Schweiz - Gesteinszonen

Schweiz - Gesteinszonen
978-3-14-100919-4 | Seite 18 | Abb. 1| Massstab 1 : 1000000

Überblick

Erdwissenschaftliche Disziplinen wie Geologie, Geophysik, Geomorphologie, Hydrologie, Glaziologie oder Pedologie begleiten den Menschen im Alltag ständig, auch wenn er sich dessen nicht immer bewusst ist. Seit alters her hat der Mensch gelernt, Landschaftsformen, Gewässer, Gesteine und Böden zu beurteilen, um sich mit Rohstoffen zu versorgen, um seine Siedlungen an sicheren Orten und seine Äcker auf fruchtbarem Boden anzulegen, und um seine Häuser aus möglichst solidem Material zu bauen.
Viele der grossen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte wie Wassersicherheit, Rohstoff- und Energieversorgung, der Umgang mit Böden und Altlasten, aber auch Naturkatastrophen wie Erdbeben, Vulkane und Unwetter sind eng verknüpft mit der modernen erdwissenschaftlichen Forschung. In Anbetracht aktueller, teils bedrohlicher Umweltveränderungen hängt der Erhalt und vor allem die, in vielen Ländern des Globalen Südens angestrebte Erhöhung des Lebensstandards davon ab, dass die Erdwissenschaften belastbare Grundlagen für künftige Lösungen im Umgang mit knapper werdenden Georessourcen aufzeigen können.
Über diesen unmittelbaren, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Nutzen hinaus sind die Erdwissenschaften jedoch noch viel mehr: Sie ermöglichen uns, jene Prozesse zu verstehen, welche die Erde und deren heutige Oberfläche geformt haben und welche sie auch weiterhin formen werden. Dadurch entwickeln wir ein Verständnis für die Erdkruste als Grundlage für die Entstehung des Lebens schlechthin, aber auch als Grundlage menschlichen Handelns in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft, sei es für die Ernährung, für den Bau von Siedlungen oder für Verkehr, Industrie und Handel.

welchen sie entstanden sind, also z.B. Perm Wozu geologische Karten?

Geologische Karten bilden die Geologie an der Erdoberfläche eines Gebietes ab. Woraus besteht jedoch diese «Geologie» auf Karten? Der Begriff ist sehr weit gefasst, hauptsächlich beinhaltet er aber Art – also Gesteinsnamen –, Alter und Deformation der vorkommenden Gesteine. Die Gesteinsnamen stehen stellvertretend für Mineralbestand, Gefüge und Textur der Gesteine und verraten dadurch vieles über ihre Entstehungsbedingungen. Kommen z.B. in einem bestimmten Gebiet marine Sedimentgesteine wie Kalksteine und Mergel aus der Kreidezeit vor, so waren diese in der Kreidezeit in einem Meer entstanden, auf dessen Grund Sedimente abgelagert wurden. Kommen hingegen magmatische Gesteine wie Granit vor, so handelt es sich um Magma, das in einer Tiefe von 5-20 km in der kontinentalen Erdkruste erstarrte. Werden Gesteine als Gneise oder Schiefer bezeichnet, deutet dies auf starke Deformation durch tektonische Prozesse hin und möglicherweise auf Verlagerung über viele Kilometer vom Ort der Entstehung bis zur heutigen Position. Geologie und Tektonik (siehe tektonische Karte auf s. 20.3) greifen dabei stark ineinander.

Was kann auf der Karte dargestellt werden?

Grossmassstäbliche geologische Karten z. B. im Massstab 1: 25 000 enthalten in der Regel einzeln für jedes farbig markierte Feld Gesteinsname, Alter und tektonische Zugehörigkeit des entsprechenden Gesteins. Auf einer kleinmassstäblichen Karte wie der vorliegenden im Massstab 1: 500 000 ist eine derart grosse Detailtreue jedoch nicht möglich. Auf solchen vereinfachten, sogenannt generalisierten Karten werden meist nur die drei grossen Gesteinsgruppen unterschieden, also Sedimentgesteine, magmatische Gesteine und metamorphe Gesteine, kombiniert mit Altersangaben. Sedimentgesteine werden dabei traditionell nach jenen Erdzeiten eingeteilt, in welchen sie entstanden sind, also z.B. Perm, Jura oder Kreide, wohingegen magmatische und metamorphe Gesteine zusätzlich mit absoluten Altersangaben – also Angaben in Mio. Jahren – versehen werden, falls solche vorliegen. Dies weil die Sedimentgesteine vor allem über ihren Gehalt an Fossilien den jeweiligen Erdzeiten zugeordnet werden und nur über Umwege absolut datiert werden können. Magmazische Gesteine hingegen können seit Anfang des 20. Jahrhunderts durch radiometrische Datierung absolut datiert werden. Bei den metamorphen Gesteinen ist dies schwieriger, die Forschung macht diesbezüglich aktuell jedoch grosse Fortschritte.

