Nördliches Afrika - Wüstenarten und Wüstenausbreitung (Desertifikation)
Überblick
Als Desertifikation wird ein Prozess der fortschreitenden Degradation der Produktionsfähigkeit von symbiotischen Natur-Mensch-Systemen bezeichnet, die vor allem durch einen hohen Grad der Anpassung an aride und semiaride Bedingungen gekennzeichnet sind. Sie führt im Endzustand zur Entstehung von "Man-Made-Deserts". Hauptursachen der Desertifikation sind die Bodenausblasung in Gebieten mit lockeren Böden, die Bodenabschwemmung und -skelettierung in Gebirgsregionen und schließlich die Bodenversalzung in Gebieten mit übermäßiger Bewässerung und mangelhafter Entwässerung bzw. mit nicht angepassten Bewässerungsmethoden.
Die Atlaskarte zeigt, dass inzwischen große Teile Afrikas und Westasiens mäßig bis sehr stark von Desertifikation betroffen sind. Dazu zählen zum einen praktisch alle Wüstenrandgebiete wie Halbwüsten, Steppen und Dornstrauchsavannen, in denen die Zerstörung von Boden und Pflanzenwelt nicht mehr durch die natürliche Regeneration ausgeglichen werden kann. Zum anderen handelt es sich um naturräumlich günstigere Gebiete wie beispielsweise die Trockensavannen der südlichen Sahelzone, die von Menschen intensiver genutzt werden als die Regionen nördlich davon. Solche Gebiete werden heute durch übermäßige Überweidung, die Ausdehnung der Ackerflächen und Abholzung stark beeinträchtigt. Da die Chancen für eine erfolgreiche Bekämpfung der Desertifikation in Entwicklungsländern aufgrund des dortigen Kapitalmangels allenfalls gering bis mäßig sind, müssen viele Prozesse als faktisch irreversibel betrachtet werden.
Die Desertifikation ist ein komplexes, entscheidend von Menschen verursachtes Phänomen, das durch natürliche Einflüsse wie Niederschlagsvariabilität und Dürren beschleunigt werden kann. Einen verstärkenden Einfluss kann auch die Anfälligkeit bestimmter Bodenarten gegenüber den Prozessen von Ausblasung, fluvialer Erosion, Bodenskelettierung, Versalzung und Alkalisierung haben.
Verantwortlich für die menschlichen Eingriffe in das Natur-Mensch-System können sowohl die ansässige Bevölkerung als auch Außenstehende sein, seien es politische Entscheider im Staatsapparat, in- und ausländische Investoren oder, wie in historischer Zeit, Kolonialverwaltungen und -herren. Die dauerhafte Übernutzung der begrenzten Ressourcen kann, etwa in der Sahelzone, eine Folge des Zusammenspiels von Bevölkerungsdruck, unangepasster Landwirtschaft und ausbleibenden Regenfällen sein. Untersuchungen zur Desertifikation zeigen auch, dass die gegenwärtige Landnutzung arider und semiarider Gebiete einen Bruch darstellt zu der angepassten Landnutzung menschlicher Gesellschaften in den Jahrhunderten zuvor.
Einmal begonnen, entwickelt der Desertifikationsprozess oft eine eigene, sich selbst verstärkende Dynamik. Die zuerst auftretenden Folgen sind ökologisch-physikalischer Natur und äußern sich in verschiedenen Formen der Bodenschädigung und der biologischen Degradation. Daraus kann sich letztlich eine Reihe gravierender sozialer, ökonomischer und politischer Konsequenzen ergeben, von verheerenden Hungerkatastrophen bis zu politischen Unruhen.
Es gibt Maßnahmen zur Bekämpfung der Desertifikation, allerdings sind sie nicht immer leicht umzusetzen und überall wirksam. Beispielsweise werden landwirtschaftlich-technische Methoden genutzt, um die fortschreitende Verwüstung durch entsprechende Anbauweisen zumindest einzudämmen. Eine nachhaltige Lösung des Problems müsste in die Richtung gehen, den betroffenen Menschen in den Entwicklungsländern sinnvolle Anreize zu schaffen, ihren Lebensunterhalt außerhalb der Landwirtschaft zu erzielen und zugleich bei den Anbaumethoden solche Verfahren anzuwenden, die sich in größtmöglicher Übereinstimmung mit den klimatischen, pedologischen und humanökologischen Bedingungen befinden. Langfristig gesehen wären solche Maßnahmen auch ökonomisch sinnvoller als eine auf rasche Gewinnmaximierung zielende Intensivlandwirtschaft. Es empfiehlt sich deshalb, lokale Systeme zu studieren und sie den aktuellen Gegebenheiten schonend anzupassen.