Wiesengut (Hennef) - Ökologischer Landbaubetrieb

Deutschland - Landwirtschaft
978-3-14-100941-5 | Seite 31 | Abb. 2 | Maßstab 1 : 12500

Überblick

In den zurückliegenden Jahrzehnten haben sich in der konventionellen Landwirtschaft Spezialisierung in durchrationalisierten Betrieben und eine weitgehende Trennung von Feldwirtschaft und Tierhaltung durchgesetzt. Im Zuge dieser Entwicklung sind viele einseitig ausgerichtete Marktfrucht- oder Veredlungsbetriebe entstanden. Aspekte wie der Umwelt- und Naturschutz oder die Landschaftsgestaltung wurden hingegen beim konventionellen Anbau über lange Zeit vernachlässigt. Im Gegensatz dazu haben sich viele Betriebe des ökologischen Landbaus am Organisationsprinzip eines möglichst geschlossenen Betriebsorganismus orientiert. Dies bedeutet, dass es im ökologischen Landbau relativ viele landwirtschaftliche Gemischtbetriebe gibt. Der Betrieb wird quasi „organisch“ an die ökologischen Gegebenheiten des jeweiligen Standortes angepasst. Diese Anpassung und das entsprechende standortgerechte Wirtschaften haben individuellen Charakter und sind kleinräumig bestimmt.

Prinzipien des ökologischen Landbaus

Der ökologische Landbau hat die Maxime, bei der Erzeugung von Lebensmitteln die nicht erneuerbaren Energie- und Rohstoffressourcen zu schonen, die Ökosysteme in ihren Funktionen zu erhalten und die Natur und Landschaft zu schützen. Die Flächennutzung des Modellbetriebes Wiesengut zeigt, wie die ökologische Landwirtschaft durch die Einhaltung dieser Prinzipien das Landschaftsbild gestaltet. Im Produktionsbiotop werden die Ackerflächen von einer vielgestaltigen sechsjährigen Fruchtfolge aus Rotkleegras, Kartoffeln, Winterweizen, Ackerbohnen, Sommerweizen und Winterroggen belegt. Die Rinderhaltung und der Anbau von Rotkleegras als Ackerfutter begünstigen diese Fruchtfolge. Durch den Anbau von Untersaaten, etwa Kleegras in Winterroggen oder Gelbsenf/Ölrettich in Kartoffeln, und durch Zwischenfrüchte wie Gelbsenf oder Ölrettich wird eine nahezu ganzjährige Bodenbedeckung mit wachsenden Kulturpflanzenbeständen erreicht. Gleichzeitig werden die Nährstoffausträge in das Grundwasser gemindert. Ökologisch wirtschaftende Betriebe verzichten auf den Einsatz mineralischer Stickstoffdünger, Wachstumsregulatoren und chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel; außerdem minimieren sie den Zukauf von Futtermitteln. Damit werden Nährstoffüberschüsse und umweltbelastende Stoffeinträge ins Grundwasser weitgehend vermieden oder mindestens deutlich gesenkt. Dieser Vorzug des ökologischen Landbaus kommt vor allem sensiblen Gebieten der Trinkwassergewinnung und des Natur- und Landschaftsschutzes zugute.

Auswirkungen auf das Landschaftsbild

Tiergerechte Haltungsverfahren fordern den täglichen (Sommer-)Weidegang der Tiere und verändern dadurch sowohl die Flächennutzung als auch Landschaftsbild. Baumgruppen, angepflanzt in den Weideflächen, dienen als Schattenbäume für das Jungvieh. Eine großzügige Auszäunung sichert die breiten, baumbewachsenen Uferzonen. Landschaftsökologisch wirksame Elemente der Begleitbiotope tragen auf vielfältige Weise zur Gestaltung des Landschaftsbildes auch in den Naherholungsgebieten des stadtnahen Raumes bei:

• Lineare Strukturelemente wie Hecken, die vornehmlich in Nord-Süd-Richtung gepflanzt werden, vermindern die Beschattung der Kulturpflanzenbestände und dienen als Barrieren gegen Westwinde. Die reichhaltig blühenden Gehölze werden von artenreichen, blühenden, nützlingsfördernden Säumen begleitet.

