Zürich-City - Finanz- und Dienstleistungszentrum

Schweiz - Zürich
978-3-14-100919-4 | Seite 47 | Abb. 2| Massstab 1 : 10000

Überblick

Diese Stadtkarte wirft einen detaillierten Blick in die Zürcher Innenstadt, nimmt (farblich) eine funktionale Gliederung vor und widmet sich (mithilfe verschieden gestalteter Punktsignaturen) der typischen Zürcher Dienstleistungswirtschaft mit ihrem Schwerpunkt auf Banken und Versicherungen. Durch die Ausweisung der Fussgängerzone, einiger zentraler Sehenswürdigkeiten und Einrichtungen und randlich zur Innenstadt gelegener Parkhäuser steht diese Zürich-Karte stellvertretend für die Zentren mitteleuropäischer Grossstädte.

Die Zürcher Innenstadt

Zürichs Innenstadt erstreckt sich links und rechts der Limmat und vom Hauptbahnhof bis zum See. Die geschlossene Altstadtbebauung mit reizvollen Plätzen und Gassen ist weitgehend erhalten geblieben, funktional vollzog sich jedoch ein Wandel: die Innenstadt zeichnet sich heute durch ihre Cityfunktion aus. Bedeutende Baudenkmäler sind das romanische Grossmünster, die Kirche St. Peter, das Fraumünster und einige herrschaftliche Zunft- und Patrizierhäuser.
Auf der rechten Limmatseite haben sich das Nieder- und Oberdorf zum Hauptvergnügungsviertel für ein überregionales Einzugsgebiet gewandelt. Weiter sind dort wichtige Kulturinstitutionen wie das Kunsthaus, das Schauspielhaus, einige kleinere Bühnen, aber auch Kinos zu finden. Dieses Viertel ist – genau wie die Altstadtbereiche direkt westlich der Limmat – eine weitgehend autofreie Zone, was dem Stadttourismus zugutekommt. Das Opernhaus liegt (in der Karte gerade nicht mehr nicht sichtbar) südlich des Bellevueplatzes; die Tonhalle und das Kongresshaus liegen am rechten Seeufer. Östlich des Nieder- und Oberdorfs liegt das ausgedehnte Universitäts-, ETH-, Schul- und Spitalviertel, das Richtung Zürichberg und See von gehobenen Wohnvierteln abgelöst wird. In der Karte ist das begehrte südlich anschliessende Wohnquartier Hottingen noch zu sehen.
Das Quartier westlich des historischen Zentrums, rund um die Bahnhofstrasse, ist durch eine repräsentative, gründerzeitliche Architektur geprägt. Das Finanzzentrum auf der einen Seite und das Hauptgeschäfts- und Einkaufsviertel auf der anderen Seite erstrecken sich über die Bahnhofstrasse bis hin zum Schanzengraben und zur Sihl. Zahlreiche Einzelhandelsgeschäfte und einige Grosswarenhäuser prägen das Strassenbild. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Städten ist die City von Zürich praktisch frei von Hochhäusern; in einer Volksabstimmung konnte ein weitgehendes Hochhausverbot für die Innenstadt durchgesetzt werden. Die Cityfunktionen haben sich über Jahre weiter Richtung Süden in das Quartier Enge und Richtung Westen nach Aussersihl ausgedehnt, was zur Verdrängung der Wohnfunktion führte. Am nordwestlichen Kartenrand ist noch ein Teil des zweiten überregional bekannten Vergnügungsviertels rund um die Langstrasse erkennbar. Dieses zählte zu den Problemquartieren (Drogenhandel, Sexgewerbe) der Stadt Zürich. Im Rahmen eines Quartieraufwertungsprogramms wurde mit einem Bündel an Massnahmen versucht, Gegensteuer zu geben; inzwischen geht die Entwicklung eher in Richtung einer globalisierten Partymeile.
Die Hotelinfrastruktur der Stadt Zürich ist im internationalen Vergleich klein strukturiert. So gibt es im Innenstadtbereich nur wenige Grosshotels mit mehr als 150 Betten. Diese und zahlreiche kleinere Hotels liegen bevorzugt in Bahnhofsnähe oder beim See. In den letzten Jahren wurden einige neue, von internationalen Ketten betriebene Grosshotels errichtet. Diese befinden sich in den äusseren Stadtquartieren wie Oerlikon, in Zürich West sowie in der Flughafenregion.
Die Stadtverwaltung als weiteres funktionales Element der City konzentriert sich einerseits in den städtischen Amtshäusern in der Nähe des Bahnhofs sowie in und um das Stadthaus. Zahlreiche weitere Büros der städtischen Verwaltung sind in zentrumsnahen Lagen zu finden. Das Stadtparlament wie auch das Kantonsparlament tagen im Rathaus, das am Limmatquai steht.
Der Hauptbahnhof Zürich gilt als der am besten erreichbare Punkt der Schweiz. Er ist Knoten des schweizerischen Eisenbahnnetzes, hat zahlreiche direkte Verbindungen ins Ausland und ist auch Knoten des S-Bahn-Netzes, das die ganze Agglomeration erschliesst. Ergänzt wird dieses regionale Netz durch ein engmaschiges städtisches Tram- und Busnetz.

