Jura - Swiss Energypark

Schweiz - Energie und Klimaneutralität
978-3-14-100919-4 | Seite 35 | Abb. 4| Massstab 1 : 200000

Überblick

Der Swiss Energypark im Jura ist eine bedeutende Pilotregion für die Energiewende und ein Vorbild in Sachen Energieautarkie und Nachhaltigkeit. Mit einem elektrischen Autarkiegrad von etwa 80 – 85 % nutzt der Swiss Energypark nahezu ausschliesslich erneuerbare Energien und zeigt, wie Regionen ihre Energieversorgung vollständig dekarbonisieren können. Die Region ist in der Lage, ihren Energiebedarf hauptsächlich durch Wind-, Solar- und Wasserkraft zu decken und dient somit als Freiluftlabor für innovative Lösungen, die die Energiewende vorantreiben.

Energieautarkie und erneuerbare Energien

Der Swiss Energypark deckt fast seinen gesamten Strombedarf durch dezentrale, erneuerbare Energiequellen. Zu den Hauptquellen gehören der Windpark Mont-Crosin, der grösste Windpark der Schweiz (Jahresmittelleistung 8 MW), die Solaranlage auf dem Mont-Soleil (Jahresmaximalleistung gut 0,5 MW) und das Wasserkraftwerk La Goule (Jahresmaximalleistung bis 5 MW) sowie viele kleine Photovoltaikanlagen auf den Dächern von Wohn-, Landwirtschafts- oder Gewerbegebäuden (zusammen 16 MW). Diese Anlagen speisen ihre Energie (abzüglich Eigenverbrauch) direkt in das regionale Stromnetz ein. Aber nicht nur der Energiemix ist dezentral organisiert, sondern auch die Stromverteilung durch Micro Grids. Diese Niederspannungsnetze können in Krisenzeiten autark betrieben werden und tragen ebenso wie die flächendeckend in den gut 7 700 Haushalten angebrachten digitalen Stromzähler (Smart Meters) dazu bei, das Stromlast-Management zur Abstimmung von regenerativer Stromerzeugung und Stromverbrauch optimal auszusteuern, um die Region unabhängig von überregionalen Netzschwankungen zu machen.
Die Nutzung dieser unterschiedlichen Energiequellen ermöglichte es dem Swiss Energypark im Jahr 2023 84 % seines Strombedarfs durch erneuerbare Energien zu decken (2022: 77 %), was einer Rekordproduktion von 139 GWh entspricht (2022: 124 GWh). Überschüssiger Strom wird in das nationale Netz eingespeist, während in Zeiten von Spitzenbedarf auf das Netz zurückgegriffen wird. Dieses flexible Energiemanagement trägt zur Stabilität der Energieversorgung bei und stellt sicher, dass Schwankungen in der Produktion ausgeglichen werden können.

Landschaftsstruktur und Siedlungen

Der Swiss Energypark erstreckt sich über eine Fläche von 282 km2 und hat im Süden noch Anteil am Kettenjura (Sankt Immer-Tal, 650 bis 1 000 m ü. M. zwischen der Chasseral-Kette, bis 1600 m ü. M., im Süden und den Sonnenbergen/Montagne du Droit im Norden, bis 1300 m ü. M.). In der Mitte und im Norden liegt hingegen die leicht gewellten Höhenlandschaft des Plateaujuras, die Freiberge (um 1 000 m ü. M.). Sowohl die Höhenlagen als auch die Landschaftsformen eignen sich hervorragend für Wind- und Solarkraft und sind mit rund 21 000 Personen auch nur dünn besiedelt, was die Integration grosser erneuerbarer Energieanlagen wie Windparks erleichtert, ohne den Natur- und Landschaftsschutz zu beeinträchtigen. Die Bevölkerung lebt hauptsächlich in kleinen Gemeinden, die oft landwirtschaftlich geprägt sind. Diese ruhige, naturnahe Umgebung bietet nicht nur ideale Bedingungen für die Erzeugung erneuerbarer Energien, sondern auch für den sanften Tourismus, der zunehmend eine Rolle in der regionalen Wirtschaft spielt.

Wirtschafts- und Beschäftigungsstruktur

Die Region profitiert von einer diversifizierten Wirtschaft, die sich auf erneuerbare Energien, Landwirtschaft und Dienstleistungen stützt. Besonders die erneuerbaren Energien bieten hier zahlreiche Arbeitsplätze in den Bereichen Forschung, Bau und Betrieb von Energieanlagen. Der Swiss Energypark bietet zudem eine Plattform für Forschungsprojekte, die auf die Verbesserung der Flexibilität und Effizienz von Energiesystemen abzielen. Diese Projekte, oft in Zusammenarbeit mit der Ingenieursschule Sankt Immer (Saint-Imier) als Teil der Fachhochschule Westschweiz sowie mit Start-ups, fördern die Entwicklung innovativer Technologien im Bereich der Energiewende.
Neben der Energiewirtschaft spielen auch traditionelle Sektoren wie Landwirtschaft, die Uhrenindustrie und kleine Handwerksbetriebe eine Rolle in der Region. Die Kombination aus traditioneller und moderner Wirtschaft schafft eine stabile Basis für die Region, die zudem vom wachsenden Tourismus profitiert, der sich auf die naturnahe Umgebung und das Interesse an nachhaltigen Projekten wie dem Swiss Energypark stützt.

Verkehrsanbindung

Trotz der eher abgelegenen Lage im Berner Jura ist die Region gut an das Verkehrsnetz angebunden. Die Hauptverkehrsachsen führen einerseits durch das Schüsstal (SBB, Nationalstrasse 30) und andererseits über das Hochplateau der Freiberge (Nationalstrasse 18 und die meterspurigen Jurabahnen) durch die Region, was sowohl den Transport von Waren als auch die Anbindung an städtische Zentren erleichtert (La Chaux-de-Fonds, Delsberger Becken und Biel/Bienne). Öffentliche Verkehrsmittel wie Züge und Busse sorgen dafür, dass die Region nicht isoliert ist. Diese gute Verkehrsanbindung ist nicht nur für die lokale Bevölkerung wichtig, sondern auch für die Unternehmen und Forschungsprojekte, die in der Region angesiedelt sind.

Vorbild für die Schweiz

Der Swiss Energypark zeigt eindrucksvoll, wie eine Region durch den konsequenten Einsatz erneuerbarer Energien energieautark und nachhaltig wirtschaften kann. Das Konzept der Micro Grids, das flexible Lösungen für den Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch bietet, könnte auch in anderen Regionen der Schweiz angewendet werden, um eine CO₂-neutrale Zukunft zu sichern. Der Swiss Energypark dient als Modellregion für die Energiestrategie 2050, die darauf abzielt, die Schweiz vollständig auf erneuerbare Energien umzustellen. Die gewonnenen Erkenntnisse aus diesem Projekt können dabei helfen, den landesweiten Übergang zu einer dezentralen, nachhaltigen Energieversorgung zu beschleunigen.
Zusammengefasst stellt der Swiss Energypark ein lebendiges Beispiel dafür dar, wie eine Region durch innovative Ansätze und den Einsatz moderner Technologien energieautark und nachhaltig wirtschaften kann. Als Vorbildprojekt zeigt er, dass eine CO₂-neutrale Zukunft in der Schweiz machbar ist und dass der Einsatz erneuerbarer Energien nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich vorteilhaft ist.

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