Nordasien - Wirtschaft

Nordasien - Wirtschaft
978-3-14-100900-2 | Seite 180 | Abb. 1| Maßstab 1 : 16000000

Überblick

Die Karte vermittelt einen Überblick zu den Raumstrukturen von Siedlung und Wirtschaft Nordasiens, das heißt im Wesentlichen Sibiriens und des Nordteils von Kasachstan (Kasachische Schwelle). Kältegebiete im Norden und Trockengebiete im Süden grenzen Lebens- und Wirtschaftsraum ein.

Industrialisierung

Die Lebens- und Wirtschaftsgebiete Russlands lagen bis zum 19. Jahrhundert vor allem in den klimatischen Gunsträumen des europäischen Landesteils. Zu ersten industriellen Schwerpunkten entwickelten sich Moskau (Leichtindustrie) und St. Petersburg (staatlich subventionierte Maschinen- und Werftindustrie). Durch ausländisches Kapital wurde die Erschließung der Steinkohle- und Eisenerzvorkommen im Donezbecken und des Eisenerzes von Kriwyi Rih (heute Ukraine) finanziert. Baku (heute Aserbaidschan) war zu dieser Zeit das weltgrößte Erdölfördergebiet. Die Grundstrukturen des Eisenbahnnetzes bestanden schon, insbesondere im europäischen Landesteil. Erst mit dem Bau der Transibirischen Eisenbahn (ab 1894) siedelten sich zahlreiche Bauern in den Gunstgebieten südlich der Taiga an. Wo die Bahn die großen Ströme querte, entwickelten sich rasch wachsende Handels- und Verwaltungsstädte. Die Baikal-Amur-Magistrale (BAM, ab 1989 in Betrieb) durch Ostsibirien zum Pazifik dient vor allem der Erschließung weiterer Rohstoffquellen.
Diese Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur wurde unter sozialistischen Vorzeichen während der Industrialisierung in der Sowjetunion (ab 1929/30) vervollständigt. Durch Ausbildung, politische und materielle Anreize, auch durch Zwangsarbeit und durch Reduzierung des Konsums, konnten die dafür benötigten Investitionsmittel aufgebracht werden. Eine stark zentralisierte staatliche Planung dirigierte die knappen Mittel an drei Typen von Standorten.
Traditionelle Standorte wie Moskau, wo die Produktionsmittel hergestellt wurden, die anderswo zur Industrieentwicklung notwendig waren, wurden ausgebaut.
Vorhandene Standorte an Bodenschätzen wurden mit dem Ziel weiterentwickelt, ressourcenorientierte Grundstoffindustrien aufzubauen, z. B. im Uralgebiet. An den Standorten der Eisenmetallurgie entstanden außerdem Produktionsgüterindustrien (Industrieausrüstung, Landmaschinen für die kollektivierte Landwirtschaft).
Abseits der traditionellen Standorte wurden unter schwierigen Klimabedingungen Bodenschätze erschlossen, häufig unter Einsatz von Zwangsarbeitern.

Struktur

Im Zweiten Weltkrieg wurde zum einen ein großer Teil des Industriepotenzials zerstört, zum anderen wurden bedeutende Anlagen evakuiert und anderswo neu angesiedelt (mittlere Wolga, mittlerer Ural, Kasachstan), wo sie nach Kriegsende blieben. Der Wiederaufbau verdichtete das industrielle Netz der westlichen Landesteile. In Sibirien wurden Territoriale Produktionskomplexe (TPK) auf der Basis regionaler Ressourcen entwickelt (z. B. Bratsk). Häufig blieb es dort bei der bloßen Rohstoffförderung oder einer auf den betreffenden Rohstoff zugeschnittenen industriellen Monostruktur bei der Weiterverarbeitung – Beispiele für die 400 „Monostädte sind Norilsk (Nickel, Buntmetalle), Magnitogorsk (Stahl) oder Nowokusnezk (Maschinen- und Anlagenbau).
Heute sind Russland und Kasachstan wichtige Rohstoffproduzenten. In Russland stehen die Energieträger Erdöl, Erdgas und Steinkohle an erster Stelle. Erdöl und Erdgas aus Westsibirien gelangen für den Export über Pipelines sowohl nach Westen als auch nach Osten. Richtung Westen verlaufen Leitungen mit Erdgas aus dem hohen Norden, besonders von Förderstätten auf der Halbinsel Jamal. Durch westliche Sanktionen infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wurden Abnehmer in Asien (China, Indien) wichtig. Allerdings sind die Pipelinekapazitäten für Erdöl und Erdgas deutlich geringer als diejenigen nach Europa. Auf dem Rohstoff Steinkohle basiert die Industrie des Kusnezbeckens (Kraftwerke, Verhüttung, Kohlechemie). Die Kohleförderung, vorwiegend im Tagebau, und die Kohleverarbeitung hinterlassen große Umweltschäden und führen zu einer starken Luftverschmutzung.
Kohle (Ekibastus) und Metallerze, vor allem auch Uran, sowie Erdöl und Erdgas am und im Kaspischen Meer, bilden das Rohstoffkapital Kasachstans. Daneben queren wichtige Pipelines den größten zentralasiatischen Staat in West-Ost-Richtung. Die Einnahmen aus dem Export der Bodenschätze machten aus der Sowjetgründung Zelinograd als Mittelpunkt einer neuen Agrarregion die Glitzermetropole Astana („Dubai in der Steppe“), 2017 Ausrichtungsort der Expo. Als Transitland der „Neuen Seidenstraße“ (Güterverkehr per Bahn aus Xinjiang; vgl. 140.2) gewinnt Kasachstan außerdem für die Volksrepublik China an Bedeutung. Ein „strahlendes Erbe“ hinterließen in Kasachstan die ober- und dann unterirdischen sowjetischen Kernwaffentests (bis 1991), etwa 200 km südlich von Pawlodar und noch näher an Semipalatinsk (heute Semej) durchgeführt.
Auch der Mongolei kommt im Zusammenhang mit den „Neuen Seidenstraßen“ neue Bedeutung als Transitland zu. Dieses bevölkerungsarme Land verfügt aber auch selbst über viele Bodenschätze, die von weltwirtschaftlichem Interesse sind.

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Diercke

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