Zürich als zentraler Ort

In der klassischen Zentralitätsforschung, die auf die Theorie der Zentralen Orte von Christaller (1933) zurückgeht, wurden zunächst ganze Städte nach ihrer hierarchischen Stellung im zentralörtlichen System untersucht. Seit ca. 1960 wurde aufgrund diverser Arbeiten, z. B. von Carol (1959 und 1960), auch die Stufung innerhalb der Städte zum Untersuchungsgegenstand. Damit einher ging jedoch auch eine uneinheitliche Begriffsbildung, die vom Geschäftszentrum über City, Central Business District (Chicagoer Schule), Stadtkern bis zur Innenstadt reicht. Gemeinsames Merkmal all dieser Begriffe ist die funktionale Zentrenausstattung mit Einzelhandels- und Dienstleistungseinrichtungen aller Art.
Das Zentrum einer Stadt oder eben die City kennzeichnet ganz allgemein eine räumliche Standortkonzentration zentraler Einrichtungen, die zentrale Güter (Waren, Dienste, Informationen) anbieten. Entscheidende Grössen sind die Erreichbarkeit und die Agglomerationsvorteile; d. h. die Citybildung erfolgt in den zentralsten Standorträumen. Dieser funktionalräumliche Wandel im Zentrum der Stadt führte zu einer starken Verdrängung der Wohnbevölkerung, zu einem Ansteigen der Bodenpreise, zu einer Zunahme der Verkehrsdichte und zu einer Verdichtung der Bebauung.
Die Citybildung ging auch in Zürich mit einem drastischen Rückgang der Wohnbevölkerung bei gleichzeitiger Zunahme der Arbeitsplätze einher. Die Wohnbevölkerung sank im Kreis 1 (Gebiet zwischen Schanzengraben, Seiler- und Hirschengraben und Rämistrasse) von knapp 30 000 Einwohnern um 1900 auf aktuell rund 5 900. Die Zahl der Beschäftigten beträgt im selben engsten Citygebiet heute rund 75 000, was rund einem Siebtel aller Beschäftigten in der Stadt Zürich entspricht. Weitere Entwicklungen waren enorme Bodenpreissteigerungen vor allem entlang der Bahnhofstrasse (rund 100 000 Fr/m²), die nach wie vor zu den teuersten Standorten Europas zählt, eine starke bauliche Verdichtung (allerdings kaum in die Höhe) und eine kontinuierliche Verbesserung der Erreichbarkeit, vor allem durch die Inbetriebnahme der S-Bahn.
Wie in anderen Städten lassen sich auch in Zürich Standort- oder Funktionsgemeinschaften finden, z. B. Einzelhandelsgeschäfte und Banken mit Publikumsverkehr rund um die Bahnhofstrasse, Privatbanken ohne Schalter im Cityrandbereich links der Limmat, die Vergnügungslokale in der Altstadt rechts der Limmat. Das Beispiel Zürich ist exemplarisch für den funktionalräumlichen Wandel von Städten, wobei ganz spezifische Unterschiede wie die fast ganz fehlende Hochhausbebauung in der Zürcher Innenstadt oder die starke Prägung durch den Finanzsektor benannt werden können.

