Erde - Bildung

Erde - Erde - Entwicklungsstand der Staaten
978-3-14-100800-5 | Seite 275 | Abb. 4| Maßstab 1 : 180000000

Überblick

Die Karte ermöglicht das Einordnen und Vergleichen von Staaten in Bezug auf die Bildung, die Teilhabe am öffentlichen und politischen Leben und die Sicherung von Kinderrechten. Indirekt ermöglicht sie Rückschlüsse auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Zwei Indikatoren werden dargestellt: die Analphabetenrate und die Schulbesuchsjahre; Letztere gehen als Teilaspekt in den HDI ein.

Die Bildung hat heute in der Entwicklungsarbeit hohe Priorität, da sie als ein Schlüssel zur Lösung weiterer Probleme gilt und oft erst die aktive Teilnahme am wirtschaftlichen und politischen Leben ermöglicht; sei es bei Aufklärungsprogrammen zu HIV/AIDS, bei Schulungsprogrammen im ländlichen Bereich zur Weiterentwicklung von Anbaumethoden, bei der eigenen Vermarktung von selbst produzierten Gütern oder bei der Organisation einer Kooperative.

Alphabetisierung und Gleichberechtigung

Analphabeten sind nach einer Definition der UNESCO Menschen, die nicht in der Lage sind, in einer selbst gewählten Sprache einen einfachen Text über ihre alltägliche Umgebung zu lesen oder zu schreiben. Wer einen solchen Text nur lesen, nicht aber schreiben kann, wird als Semianalphabet bezeichnet. Funktionelle Analphabeten sind Menschen, die Buchstaben erkennen und durchaus in der Lage sind, ihren Namen und ein paar Worte zu schreiben. In Deutschland zählt etwa jeder zehnte Erwachsenen zur Gruppe der funktionalen Analphabeten.

Weltweit sind gegenwärtig mehr Menschen des Lesens und Schreibens kundig als je zuvor. Der Anstieg der Alphabetisierungsraten setzte teilweise schon in den 1970er-Jahren ein und hat sich tendenziell fortgesetzt, auch wenn fehlende finanzielle Mittel für Schulen oder Alphabetisierungskampagnen den Anstieg zeitweise abgeschwächt haben.

Im Jahre 2013 lebten schätzungsweise 781 Mio. Analphabeten auf der Welt (im Jahr 2000 waren es noch 862 Mio.), etwa 64 Prozent von ihnen waren Frauen. Bildung ist ein wesentlicher Aspekt, um eine Gleichberechtigung von Frauen zu erreichen (s. 274.1).

Räumliche Verteilungsmuster

Grundsätzlich zeigen beide Indikatoren eine sehr ähnliche räumliche Ausprägung. Länder mit hohen Werten bei den Schulbesuchsjahren weisen oft auch eine niedrige Analphabetenrate auf.

Analysiert man die räumliche Verteilung, fällt zunächst eine Gruppe hochentwickelter Staaten auf, in denen die Alphabetisierungsrate größer als 90 Prozent ist und in denen mehr als zehn Jahre Schulbesuch Standard sind. Zu dieser Gruppe zählen u. a. die USA und Kanada, fast alle Länder Europas, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland.

Die Staaten Lateinamerikas (wie Argentinien, Chile, Guyana und Kuba) haben fast alle eine annähernd vollständige Alphabetisierung erreicht oder kommen diesem Ziel bereits sehr nahe. Kuba ist ein Beispiel für eine sozialistische Regierung, die bereits früh, in den 1960er-Jahren, flächendeckend Alphabetisierungskampagnen durchgeführt hat und so ein wesentliches Entwicklungshemmnis überwinden konnte. Haiti ist dagegen ein Beispiel für ein unterentwickeltes Land in Lateinamerika, dessen Analphabetenrate hoch ist und in dem die Schulbesuchsjahre nur einen niedrigen Wert erreichen.

In Afrika ist die Alphabetisierung im Süden des Kontinents, namentlich in Namibia, Botsuana, Simbabwe und Südafrika, sowie in Libyen, Kenia, Gabun und Kongo mit Analphabetenraten unter dem Weltdurchschnitt relativ weit fortgeschritten. Viele andere Staaten (wie Marokko, der Niger und der Tschad) weisen hingegen sehr hohe Werte bei Analphabeten auf. Mit Ausnahme Libyens, Gabuns und Botsuanas sind die Werte der Schulbesuchsdauer unterdurchschnittlich. Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass Länder mit einem niedrigen oder niedrigsten Entwicklungsstand auch diejenigen sind, in denen die Frauen im familiären und gesellschaftlichen Leben besonders stark unterprivilegiert sind.

In Asien ist die Lage heterogen. Zu den Ländern mit hohen Alphabetisierungsraten und überdurchschnittlichen Schulbesuchsdauern zählen neben Thailand, Vietnam, China und den Philippinen unter anderem die Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Auf der anderen Seite gibt es noch immer viele Länder, in denen Analphabetismus die Regel ist, besonders bei der marginalisierten ländlichen Bevölkerung sowie bei Frauen, Kindern und Jugendlichen. Oft handelt es sich um Länder, in denen Kinderarbeit verbreitet ist, weil es kein gesetzliches Mindestalter für die Erwerbstätigkeit gibt, und in denen keine oder nur unzureichende Möglichkeiten für den Schulbesuch bestehen. Dies ist überall in Südasien und in Afghanistan der Fall. Allein in Indien waren 2015 rund 264 Mio. Menschen Analphabeten, das ist ein Drittel aller Analphabeten weltweit.

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