Überblick
Die politische Karte Afrikas zeigt die unabhängigen Staatsgebilde der nachkolonialen Epoche. Zu ersten Veränderungen kam es mit dem Ende des Ersten Weltkriegs. Das besiegte Deutsche Reich musste auf seinen Kolonialbesitz verzichten, der als Mandatsgebiet an die Siegermächte fiel. 1922 erklärte Großbritannien Ägypten zum unabhängigen Königreich, hielt jedoch in der Außenpolitik und im Hinblick auf den Suezkanal an einer Reihe von Privilegien fest. Das lange Zeit unabhängige Äthiopien wurde 1935/36 vom faschistischen Italien erobert, doch bereits 1941 von Großbritannien wieder in die Unabhängigkeit entlassen. Im Zweiten Weltkrieg verlor Italien sämtliche Kolonien bis auf Somalia, das ihm 1950 für zehn Jahre als UNO-Treuhandgebiet zugesprochen wurde.
Entlassung in die Unabhängigkeit
Nach der Auflösung der Kolonialreiche in Asien und Amerika verstärkte sich auch in den Ländern Afrikas der Ruf nach Unabhängigkeit. Die meisten afrikanischen Staaten wurden in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg von den europäischen Kolonialmächten schrittweise in die Autonomie entlassen. Fast überall verlief dieser Prozess mehr oder minder friedlich, nur in der ehemals französischen Kolonie Algerien kam es ab 1954 zu einem Befreiungskrieg, der bis 1962 mit erbitterter Härte geführt wurde.
Die beiden großen Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien verfolgten bei der Entkolonialisierung unterschiedliche Konzepte und Ziele. Großbritannien verfolgte die Strategie einer schrittweisen Annäherung an die staatliche Autonomie durch Verfassungsreformen und durch die Gründung von Parteien und Parlamenten. Konflikte entwickelten sich in Kenia, wo der Geheimbund der Mau-Mau die Freiheit mit Terror durchzusetzen versuchte (1952–54) und in Rhodesien, dem späteren Simbabwe. Die Verfassung von 1965, die der weißen Minderheit die politische Macht sicherte, wurde erst nach einem Bürgerkrieg revidiert. 1968 entließ Großbritannien mit Swasiland seine letzte afrikanische Kolonie in die Unabhängigkeit. Fast alle ehemals britischen Kolonien blieben Mitglied des „Commonwealth of Nations“ und akzeptieren weiterhin die britischen Monarchen als Staatsoberhaupt.
Frankreich dagegen verfolgte die Idee einer „Union Francaise“ freier und gleichberechtigter Bürger, die dieselbe Sprache sprechen und dieselben Rechte genießen sollten. Schon bald zeigte sich, dass diese Lösung den Interessen der nach nationaler Selbstbestimmung strebenden Länder nicht entsprach. Vor allem in Algerien entwickelte sich ein blutiger Befreiungskrieg. Das französische Kolonialreich löste sich im Verlauf dieser Auseinandersetzung bis 1960 auf, 1962 erlangte Algerien die Unabhängigkeit.
Konflikte in den jungen Staaten
Belgien entließ seine Kongokolonie 1960 überstürzt in die Freiheit. Die Folge waren chaotische Wirren und Spaltungstendenzen, die erst nach 1965 abflauten. Portugal hingegen versuchte, seine Kolonien als Überseeprovinzen noch enger an das Mutterland zu binden. Erst nach der Revolution von 1974 verzichtete es ebenso überstürzt auf seine kolonialen Ansprüche. In Angola entwickelte sich in der Folge ein Bürgerkrieg.
Südafrika geriet aufgrund seiner Apartheidspolitik, mit der die weiße Minderheit die schwarze Majorität jahrzehntelang diskriminierte, unter Druck der Weltöffentlichkeit. Dem Entzug des Mandats über Südwest-Afrika (Namibia) leistete es lange Zeit keine Folge. Nach blutigen Unruhen in den 1980er-Jahren wurde 1990 die Aufhebung der Apartheid verkündet und Namibia in die Unabhängigkeit entlassen. 1994 wurde Nelson Mandela nach den ersten freien Wahlen zum ersten schwarzen Staatspräsident.
Äthiopien musste 1993 die Abspaltung Eritreas akzeptieren, was in der Folge zu auf- und abflauenden kriegerischen Auseinandersetzungen führte.
Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion endeten auch die blutigen Stellvertreterkonflikte, die zwischen 1960 und 1989 seitens der USA und UdSSR in Afrika geführt worden waren. Dadurch konnte es in den 1990er-Jahren im Zuge der „Good Governance“-Diskussion zu Demokratisierungstendenzen in einigen afrikanischen Ländern kommen. Dennoch gibt es bis heute auf keinem anderen Kontinent so viele bewaffnete Konflikte und Binnenflüchtlinge wie in Afrika.
Tiefgreifende Veränderungen gab es in Nordafrika, wo es im Zuge des Arabischen Frühlings zu blutigen Auseinandersetzungen und politischen Umbrüchen in Libyen, Ägypten und Tunesien sowie zu Unruhen, Massenprotesten bzw. Regierungsumbildungen im Sudan, in Algerien, Marokko und Mauretanien kam.
Der jüngste Staat ist die Republik Südsudan, die 2011 nach einem jahrzehntelangem Sezessionskrieg die Unabhängigkeit vom Sudan erlangte. Ungeklärt ist derzeit der politische Status des Territoriums Westsahara. Die UNO drängt auf ein Referendum, bei dem über Unabhängigkeit oder Zugehörigkeit zu Marokko entschieden werden soll. Relikte der Kolonialzeit sind die spanischen Städte Ceuta und Melilla in Nordafrika.