Finanzzentrum Zürich

Zürich zählt heute zu den wichtigsten Finanzzentren der Welt. Die Ursprünge der Zürcher Börse als einer der wichtigsten Gründe für den Aufstieg Zürichs zur Finanzmetropole lassen sich bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts zurückverfolgen. Die Börse wurde kontinuierlich ausgebaut und reguliert. An der Börse trafen sich vor allem Vertreter der Textilindustrie und des Seidenhandels, der früher wichtigsten Branchen der Zürcher Wirtschaft. Gleichwohl stand der Finanzplatz Zürich bis ins 19. Jahrhundert im Schatten der beiden Finanzplätze Genf und Basel, die vor allem der Handelsfinanzierung und der Vermögensanlage dienten. Die Weiterentwicklung des Finanzplatzes Zürich ist eng mit dem wachsenden Kreditbedarf für den Eisenbahnbau und die Industrie verbunden. Neue Instrumente im Bereich der Finanzierung von (Gross-)Investitionen mussten entwickelt werden. 1856 gründete Alfred Escher die Schweizerische Kreditanstalt, die sich ganz auf die Finanzierungsbedürfnisse der Wirtschaft hin ausrichtete. Damit war der Grundstein für den Aufstieg des Bankenplatzes Zürich gelegt, der sich Hand in Hand mit der Industrie weiterentwickelte. Entscheidend für die Prosperität des Finanzplatzes waren der Entscheid, den Sitz des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank nach Zürich zu vergeben, das Schweizerische Bankgeheimnis sowie die vorübergehende Schliessung des Londoner Goldmarktes im Jahr 1968. Die Zürcher Banken sprangen in die entstandene Lücke, gründeten in einem „gentlemen’s agreement“ den „Zürcher Goldpool“ und schafften es damit, Zürich als einen der wichtigsten Goldmärkte der Welt zu etablieren.
Bei den Finanzdienstleistungen spielen bezüglich ihrer Wertschöpfung die Banken und insbesondere der Standort Zürich eine wichtige Rolle. Die beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse haben ihren Sitz in der Stadt Zürich. Ihre Bilanzsumme betrug 2022 über 2 Billionen Franken, das ist ungefähr die Hälfte der Bilanzsumme aller Schweizer Banken zusammen. Die Zürcher Kantonalbank, die ihren Sitz ebenfalls in der Stadt Zürich hat, hatte 2023 eine Bilanzsumme von ca. 200 Milliarden Franken, was über einem Viertel der Bilanzsumme aller Kantonalbanken entspricht. Auch die weltweit grösste Vermögensverwaltungsbank hat ihren Hauptsitz in Zürich. Die Schweizer Banken verwalten insgesamt ein Drittel aller grenzüberschreitend angelegten Vermögenswerte der Welt, wovon neben Genf und Lugano der grösste Teil am Bankenplatz Zürich verwaltet wird.
Die Bedeutung des Finanzplatzes spiegelt sich auch in der Zahl der Arbeitsplätze im Kreditgewerbe wieder. 2021 zählte diese Branche in der Stadt Zürich rund 62 000 Beschäftigte. Somit arbeitet in der Stadt Zürich beinahe jeder neunte Beschäftigte im Kreditgewerbe. Auf die ganze Schweiz bezogen, befindet sich beinahe jeder dritte Arbeitsplatz dieser Branche in der Stadt Zürich. Daneben präsentiert sich Zürich auch als weltweit bedeutender Versicherungsmarkt und Entwicklungszentrum für Finanztechnologie (Fintech). Hier ist das beschäftigungsmässige Gewicht Zürichs im nationalen Vergleich ähnlich ausgeprägt wie bei den Banken. Aufgrund dieser Angaben erstaunt es wenig, dass der Finanzdienstleistungssektor nahezu die Hälfte der Steuereinnahmen der Stadt Zürich ausmacht und deshalb auch als „Klumpenrisiko“ für die öffentliche Hand bezeichnet werden kann.
Innerhalb des Bankenwesens lässt sich eine starke Tendenz zur Konzentration feststellen, die sich in der Übernahme zahlreicher, meist kleinerer Institute ausdrückt. Einher geht dieser Prozess mit einem Abbau von Filialen mit Schalterverkehr und einer räumlich-funktionalen, innerbetrieblichen Differenzierung. Während die dispositiven Funktionen wie die Leitungs- und Kontrollfunktionen im Zentrum bleiben, werden die operativen Funktionen wie die Rechen- und Verarbeitungsaufgaben in preiswertere, gleichwohl gut erreichbare Lagen in und ausserhalb der Stadt ausgelagert (back offices). Mittlerweilen hat sich die Anzahl der Schalterfilialen, die entlang der wichtigen Fussgängerachsen Bahnhofstrasse und Limmatquai zu finden sind, stark reduziert. Eine grosse Zahl der Banken, die im Privatkundengeschäft oft diskret in einer Büroetage domiziliert sind, kennen zudem Schalterhallen nicht.

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