Überblick
Die Great Plains erstrecken sich als bis zu 500 Kilometer breites Vorland im Osten der Rocky Mountains zwischen ca. 60° Nord und 30° Süd. Sie sind etwa 5,5-mal so groß wie Deutschland und einer der zentralen Agrarräume der USA. Westlich des 100. Längengrades fallen die durchschnittlichen Jahresniederschlagssummen auf unter 500 Millimeter – je näher man dem Hochgebirge kommt, desto stärker (s. 141.4). Östlich des 100. Längengrades, Richtung Mississippi-Tal, nehmen die Niederschläge allmählich zu und liegen im Jahresmitteldurchschnitt über 500 Millimeter. Anbauschwerpunkte sind v. a. Mais, Soja, Weizen und Hirse (Sorghum) sowie die Rinderzucht. Bei der Produktion von Mais, Sojabohnen und Rindfleisch nehmen die USA weltweit eine Spitzenposition ein.
In der Karte sind die räumlichen Strukturen der Landnutzung in den Great Plains in Verbindung mit der natürlichen Vegetation dargestellt. Deren Verbreitung wird durch die von Ost nach West abnehmende Niederschlagsmenge bestimmt. Deutlich erkennbar ist deshalb auch eine von Ost nach West verlaufende zonale Abfolge im Pflanzenbau.
Klima und Landnutzung
Im Mittleren Westen der USA dominieren Mais und Sojabohnen – v. a. in den Bundesstaaten Indiana, Illinois, Iowa, dem südöstlichen Wisconsin, dem südwestlichen Minnesota, dem nördlichen Missouri sowie im östlichen Kansas, Nebraska, North und South Dakota – für deren Anbau relativ viel Wasser benötigt wird. Weiter westlich schließen sich im Norden und im Süden Regionen an, die durch den Anbau von Sommerweizen und Hirse geprägt werden. In den nördlichen Great Plains wird aufgrund der harten Winter vor allem Sommerweizen angebaut (westliches North und South Dakota, östliches Montana), im südlichen Bereich (Texas) ist die genügsame Hirse von großer Bedeutung.
Im zentralen, westlichen Bereich der Great Plains schließt sich ein Gürtel an, in dem die Rinderzucht dominiert (Bundesstaaten Nebraska, Kansas, Colorado, westliches Oklahoma, nördliches Texas). Dabei sind im Vergleich zum traditionellen „Corn Belt“ des Mittleren Westens deutlich räumliche und strukturelle Unterschiede erkennbar. Während dort eine Vielzahl kleiner Mastbetriebe existieren, die zumeist auf der Basis eigener Futterproduktion wirtschaften (insbesondere dem Anbau von Mais oder Sojabohnen), haben sich im Westen auf der Basis des Futtermittelanbaus (Hirse/Sorghum sowie bewässerter Futtermais) vor allem große Mastbetriebe, sogenannte Feedlots, etabliert. Auf freier, bis zu 250 Hektar großer Fläche werden hier bis zu 100 000 Rinder gemästet.
Die Möglichkeit, auch westlich des 100. Längengrades noch Futtermais im Bewässerungsfeldbau anzupflanzen, beruht in erster Linie auf der Verfügbarkeit von Grundwasser im Ogallala Aquifer. Dieser erstreckt sich über eine Fläche von rund 450 000 km² (1,3-mal so groß wie Deutschland) unter rund einem Viertel der Great Plains.
Konzentrationsprozesse
Das Aufkommen der großen Feedlots ging Hand in Hand mit der West- und Südwestverlagerung und Konzentration der großen Schlachtereien und Viehmärkte. Diese Entwicklung ist maßgeblich auf den „Wholesome Meat Act“ zurückzuführen, der 1967 in Kraft trat und Standards für alle Schlachtereien festlegte, unter anderem hinsichtlich der Hygiene, der Inspektion der Schlachtstraßen und der umweltgerechten Verwertung der Schlachtabfälle. Die ersten kleineren Feedlots mit etwa 2 000 Tieren entstanden in den 1950er-Jahren, größere Feedlots mit über 10 000 Tieren wurden ab Ende der 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre gegründet. Der regionale Konzentrationsprozess vollzog sich im Wesentlichen zwischen 1960 und 1980. Parallel dazu erfolgte eine Ausweitung des Mais- und Hirseanbaus zu Futterzwecken in den südlichen Bundesstaaten im Gebiet der Great Plains. Die Great Plains bilden heute den räumlichen Schwerpunkt der Rindermast. Allein aus den Bundesstaaten Texas, Nebraska, Kansas, Iowa und Colorado kommen etwa zwei Drittel aller Mastrinder der USA, eine ähnliche Konzentration zeigen die Schlachtbetriebe.
Umweltprobleme
Durch intensiven Ackerbau und Viehhaltung kommt es zu hohen Stickstoffeinträgen in die Böden und somit auch in die Flüsse und Ströme, die den Mittleren Westen und die Great Plains zum Mississippi hin entwässern. Dies hat weitreichende Konsequenzen sowohl für die Gewinnung von Trinkwasser aus Uferfiltrat, als auch für die Ökologie der Fließgewässer.
Im Bereich des Ogallala-Aquifers liegt das Augenmerk hingegen weniger auf der Stickstoffbelastung (die durch die Wasserfilterung in verschiedenen Boden- und Gesteinsschichten weitgehend reduziert wird), sondern auf der Sicherung einer nachhaltigen Nutzung des Grundwassers. In den 1980- und 1990er-Jahren führte jedoch die Inanspruchnahme für die Landwirtschaft teilweise zu einem Absinken des Grundwasserspiegels um 1,50 Meter pro Jahr. Da sich das Grundwasser nur sehr langsam durch geringe Mengen versickerten Regenwassers erneuert und es keine unterirdischen Zuflüsse gibt, bedeuten solche Werte langfristig das Austrocknen des Speichers – in einem Gebiet, in dem gut ein Viertel aller Flächen mit Bewässerungslandwirtschaft in den USA liegen. Schon früh wurde daher versucht, den Wasserverbrauch zu senken. Dennoch ist die Wasserentnahme noch immer sehr hoch und als kritisch zu bewerten.
Besonders westlich des 100. Längengrades hat die ackerbauliche Nutzung aufgrund der starken Fallwinde aus den Rocks Mountains (Chinook, s. 141.1) wiederholt zu schwerer Winderosion geführt. Wegen des dadurch hervorgerufenen Staubgehalts der Luft wird das Vorland der Rocky Mountains zwischen Texas und Wyoming auch als „Dust Bowl“ bezeichnet.