende Sonne ist die Strahlungsbilanz überwiegend negativ (Ausstrahlung). Der Wärmezufuhr vom Atlantik kommt daher eine wichtige Bedeutung zu. Diese wird gesteuert durch einen Luftmassenaustausch, welcher durch den aus Westen wehenden Höhenstarkwind Jetstream (Strahlstrom) und die sich unter ihm bildenden dynamischen Hoch- und Tiefdruckgebiete zustande kommt. So führen die vorherrschenden westlichen bis südwestlichen Strömungen über Europa im Winter zur Zufuhr relativ milder, feuchter Luft vom Atlantik. Dieser maritime Einfluss ist dabei in Westeuropa am stärksten ausgeprägt.
Mit zunehmender Entfernung vom Atlantik nimmt hingegen nach Osten der Grad der Kontinentalität immer mehr zu. Die negative Strahlungsbilanz kommt hier immer stärker zum Tragen und lässt die Temperaturen durch die abnehmende Zufuhr milder Luftmassen aus Westen weiter fallen. So verläuft die 0 °C-Isotherme im Januar etwa auf einer Linie von Westskandinavien über Dresden und München bis zu den Französischen Kalkalpen. Während das Januarmittel an den Küsten Westeuropas zumeist zwischen 5 und 10 °C liegt, fallen die Temperaturen in Nordosteuropa unter –15 °C.
Die von West nach Ost zunehmende Kontinentalität kommt auch durch eine Zunahme der Jahresamplitude der Temperatur zum Ausdruck. Sie beträgt im maritimen Bournemouth nur wenig mehr als 10 °C, während sie im kontinentalen Bereich von Wytegra und Kiew Werte von über 25 °C erreicht (s. Klimadiagramme im Atlas; die Orte sind in den Karten rot markiert). Generell heben sich die Höhenlagen der Gebirge als kältere Klimainseln ab (zum Beispiel Alpen oder Pyrenäen).
Von West nach Ost spiegelt sich auch die hygrische Kontinentalität (vgl. 47.3) in den Klimadiagrammen: So weist Bergen (Norwegen) mit einem Jahresniederschlag von fast 2 500 mm einen deutlich höheren Niederschlag auf als Wytegra (Russland) mit rund 700 mm, das in etwa auf der gleichen geographischen Breite liegt.