Kombination mit Angaben zu typischen Gesteinen

Um auch bei kleinmassstäblichen Karten wie der vorliegenden ein Minimum an Informationen über die vorkommenden Gesteine zu gewährleisten, sind zusätzlich typische Gesteine aufgeführt. Dies bedeutet aber nicht, dass ausschliesslich die aufgeführten Gesteine gefunden werden können. Darauf deutet auch die mehrmals verwende Formulierung «vorwiegend» hin.

Geologischer Aufbau der Schweiz

Auf der Karte fallen vier markante Zonen auf. Diese unterscheiden sich zwar grundlegend durch ihre geologischen Eigenschaden und ihre Entstehungsgeschichte, ihre aktuelle Lage auf der Karte kann jedoch nur mittels Tektonik erklärt werden. Auch hier wird wieder deutlich, wie eng Geologie und Tektonik (siehe tektonische Karte auf s. 20.3) ineinandergreifen.

1. Zone – Zentrale und südliche Alpen

Diese Die zentralen und südlichen Alpen sind auf der Karte dominiert von Farben in Rot und Rosa, also von metamorphen, paläozoischen Gesteinen (Ortho- und Paragneise) sowie untergeordnet von hellen und dunklen paläozoischen Tiefengesteinen (Granite, Granodiorite, Diorite und Gabbros), die teils eng ineinander verschlungen sind. Teilweise sind sie dies tatsächlich, weil sie durch tektonische Bewegungen (siehe tektonische Karte auf s. 20.3) ineinander verkeilt und miteinander verfaltet wurden. Teilweise entsteht dieser Eindruck jedoch auch durch die Morphologie des Gebirges, also die Anordnung von Tälern und Bergen, welche die einzelnen Einheiten zu Kurven verformt erscheinen lassen. Diese paläozoischen Gesteine weisen viele unterschiedliche Alter auf. Die ältesten von Ihnen haben bis zu drei Gebirgsbildungphasen (Orogenesen) mitgemacht, die Kaledonische Orogenese (vor 450-420 Mio. Jahren), die Variszische Orogenese (vor 380-320 Mio. Jahren), und zuletzt die Alpine Orogenese vor 80-10 Mio. Jahren (mit der Entstehung des Juras sogar bis 5 Mio. Jahre vor heute). Dabei bildeten diese Gesteine in drei Zyklen jeweils mit Sedimenten bedeckte kontinentale Kruste – sogenannte kontinentale Sockel –, die zu Gebirgen aufgetürmt und danach wieder aberodiert wurden, nur um später vom nächsten Gebirgsbildungszyklus erfasst zu werden.
Eingeklemmt zwischen diesen kontinentalen Sockelgesteinen finden sich kleine Teile der ozeanischen Kruste des Piemont-Ozeans und – weit verbreitet vom Wallis bis nach Graubünden – vorwiegend stark deformierte und teils metamorphe Sedimentgesteine aus dem Waliser Becken (siehe tektonische Karte auf s. 20.3), die unter dem Begriff «Bündnerschiefer» zusammengefasst werden.

2. Zone – Nördliche Alpen

Die nördlichen Alpen bis zu deren Hauptüberschiebungsfront bestehen vor allem aus
Sedimentgesteinen aus der Trias-, Jura- und Kreidezeit (dunkelgelb, blau und grün) sowie aus viel jüngerem, hellgelb eingefärbtem Flysch und dunkelbraun eingefärbter subalpiner Molasse. Die Sedimentgesteine aus der Trias-, Jura- und Kreidezeit sind überwiegend marinen Ursprungs und wurden auf den Gesteinen des paläozoischen Sockels (siehe 1) abgelagert, nachdem sich dieser durch das beginnende Aufreissen des Tethys-Ozeans (im Gebiet der Alpen «Piemont-Ozean» genannt) abzusenken begann und unter den Meeresspiegel geriet. Während der Alpenbildung wurden diese Sedimentgesteine in Form von Decken (siehe tektonische Karte auf s. 20.3) grösstenteils vom Sockel abgeschert und nordwärts überschoben. Bei einigen dieser Gesteine ist die zeitliche Zuordnung schwierig, weshalb sie in der Legende zusammengefasst werden.
Flysche sind feinkörnige, tonig-sandige Ablagerungen, die sich während der Alpenbildung – längst bevor das Gebirge über den Meeresspiegel hinausgehoben wurde – an den erdbebenreichen Überschiebungsfronten der Decken lawinenartig losrissen und im tiefen Wasser abgelagert wurden. Sie wurden in der Folge von den nordwärts sich bewegenden Decken «überfahren» und bildeten wichtige Gleithorizonte für deren Überschiebung, da sie verhältnismässig weich sind.
Die Molasse schliesslich bildet sich, sobald ein Gebirge in der Schlussphase seiner Entstehung über den Meeresspiegel hinausgehoben wird und der atmosphärischen Verwitterung und Erosion ausgesetzt ist. Dabei werden Geröll, Kies und Sand in grossen Mengen an dessen Fuss abgelagert. Die Ablagerungen der subalpinen Molasse wurden nach ihrer Verfestigung zu hartem Gestein von den nordwärts sich bewegenden Decken «überfahren» und an deren Front steil gestellt.

