Überblick
Der Panamakanal ist ein rund 82 Kilometer langer, weitgehend künstlicher Fahrweg für die Hochseeschifffahrt in Mittelamerika; dies entspricht etwa der Entfernung Mannheim – Frankfurt/Main (Luftlinie). Seine besondere Stellung im Weltverkehrssystem ist am ehesten mit dem Suezkanal vergleichbar. Der Panamakanal verbindet an einer besonders schmalen Stelle der mittelamerikanischen Landbrücke das Karibische Meer, ein Nebenmeer des Atlantiks, mit dem Pazifik.Räumliche Gliederung und Funktionsweise
Der Kanal lässt sich in sechs Abschnitte gliedern. Vom Karibischen Meer her führt zunächst eine ausgebaggerte Schifffahrtsrinne von der Einfahrt zu den Schleusentreppen bei Gatun. Dort führt die Route entweder über die seit der Eröffnung des Kanals 1914 bestehenden Gatun-Schleusen (für Containerschiffe bis 5 000 TEU, sogenannte Panamax-Schiffe) oder über die seit 2016 bestehenden neuen Atlantikschleusen (Agua-Clara-Schleusen, für Containerschiffe bis 14 000 TEU, sogenannte Neopanamax-Schiffe). An den Schleusen werden 26 Meter Höhenunterschied zum künstlich angestauten Gatunsee überwunden. Die dort verlaufende Fahrrinne ist mit gut 30 Kilometern der längste Teilabschnitt des Panamakanals. Ab Gamboa schließt sich der in das umgebende Hügelland hineingesprengte, 13 Kilometer lange Galliard-Durchstich an. Er wurde mehrfach verbreitert und vertieft. Ab dem Ende des Kanaleinschnitts führt die Route entweder über die seit der Eröffnung des Kanals 1914 bestehenden Pedro-Miguel- und die Miraflores-Schleusen oder seit der Erweiterung des Kanals über die neuen Pazifikschleusen (Cocoli-Schleusen). Von den Schleusen führt eine Fahrrinne durch eine schmale Meeresbucht. Bei der Insel Naos ist der offene Pazifik erreicht. Eine Schiffspassage dauert rund 24 Stunden.
Der Gatunsee ist für die Funktion des Kanals von außerordentlicher Bedeutung. Er muss einen möglichst gleichmäßigen Wasserspiegel aufweisen, obwohl mit den Schleusungen Wasserverluste in Richtung der Ozeane verbunden sind. Dies wird durch den Hauptzufluss, den Rio Chagres, erreicht. Oberhalb von Gamboa liegt eine Talsperre, an der der Zufluss in den Gatunsee gesteuert werden kann. Nahe der Gatun-Schleusen liegt der Austritt des Rio Chagres aus dem Gatunsee. Da er ebenfalls mit einem Damm versehen ist, kann auch dort der Wasserstand des Sees reguliert werden. Dennoch gab es im 21. Jahrhundert bereits Trockenjahre, in denen die Anzahl der Schleusungen reduziert werden musste, um den Wasserverlust in Grenzen zu halten.
Historische Entwicklung
Das Panamakanal-Projekt wird seit Mitte des 19. Jahrhunderts verfolgt. Ein erster Bauversuch startete 1879, doch ging der Betreiber unter skandalösen Umständen 1889 Bankrott. Zahlreiche Bauarbeiter starben. 1901 sicherten sich die USA den Zugang zum Gebiet des heutigen Panamakanals. Auf ihr Betreiben hin wurde die Provinz Panama aus Kolumbien herausgelöst und als Staat 1903 unabhängig. Die USA sicherten sich den Einfluss auf die Regierung des jungen Staats und insbesondere die Macht über die sogenannte Panamakanalzone, die unmittelbare Umgebung des Kanals.
Die Vereinigten Staaten nahmen Planungen und Bau wieder auf, sodass der Panamakanal 1914 eröffnet wurde. Bis 1979 behielten die USA die alleinige Macht über die Panamakanalzone, teilten sie dann aber für 20 Jahre mit Panama. 1999 zogen sich die USA vollständig zurück, die Panamakanalzone wurde zur Gänze in den panamaischen Staat integriert. Die zunehmende Größe von Containerschiffen machte eine Erweiterung des Kanals nötig, die Eröffnung erfolgte 2016 nach neunjähriger Bauzeit. Neben Panamax-Schiffen mit einem Volumen von bis zu 5 000 TEU können heute auch Neopanamax-Schiffe mit bis zu 14 000 TEU den Kanal nutzen.
Wirtschaftliche Bedeutung für Panama
Die Wirtschaft Panamas ist weitgehend auf den Kanal hin ausgerichtet. Hohe Einnahmen resultieren aus den fälligen Gebühren – für die Passage eines voll beladenen Neopanamax-Containerschiffs werden gegenwärtig mehr als eine Million US-Dollar fällig. 2021 passierten fast 13 350 Schiffe den Kanal, über die Hälfte der gesamten Schiffsladungen entfiel auf Neopanamax-Schiffe.
Ein Großteil der Einnahmen aus dem Kanal fließt direkt in den Staatshaushalt. Das starke Wachstum in den 2010er-Jahren erlaubte dem Staat einen umfangreichen Ausbau der Infrastruktur. 2014 eröffnete in Panama-Stadt die erste Metro Zentralamerikas, eine zweite Metrolinie wurde 2019 freigegeben. Im selben Jahr wurden mit dem Puente Atlántico erstmals die Gebiete links und rechts des Kanals an der Karibikküste verbunden. Es ist die dritte Brücke über den Kanal: Bereits seit 1962 spannt sich an der pazifischen Seite der Puente de las Américas über die Wasserstraße, 15 km nördlich davon wurde 2004 der Puente Centenario eingeweiht.
Bedeutsam für Panama ist auch die Registrierung von Schiffen, die in diesem Land besonders einfach und preisgünstig ist. Dies führt dazu, dass im Jahr 2020 rund 9 600 Handelsschiffe weltweit unter der Handelsflagge Panamas fuhren. Damit belegte das Land mit einem Anteil von rund 17 Prozent Platz 1 in der globalen Handelsflotte. Direkt vom Kanal profitieren auch die See- und Flughäfen in Panama-Stadt, Balboa, Cristobal und Colón sowie der Kreuzfahrttourismus, der jedoch im Zuge der Corona-Pandemie starke Einbußen verzeichnete (s. 296.1). Auf dem internationalen Flughafen Tocumen in Panama-Stadt wurde 2022 ein zweites Terminal eröffnet. Panama wird darüber hinaus als „Steuerparadies“ innerhalb des internationalen Finanzsystems eingeordnet. In diesem Zusammenhang geriet das Land 2016 mit den Panama Papers zu suspekten Offshore-Geschäften weltweit in Kritik.