• Feldspitzen verbleiben unbewirtschaftet und bilden als Ruderalflächen Rückzugsräume für Niederwild wie Fasan.

• Breite, wegbegleitende Raine, eine reichhaltige Wildkrautflora in den Feldflächen und gezielt angelegte Krautstreifen dienen als nützlingsfördernde Habitate.

• Dachabwässer gelangen statt in die kommunale Kläranlage in ein Feuchtbiotop.

• Im hofnahen Bereich schaffen Obstgehölze und Wildobsthecken Schatten und ein günstiges Mikroklima; gleichzeitig dienen sie dem Vogelschutz, gestalten die Hofstelle kundenattraktiv für die Direktvermarktung und wirken positiv auf das Landschaftsbild.

Der ökologische Landbau geht somit über das primäre Ziel der Erzeugung hochwertiger Lebensmittel hinaus, indem er beispielhaft die landschaftsprägende Multifunktionalität der Landwirtschaft repräsentiert. Damit entspricht er, wie in Ökobilanzen und Vergleichsstudien wissenschaftlich nachgewiesen wurde, in besonderer Weise den Prinzipien einer nachhaltigen und umweltschonenden Landbewirtschaftung.

Ökologischer Landbau in Deutschland

Der ökologische Landbau weist seit Anfang der 1990er-Jahre ein stetiges Wachstum auf. Im Jahr 2023 waren es etwa 28 700 Betriebe 11,3 % aller Betriebe) mit 1,85 Mio. Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche (11,2 % der Agrarflächen). Innerhalb der EU sind der ökologische Landbau und die Verarbeitung seiner Produkte zu Bioerzeugnissen durch Verordnungen geregelt. Die Produkte sind durch ein Label eindeutig gekennzeichnet. Die EU-Verordnungen schreiben den Erzeugern und Verarbeitern genau vor, was sie wie mit welchen Stoffen produzieren dürfen. Was nicht ausdrücklich erlaubt ist, darf nicht verwendet werden. Von den Bundesländern zugelassene und überwachte Kontrollstellen überprüfen mindestens einmal jährlich den gesamten Betrieb. Von einigen Verbänden, zum Beispiel Demeter und Bioland, werden deutlich höhere Standards angelegt als von der EU. Sie haben eigene Zertifizierungen und Label.

Der Anteil des ökologischen Landbaus weist starke regionale Unterschiede auf. Der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche an der Landwirtschaftsfläche der einzelnen Bundesländer schwankt zwischen mehr als 15 Prozent (Hessen 15,0%, Berlin 15,8 %, Saarland 18,0 %, Bremen 22,7 %) und um 5 Prozent (Niedersachsen 4,8 %, Nordrhein-Westfalen 5,7 %; Agrarstrukturerhebung 2020). Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, den Anteil der ökologisch bewirtschafteten Flächen an der gesamten Agrarfläche auf 20 Prozent zu steigern.

Marktsituation

Der Markt für Bioprodukte ist – auch dank der zunehmenden Verbreitung im herkömmlichen Lebensmitteleinzelhandel und der Entstehung von speziellen Bio-Supermärkten – deutlich gewachsen. Dies hat zu sinkenden Erfassungs-, Verarbeitungs- und Distributionskosten geführt, aber auch die Konkurrenz durch Importe aus anderen EU-Staaten oder Ländern außerhalb der EU verstärkt. Die Preise für Bioprodukte sind tendenziell gesunken und haben sich denen vergleichbarer Produkte aus der konventionellen Produktion stark angenähert. Die Umstellung auf ökologischen Landbau hat sich in der Vergangenheit für die Mehrzahl der Betriebe als wirtschaftlich lohnende Alternative erwiesen.

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Diercke

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