Niederlande - Neulandgewinnung

Europa - Nordsee, Ostsee - Küstenschutz und Umwelt
978-3-14-100800-5 | Seite 121 | Abb. 3| Maßstab 1 : 2000000

Überblick

Die Entstehung von Neuland setzte in den Niederlanden um die Mitte des 13. Jahrhunderts ein, als die alten Flussmündungen im Deltagebiet von Rhein, Maas und Schelde allmählich verschlickten. Im Südwesten der Niederlande bildeten sich dadurch in den Flussmündungen Inseln. Lange Streifen angeschwemmten Neulands wurden südlich von Den Helder und westlich von Leeuwarden im Laufe der Zeit eingedeicht.

Landgewinnung in der Neuzeit

Ab etwa 1600 wurde es durch technische Entwicklungen möglich, immer größere Flächen trockenzulegen. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Windmühlen, durch die es möglich war, Wasser aus großen Flächen abzupumpen. Im 19. Jahrhundert waren es dann die Dampfschöpfwerke, durch die noch größere und tiefer gelegene Gebiete trockengelegt werden konnten. Viele der in der vorherrschenden Windrichtung Nordost-Südwest gelegenen Moorseen wurden zwischen 1600 und 1900 urbar gemacht, um Neuland zu gewinnen und die Überschwemmungsgefahr zu verringern. Zu diesen Flächen gehörte auch das 18 000 Hektar große Haarlemmermeer bei Amsterdam, dessen Küstenlinie sich zuvor bei jedem Südweststurm der Stadt genähert hatte. Im Nordostteil des Harlemmermeers (4,7 m unter NHN) liegt heute der Flughafen Schiphol. Der Name bedeutet „Schiffsgrab“ und verweist darauf, dass dort früher viele Schiffe in Südweststürmen untergegangen sind.

Die mit Diesel oder Strom angetriebenen Pumpen des 20. Jahrhunderts machten es möglich, mehr als 100 Quadratkilometer große Polder in der ehemaligen Zuiderzee, dem heutigen IJsselmeer, zu errichten; die vier auf der Karte eingetragenen Polder haben eine Gesamtfläche von 1650 Quadratkilometern. Zu Beginn des Zuiderzeeprojektes wurde 1932 im Norden ein 30 Kilometer langer Abschlussdamm gebaut, der die damalige Zuiderzee vom Wattenmeer trennte. Die allmählich ausgesüßte Zuiderzee heißt seitdem IJsselmeer.

Die ersten Polder im IJsselmeer sollten Agrargebiete werden. Fast 90 Prozent der Nordostpolder werden auch heute noch für die Landwirtschaft genutzt, während es im Ost- und Südflevoland nur etwa 60 Prozent sind. Annähernd 22 Prozent der Fläche sind dort Wald- und Naturgebiet, 6 Prozent sind bebaut. Die Wasserflächen, die es heute noch gibt, wie beispielsweise das Markermeer und das IJsselmeer, stehen inzwischen unter Schutz, nicht nur aufgrund ihres Naturwerts, sondern auch, weil man sie als Süßwasserreservoir und Auffangbecken für Flusswasser braucht. Westlich von Arnheim wurden am Niederrhein Stauwerke gebaut, durch die Rheinwasser in das IJsselmeer umgeleitet werden kann.

Die Landgewinnung spielt heute keine große Rolle mehr, abgesehen von den jüngsten Erweiterungen im Hafengebiet von Rotterdam (vgl. 123.3). Auch die Frage des Küstenschutzes ist gegenwärtig – nach Errichtung mehrerer Sperrwerke und zahlloser Seedeiche – eher sekundär.

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