Ruhrgebiet - Wirtschaft 1960

Rhein-Ruhr - Strukturwandel
978-3-14-100900-2 | Seite 40 | Abb. 1| Maßstab 1 : 500000

Überblick

Trotz der ab 1958 einsetzenden Kohlekrise und der langjährigen Stahlkrise ab 1975 ist das Rheinisch-Westfälische Industriegebiet nach wie vor die größte und am dichtesten besiedelte Industrielandschaft des europäischen Kontinents. Es ist im Wesentlichen identisch mit dem Verdichtungsraum Rhein-Ruhr. Um 1960 waren die Städte zwischen Duisburg im Westen und Dortmund im Osten bereits zu einer zusammenhängenden Stadtlandschaft zusammengewachsen. Das gesamte Gebiet erhielt seine Prägung während der Industrialisierung.

Die Phase der Industrialisierung

Ausgangspunkte der industriellen Entwicklung waren der Abbau von Steinkohle und die Verhüttung von Erz zu Eisen. Der geregelte Kohleabbau begann 1766. Begünstigt wurde er durch den Ausbau der Ruhr zu einem Kohletransportweg in den Jahren 1776 bis 1780. Rund 90 Jahre lang dauerte die Blütezeit der Kohleschifffahrt auf der Ruhr, bis die neuen Eisenbahnen aufgrund ihrer Schnelligkeit und ihrer größeren Kapazitäten die Konkurrenz um den Kohletransport gewannen. 1870 wurde die Ruhrschifffahrt eingestellt.

Auf einer Linie südlich der Städte Essen–Dortmund erreichen die von Kohleflözen durchsetzten geologischen Schichten die Erdoberfläche. Nördlich davon werden sie von einer immer mächtiger werdenden Schicht von Mergeln bedeckt. Um dort ein Bergwerk zu errichten, mussten die Deckschichten „durchteuft“ werden. Dies gelang erstmals zwischen 1832 und 1834 bei Essen. Entscheidend für die Entwicklung des Kohlebergbaus war die Lösung des Problems der Wasserhaltung mithilfe von Dampfmaschinen und Pumpen. Die erste Dampfmaschine wurde 1799 auf der Zeche „Vollmond“ in Bochum in Betrieb genommen.

Die Entwicklung der Eisen- und Stahlindustrie im Ruhrgebiet war eng mit den Namen Friedrich Krupp (1811 Gründung einer Gussstahlfabrik in Essen), Franz Haniel (1830 Inbetriebnahme des ersten Walzwerks in Sterkrade) und Fritz Harkort (1826 Inbetriebnahme des ersten „Puddelofens“ in Wetter) verbunden. Im Puddelverfahren wird Roheisen in Schmiedeeisen, später in Schmiedestahl umgewandelt. Eine weitere Wegmarke war die Errichtung des ersten mit Kokskohle betriebenen Hochofens 1849 in Mülheim. Zu dieser Zeit betrug der Anteil des Ruhrgebiets an der Roheisenerzeugung Deutschlands erst fünf Prozent. Zum entscheidenden Standortvorteil wurden dann die ergiebigen Kohlevorkommen, weil man zur Verhüttung von einer Tonne Eisenerz etwa zwei Tonnen Koks benötigte. Heute sind es nur noch 0,5 Tonnen. Durch die Entwicklung der Verhüttungstechnik, die Förderung der verkokbaren Fettkohle in Tiefbauzechen und die Transportleistung des neu entstehenden Eisenbahnnetzes waren die Voraussetzungen für den Aufstieg des Ruhrgebietes zum größten Industriegebiet des Kontinents gegeben.

Das Ruhrgebiet um 1960

Die Karte um 1960 zeigt das Ruhrgebiet am Beginn der Strukturanpassungen, die mit der Kohlekrise und der Stahlkrise notwendig wurden. Die Zahl der Beschäftigten in der Stahlindustrie war bis dahin auf ein Maximum von mehr als 420 000 Beschäftigten gestiegen, Anfang der 1990er-Jahre lag sie unter 200 000. Die Produktion ging nicht in gleichem Maße zurück, sondern stieg bis Mitte der 1970er-Jahre während der Stahlkrise sogar noch an. Heute liegt sie etwa wieder auf dem Niveau von 1975. Die Zahl der Beschäftigten im Kohlebergbau lag Anfang der 1960er-Jahre bei rund 350 000, Anfang der 1990er-Jahre waren es weniger als 100 000.

Im Vergleich zur Industrialisierungsphase hatte sich bis 1960 eine Nordwanderung sowie eine erste Standortkonzentration im Steinkohlenbergbau und der Eisen- und Stahlerzeugung vollzogen. Die Siedlungsflächen waren gegenüber dem 19. Jahrhundert stark gewachsen, die Infrastruktur wurde ausgebaut.

Betrachtet man die Wirtschaftsstandorte, so wird deutlich, dass eine einseitige Wirtschaftsstruktur bestand, die den Strukturwandel erschwert hat. Entlang der Ruhr und der Emscher konzentrierten sich um 1960 Steinkohlenzechen, Eisenhüttenbetriebe und Stahlwerke. An sie knüpfte die Metall verarbeitende Industrie an. Ihre Standorte lagen häufig noch im Süden des Ruhrgebiets, wo die Industrialisierung ihren Ausgang genommen hatte, von wo aus die Montanindustrie aber schon nach Norden abgewandert war.

Darüber hinaus gab es im Ruhrgebiet einige Standorte der Industrie der zweiten Industrialisierungswelle, zum Beispiel der chemischen Industrie. Ihre Entwicklung ist u. a. den Pipelines zu den Seehäfen Rotterdam und Wilhelmshaven zu verdanken. Auffällig sind auch die zahlreichen Standorte von Wärmekraftwerken zur Stromerzeugung und Brikettfabriken für Heizzwecke in Gebäuden.

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Diercke

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