Klimavariabilität in der Schweiz

Schweiz - Klimawandel
978-3-14-100919-4 | Seite 27 | Abb. 7

Überblick

Unter Klima versteht man den langjährigen „mittleren“ Zustand der Atmosphäre an einem gegebenen Ort. Es lässt sich z. B. über Jahres- oder Monatsmitteltemperaturen und ebenfalls für Jahre oder Monate gemittelte Niederschlagssummen beschreiben.
Üblicherweise werden 30-jährige Durchschnittswerte, sogenannte Klimanormalperioden, berechnet. Dies geschieht, da die tatsächlichen Temperatur- und Niederschlagsbedingungen erheblichen Schwankungen sowohl von Jahr zu Jahr als auch innerhalb eines Jahres unterliegen.
Diese Abweichungen vom Mittel in die eine oder andere Richtung werden als Klimavariabilität bezeichnet. Globale atmosphärische Zirkulationsmuster, die die Verteilung dynamischer Druckgebilde und Luftströmungen steuern, sind hierfür verantwortlich.

Klimavariabilität

Die Grafik zeigt die Abweichungen der Jahresmitteltemperaturen in der Schweiz vom Mittel der Klimanormalperiode 1961 bis 1990 seit Messbeginn 1864. Man erkennt deutlich, dass Temperaturunterschiede von 1,0 C und mehr zwischen zwei aufeinander folgenden Jahren keine Seltenheit sind. Dies kommt dem Betrag nahe, um den sich die Temperatur in der Schweiz seit Beginn der Industrialisierung im Zuge des Klimawandels erwärmt hat. Was aus langfristiger Perspektive also als durchaus besorgniserregend zu betrachten ist – nicht umsonst wurde im Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 als Ziel formuliert, die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Wert zu begrenzen – findet im Rahmen der natürlichen Klimavariabilität regelmässig statt und ist völlig normal. Organsimen und Ökosysteme sind an solche Schwankungen angepasst.

Klimawandel

Die Grafik zeigt neben den starken jährlichen Schwankungen der Jahrestemperaturen, die natürlichen Ursprungs sind, auch einen langfristigen Erwärmungstrend, der durch natürliche und anthropogene Einflüsse entsteht. Dieser Trend ist überlagert und z. T. maskiert von der natürlichen Klimavariabilität, aber die Häufung und Intensität der negativen Abweichung vom Mittel am linken Ende des Diagramms (1864–1920) und die der positiven Abweichung am rechten Ende des Diagramms (seit den 1980ern bis 2022) sind offensichtlich. Der Zeitraum der 1940er- bis 1970er-Jahre ist gekennzeichnet von mehrjährigen Phasen starker negativer Temperaturabweichungen, die trotz steigender Treibhausgaskonzentrationen den langfristigen Erwärmungstrend bremsten oder sogar kurzfristig umkehrten. Solche Phasen sind auf wiederkehrende Klimaphänomene wie El Niño, La Niña, die Pazifische Dekadische Oszillation oder die Atlantische Multidekadische Oszillation zurückzuführen. Diese Phänomene beeinflussen das Klima weltweit mit ihren Fernwirkungen.

Der Mensch als Klimafaktor

Ein einzelner Hitzesommer wie z. B. 2003 oder 2018 in der Schweiz, die auch die Jahresmittel in die Höhe treiben, können noch nicht als Beleg für die Existenz des Klimawandels dienen. Solche Jahre liegen voll und ganz im Bereich der natürlichen Klimavariabilität. Als Beleg für den Klimawandel kann allerdings die Häufung hoher Jahresmitteltemperaturen gewertet werden, die sich in den letzten drei Jahrzehnten abzeichnet:
In den Jahren 2014–2023 betrug die Temperatursteigerung 2,7° C. Seit den 1960er Jahren war jedes folgende Jahrzehnt wärmer als das vorige. Nach 2010 wurden die acht wärmsten Jahre verzeichnet, besonders 2022 und 2023, Mit einer Abweichung von bis 3,5 °C zum vorindustriellen Durchschnitt überboten die Jahre 2022 und 2023 alle bisherigen Jahresrekorde. Die vier kältesten Jahre in der Schweiz traten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1864 alle vor dem Jahr 1900 auf.
Waren in der erdgeschichtlichen Vergangenheit natürliche Antriebskräfte wie Veränderungen von Erdbahnparametern, plattentektonische Prozesse, Vulkanausbrüche oder Sonnenaktivität für Klimaschwankungen verantwortlich, spielt seit der Industrialisierung der Mensch durch die zunehmende Freisetzung von CO<sub>2</sub> und weiterer Treibhausgase eine immer stärkere Rolle im Klimasystem.

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