3. Zone – Mittelland

Im Mittelland dominieren Gesteine der Mittelländischen Molasse, die im Gegensatz zur Subalpinen Molasse nicht von der Alpenbildung erfasst wurden und daliegen wie und wo sie abgelagert wurden. Die Molasse ist teilweise überdeckt von glazialen und fluvioglazialen Ablagerungen, wobei die glazialen Ablagerungen aus vergangenen Kaltzeiten stammen, die fluvialen eher aus Warmzeiten. Die Verwendung des Begriffs «fluvioglazial» bedeutet, dass Ablagerungen von Gletschern und von Flüssen im vorliegenden kleinen Kartenmassstab nicht unterschieden werden können.

4. Zone – Juragebirge

Das Juragebirge ist geprägt von Sedimentgesteinen aus der Jura- und Kreidezeit, untergeordnet auch aus der Triaszeit. Das sind vor allem Kalksteine, Mergel und Kalksandsteine, in der Triaszeit auch Dolomit, Gips und Steinsalz. Das Fehlen von Gesteinen aus der Kreidezeit im östlichen Jura deutet darauf hin, dass dieses Gebiet damals nicht von Wasser bedeckt war und eine Insel bildete. In Senken zwischen den Jurafalten finden sich teils auch Molassegesteine.

Weniger häufig vorkommende Gesteine

Paläozoische Sedimentgesteine (älter als die Triaszeit) sind in der Schweiz eher selten. Eine grössere Ansammlung davon befindet sich in den Glarner und Walliser Alpen meist in Form von roten und grünen Konglomeraten, Brekzien und Tongesteinen, die unter dem Begriff «Verrucano» zusammengefasst werden. Magmatische Gesteine kommen nicht nur in den paläozoischen kontinentalen Sockeln vor, es gibt auch jüngere Plutone, die während der Alpenbildung intrudierten, wie den etwa 32-30 Mio. Jahre alten Bergeller Granit. Ausserhalb der Schweiz gibt es weitere solche Plutone z. B. im Adamello-Gebiet oder bei Biella in Norditalien.
Vulkanische Gesteine permischen Alters finden sich in den Glarner Alpen und im südlichsten Tessin, junge Vulkangesteine aus dem Miozän können knapp nördlich des Schweizer Grenze im Hegau gefunden werden.

Die alpine Metamorphose

Während der Alpenbildung gelangten viele Gesteine durch tektonische Prozesse in die Tiefe der Erdkruste, wo sie sich unter zunehmend höheren Temperaturen und Drücken in metamorphe Gesteine umwandelten. Durch Exprimente, Messungen und Berechnungen können die Temperatur -und Druckbedingungen bei der Entstehung vieler metamorpher Gesteine bestimmt werden. Dies ermöglicht es, in der geologischen Karte Isothermen (Linien gleicher Temperatur) für Temperaturen von 350, 500 und 650°C einzuzeichnen. Diese zeigen, dass während der Alpenbildung die höchsten Temperaturen im Gebiet des heutigen Tessins erreicht wurden. Die Gesteine lagen dabei in Tiefen von ca. 25 km. Dass diese hochmetamorphen Gesteine heute an der Erdoberfläche liegen, ist tektonischen Prozessen und der Erosion zu verdanken. Gegen Westen, Norden und Osten nahmen die Temperaturen ab. Unter 350°C spricht man nicht mehr von metamorphen Gesteinen. Das Verschwinden der 350° und 500°C- Isothermen gegen Osten ist dadurch zu erklären, dass im südöstlichen Graubünden Gesteine vorherrschen, die zum sogenannten Ostalpin gehören, das eine andere Entstehungsgeschichte hat (siehe tektonische Karte auf s. 20.3).

Schlagworte