Balearen - Tourismus

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978-3-14-100800-5 | Seite 105 | Abb. 4| Maßstab 1 : 2000000

Überblick

Die Balearen gehören zu den wichtigsten Ferienregionen in Spanien. Rund 12,5 Mio. Gäste bereisten 2012 die Inselgruppe, zu der neben Mallorca auch Menorca, Ibiza und Formentera gehören. Die Balearen bilden eine gemeinsame Provinz und seit 1983 eine politisch eigenständige autonome Region innerhalb des Königreichs Spanien. Ihre politische Stellung ist der eines deutschen Bundeslandes vergleichbar.

Urlauberhochburg Europas

Unter den beliebtesten Reisezielen der Welt belegte Spanien 2012 den dritten Rang hinter Frankreich und den USA. Einen erheblichen Anteil am Tourismusboom hatte die spanische Mittelmeerregion, insbesondere die Balearen, die ihre Gästezahlen seit den frühen 1990er-Jahren mehr als verdoppelt haben. Die weltweite Finanzkrise ab 2008 machte sich zwar durch einen Einbruch bemerkbar, konnte den langfristigen Wachstumstrend aber nicht nachhaltig stoppen. Zog es 2005 rund 11,7 Mio. Urlauber auf die Balearen, wuchs ihre Zahl bis 2012 um weitere 0,8 Mio. Besucher an.

Die größte Gruppe unter den ausländischen Gästen stellen die Deutschen, die sich seit den frühen 1990er-Jahren eine Art Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Engländern liefern. Allerdings gibt es Unterschiede zwischen den Inseln. Während die Deutschen auf Mallorca klar in der Mehrheit sind, zieht es die Engländer stärker nach Menorca, Ibiza und Formentera. Spanische Urlauber geraten inzwischen zunehmend in die Minderheit, nur auf den kleineren Inseln stellen sie noch größere Anteile. Die stärksten Zuwächse gab es zuletzt bei Urlaubern aus Russland.

Ihre im europäischen Vergleich herausragende Stellung unter den Ferienzielen verdanken Mallorca und seine Nachbarinseln unter anderem der leichten Erreichbarkeit mit dem Flugzeug. Rund 98 Prozent aller Touristen erreichen die Balearen auf dem Luftweg. In Deutschland steht der Flughafen Palma de Mallorca an erster Stelle unter den ausländischen Flugzielen (vgl. 64.3); 2012 wurde er von 3,9 Mio. Passagieren aus Deutschland angesteuert. Ein zweiter Pluspunkt der Balearen ist, dass sie sehr unterschiedliche Zielgruppen ansprechen, weil sie vom Strand-, Familien- und Partytourismus bis zu hochwertigen Sportangeboten und ruhigen Rückzugsplätzen im Hinterland eine breite Palette von Urlaubsmöglichkeiten bieten.

Strukturwandel durch Tourismus

Die Balearen waren bis in die 1960er-Jahre von einer erheblichen Abwanderung betroffen, weil die Inseln der Bevölkerung keine wirtschaftliche Perspektive mehr boten. Eine Umkehr des Abwanderungstrends begann mit dem Massentourismus. Seither ist die Bevölkerung auf den Balearen vor allem durch Zuwanderung von 440 000 (1960) auf gut 1,1 Mio. Einwohner (2013) angewachsen.

Der Tourismus führte auf den Balearen zu einem einschneidenden sozioökonomischen Wandel. Auf der einst agrarisch geprägten Insel entstand eine Dienstleistungsgesellschaft, die weitgehend von der touristischen Nachfrage aus dem Ausland abhängt. Auf den Dienstleistungssektor entfallen derzeit 75 Prozent der regionalen Bruttowertschöpfung, auf das Baugewerbe, das seine Aufträge im Wesentlichen der Tourismuswirtschaft verdankt, weitere 10 Prozent. Die Landwirtschaft stellt noch immer rund 10 Prozent der Arbeitsplätze, trägt aber nur noch weniger als 2 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei.

Entwicklungsphasen des Balearen-Tourismus

Die Tourismusentwicklung auf den Balearen lässt sich in verschiedene Phasen gliedern. Die erste, von etwa 1960 bis 1972, war eine frühe Boomphase ohne planerische Eingriffe. Aus dieser Zeit datieren gravierende, überwiegend irreversible Landschaftszerstörungen, vor allem durch Verbauung der Küsten. Die zweite Phase von 1973 bis 1980 brachte den Balearen einen ersten Rückschlag durch die „Ölkrise“ und eine weltweite wirtschaftliche Rezession. In der dritten Phase ab etwa 1981 reagierte die Tourismusbranche auf diesen Einbruch mit Billigangeboten für Kunden mit geringer Kaufkraft; das Ergebnis war ein rascher Qualitätsverfall des touristischen Angebots. In der vierten Phase, die Ende der 1980er-Jahre begann, verlor Spanien innerhalb weniger Jahre durch wirtschaftliche Veränderungen im In- und Ausland seine komparativen Kostenvorteile. Weil ein weiteres Absenken des Preisniveaus aus Rentabilitätsgründen nicht mehr möglich war, setzte langsam ein Umdenken ein, hin zu einer qualitativen Aufwertung des touristischen Angebots. Für Neubauten galten fortan strenge Planungsvorgaben, die Kontrollen von Hotellerie und Gastronomie wurde verschärft.

Vom Massen- zum Qualitätstourismus

Seit 1991 propagieren die Balearen einen Qualitätstourismus, der vornehmlich einkommensstarke Nachfragegruppen ansprechen soll. Zu den bevorzugten Zielgruppen dieses „Qualitätstourismus“.

zählen Segler und andere Wassersportler, aber auch Golfer, Radsportler und Naturliebhaber, die prozentual zwar nur einen überschaubaren Teil der Touristen stellen, wirtschaftlich aber zunehmend von Bedeutung sind.

Der Residenztourismus von Ausländern, die die Balearen zu ihrer Wahlheimat erkoren haben, wird von der ansässigen Bevölkerung zunehmend kritisch bewertet. Allein für Mallorca schätzt man den Anteil von Flächen im Besitz ausländischer Eigentümer auf rund 20 Prozent.

Ökologie und Fremdenverkehr

Die fortlaufende Steigerung der Bettenangebote und Gästezahlen wirft unter anderem Probleme bei der Wasserversorgung auf, zumal die sommerliche Trockenperiode genau in die Hochsaison fällt. Inzwischen sorgen mehrere große Meerwasserentsalzungsanlagen für eine mittelfristig hinreichende Trinkwasserversorgung.

Die Wasserverknappung ist nur eine der spürbaren Folge des ökologischen Raubbaus, der mit dem Massentourismus begann. Immerhin hat auf den Inseln inzwischen ein Umdenken zugunsten des Naturschutzes eingesetzt. 1988 wurde an der Nordküste von Mallorca das Naturschutzgebiet Albufera ausgewiesen. Mit einer geschützten Fläche von rund 1700 Hektar und einer Küstenlänge von 1,65 Kilometern gilt das größte Feuchtgebiet der Balearen heute als ökologisches Vorzeigeprojekt. Inzwischen ist auch das Nordgebirge Mallorcas, die Sierra de Tramuntana, die gerne von Bergwanderern besucht wird, als „Naturgebiet von besonderem Interesse“ ausgewiesen. Ein echter Meilenstein für den Naturschutz war 1993 die Ausweisung Menorcas als „Biosphärenreservat“. Die sogenannte Pufferzone umfasst heute rund 41 Prozent der Inselfläche; in diesem Gebiet sind touristische Aktivitäten nur noch unter strengen Auflagen möglich.

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