Überblick
Die Arbeitslosigkeit stellte während der letzten Jahrzehnte in den Ländern der EU fast durchgängig ein großes Problem dar, doch hat dessen Ausmaß seit Beginn der Wirtschafts-, Finanz- und Eurokrise 2008 insgesamt noch einmal zugenommen. Die Arbeitslosenquote war zwar zwischen 2003 und 2008 zunächst von 9,1 Prozent auf einen vorübergehenden Tiefstwert von 7 Prozent zurückgegangen, stieg dann jedoch wieder deutlich an. 2013 lag die Arbeitslosenquote im EU-Durchschnitt bei 10,3 Prozent. Von dieser Entwicklung sind vor allem die peripheren Regionen im Süden und Osten betroffen, die zum Teil unter sehr hoher Arbeitslosigkeit leiden.
Zur Ermittlung der Arbeitslosenzahlen stützt sich die EU auf die Arbeitslosenstatistik der einzelnen Länder. Zum Zwecke eines interregionalen Niveauvergleichs werden diese mit eigenen Stichprobenerhebungen kombiniert. Aufgrund dieser Harmonisierung weichen die EU-Zahlen etwas von den nationalen Angaben ab. Nicht erfasst wird durch die Arbeitslosenquote eine Unterbeschäftigung in strukturschwachen Agrarregionen oder Kurzarbeit in manchen Industriezweigen.
Der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist – neben den direkten Effekten der Wirtschafts-, Finanz- und Eurokrise seit 2008 – eine Folge vielfältiger Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt. Zu den langfristigen Ursachen zählt vor allem die kontinuierliche Automatisierung und Rationalisierung sämtlicher Produktions-, Distributions- und Dienstleistungstätigkeiten zum Zweck der Verringerung der Lohn- und Herstellungskosten. Eine zweite wichtige Ursache ist die fortschreitende Auslagerung eines immer größeren Teils von Tätigkeiten in ärmere Länder mit geringerem Lohnkostenniveau und minimalen Sozial- und Umweltstandards.
Zwischen der Erwerbsstruktur und der Arbeitslosenquote eines Landes gibt es eine starke Korrelation ( 100.1). Von wenigen Ausnahmen abgesehen gilt die Regel, dass Regionen mit geringem Produktionsniveau und hohen Beschäftigungsanteilen in der Landwirtschaft überdurchschnittlich stark unter Arbeitslosigkeit leiden. Die höchsten regionalen Arbeitslosenquoten wurden 2013 in Griechenland, Spanien, den südlichen Landesteilen von Italien, in Slowenien und der Slowakei sowie im Norden Irlands registriert. Viele dieser Gebiete sind von einer hohen Abwanderungen betroffen (vgl. 100.4).
Die prekäre Situation auf dem Arbeitsmarkt ist für die peripheren Regionen eine starke Belastung, weil es oft gerade dort ein besonders großes Potenzial an Arbeitskräften gibt. Die Folge dieses Überschusses ist eine überproportional hohe Arbeitslosigkeit unter den jungen Menschen unter 25 Jahren, welche die Gesamtarbeitslosenquote in nicht wenigen Ländern um das Doppelte, teilweise, wie in Italien, sogar um das Dreifache übersteigt. Besonders stark betroffen von Jugendarbeitslosigkeit sind neben Italien unter anderem Griechenland, Spanien, Kroatien, Portugal und die Slowakei. Die hohe EU-Durchschnittsquote von 22,6 % (2011–2013) zeigt aber, dass Jugendarbeitslosigkeit in fast der ganzen EU ein großes Problem darstellt, auch in wirtschaftsstarken Ländern wie England oder Schweden; nur sehr wenige Staaten wie Deutschland, die Niederlanden und Österreich weisen deutlich unterdurchschnittliche Werte auf.