Faltenjura - Längstäler und Klusen

Schweiz - Landschaftsformen
978-3-14-100919-4 | Seite 22 | Abb. 1| Massstab 1 : 50000

Überblick

Die geologische Karte zeigt einen Ausschnitt des Faltenjuras in der Region Moutier im Grenzgebiet der Kantone Bern, Solothurn und Jura. Der Faltenjura bildet flächenmässig den grössten Teil des Juras. Er prägt mit seinen oft steilen Flanken und den zahlreichen Klusen das Landschaftsbild dieses Gebirges.

Der Jura – ein Faltengebirge

Nur bei wenigen Faltengebirgen können die tektonischen Formen so klar beobachtet werden wie im Jura. Dies ist vor allem dem geringen Alter der Faltung und der verhältnismässig schwachen Schubkraft der Kontinentalplatten zu verdanken. Der Jura entstand erst am Ende der Alpenfaltung vor rund fünf Mio. Jahren, während die Alpenfaltung ihrerseits bereits etwa 60 Mio. Jahre zuvor eigesetzt hatte. Somit konnte die Erosionskraft noch nicht allzu lange wirken, und die Topografie stimmt im Jura heute noch weitgehend mit der Tektonik überein. Während in den Alpen die mesozoischen Schichten zum Teil stark zusammengestaucht und als Decken überschoben wurden, falteten sie sich im Jura nur schwach und sind heute an vielen Stellen noch klar als Wellen erkennbar. Es sind dies die für den Faltenjura typischen Gewölberücken (Antiklinalen). Im Kartenausschnitt fallen die Antiklinalen des Graiterys, der Montagne de Moutier und des Mont Raimeux auf. Zwischen den ­Gewölberücken liegen die Längstäler (Synklinalen), beispielsweise die durch tertiäre Ablagerungen geprägten Täler Grandval und Vallée de Tavannes nördlich bzw. südlich des Graiterys.

Klusen durchbrechen die Gebirgsfalten

Das auffälligste Kartenelement im Ausschnitt sind sicher die Klusen (von lat. clausum = eingeschlossen). Es handelt sich dabei um eng eingeschnittene Quertäler, in denen Flüsse (hier die Birs) die Antiklinalen durchbrechen. Zur Entstehung der Klusen gibt es mehrere Theorien. Am häufigsten wird ihre Entstehung mit der Antezedenz der Flüsse erklärt. Demnach behielten die Flüsse ihren Lauf bei, während sich die Faltung des Gebirges vollzog. Somit konnten sich die Gewässer allmählich in die entstehende Antiklinale einfressen. Eine weitere Möglichkeit zur Bildung von Klusen besteht in der zurückschreitenden Erosion. Dabei können auf beiden Seiten einer Antiklinale Bäche den Fels erodieren, bis sie sich schliesslich treffen und somit die Falte durchbrochen haben. Eine Vorstufe dieser Klusen wären die sogenannten Halbklusen oder Combes, wie sie beispielsweise auf dem Höhenrücken östlich der Klus von Court im Kartenbild zu sehen sind.
Ein anschauliches Beispiel für die Schichtabfolge bildet die Antiklinale des Graitery. Hier bietet sich in der Klus von Court ein Einblick in den Bau der Falte, wobei die ältesten sichtbaren Sedimente (Dogger) im zentralen Teil und die jüngsten (Malm I) an der obersten Kante der Klus zu finden sind. Der Wechsel zwischen schroffen Felskanten und den etwas sanfteren, mit Vegetation bedeckten Hängen hat seinen Ursprung in der unterschiedlichen Beschaffenheit der Sedimente. Die härteren Gesteinsschichten können sich der Erosion besser widersetzen als die weicheren. Sie bilden daher das Gerüst der Falte, während die weicheren Gesteine eine Art Füllmaterial zwischen diesen Schichten bilden.

Landnutzung im Faltenjura

Auffällig ist die geringe Zahl an Fliessgewässern im Kartenausschnitt. Obwohl der Jura ein niederschlagsreiches Gebiet ist (Karte s. 24.1), zeigt sich das Gewässernetz viel weitmaschiger als in anderen Regionen der Schweiz. Dies ist auf die Geologie zurückzuführen, stellt der Jura mit seinen Kalkschichten doch ein typisches Karstgebiet dar, in welchem Teile des Niederschlages unterirdisch abfliessen und oft erst weit entfernt vom Versickerungsgebiet wieder an die Oberfläche gelangen.
Das Relief bestimmt im Faltenjura die Landnutzung. Die steilen und meist bewaldeten Hänge werden oft forstwirtschaftlich genutzt, während die gerodeten und etwas flacheren Höhenzüge hauptsächlich Weideland sind. Die Talböden dagegen eignen sich als Siedlungsgebiet sowie zur Nutzung als Wiese und Ackerland.
Die Verkehrswege im Kartenausschnitt folgen weitgehend den Flussläufen. Sie liegen in den Längstälern und queren die Jurafalten in den Klusen. Der Jura als Transitraum hatte bereits zur Zeit der Römer eine grosse Bedeutung. Allerdings waren bis in die Frühe Neuzeit hinein die Passübergänge wichtiger als die Klusen, die nur schwer begehbar waren. Die jüngste Verkehrsachse ist die Autobahn A16, die Biel mit Delsberg (Delémont) verbindet. Auch sie folgt der bereits bestehenden Hauptstrasse, jedoch quert sie die Jurafalten nördlich und südlich von Moutier nicht in den Klusen, sondern in Tunnels.

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