El Fasher (Sudan) - Desertifikation in der Sahel-Zone

Afrika - Sahara und Sahel
978-3-14-100770-1 | Seite 175 | Abb. 5| Maßstab 1 : 1500000

Informationen

Das Gebiet um El Fasher in der sudanesischen Krisenregion Darfur liefert ein anschauliches Beispiel für einen stark von der Desertifikation betroffenen Raum in der Sahelzone.

Übernutzung durch Sesshaftigkeit
Die Karte von El Fasher zeigt unter anderem die Landnutzung und die ökologischen Degradationsprozesse vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges in Darfur im Jahr 2003. Die Kampfhandlungen führten zu gewaltigen Umwälzungen in der Verteilung der Bevölkerung und den wirtschaftlichen Tätigkeiten. Die ökologischen Auswirkungen können noch nicht vollständig übersehen und erfasst werden.
Die natürlichen Voraussetzungen der zur Sahara-Randzone gehörigen Region El Fasher sind sehr begrenzt. Bei einer Überstrapazierung der natürlichen Ressourcen durch eine nicht angepasste Landnutzung erschöpft sich die Regenerationskraft der Böden so rasch, dass diese zerstört werden und das Phänomen der Desertifikation einsetzt. Obwohl im Gebiet von El Fasher eine traditionelle Landnutzung vorherrscht, kam es durch die starke Konzentration der Bevölkerung und des Viehbestandes dort zu Übernutzungsschäden. Die Überstockung betrug zeitweilig bis zu 200 Prozent. Durch die zunehmende Sesshaftigkeit der ursprünglich nomadischen Bevölkerung wurden zahlreiche neue Siedlungen und Wasserstellen errichtet, in deren Umkreis das Ausmaß der Überweidungsschäden und der Schäden durch Überkultivierung der leichten Sandböden besonders hoch ist. Für die um sich greifende Desertifikation ist somit in erster Linie der Mobilitätsverlust der Bevölkerung verantwortlich. Bei der einstigen nomadischen Nutzung war die Bevölkerung noch relativ gleichmäßig über das gesamte Gebiet verteilt, was einen wesentlich geringeren Eingriff in das Ökosystem bedeutete.

Dürre und Desertifikation
Auch die Zusammenhänge zwischen Dürre und Desertifikation lassen sich am Beispiel der Region El Fasher gut aufzeigen. Bei dem hier herrschenden ariden bis semiariden Klima mit Jahresniederschlägen zwischen 200 Millimetern im Nordosten und 900 Millimetern in der Gipfelregion des 3088 Meter hohen Djebel Marra im Südwesten sind die Niederschläge durch hohe Saisonalität (Sommer), hohe Variabilität (30 Prozent mittlere Abweichung vom Jahresmittel) und starke Intensität (wolkenbruchartig) geprägt. Ermöglicht wird der Hirseanbau bei 250 mm Jahresniederschlag einzig und allein durch die starke Konzentration der Niederschläge in den Monaten Juli und August, in denen rund 80 Prozent des Gesamtregens niedergehen. Immer wieder auftretende Dürrephasen machen den Anbau jedoch risikoreich; in Trockenjahren fällt die Ernte aus.

Der Darfur-Konflikt
Als sich die Jahresniederschläge zwischen 2000 und 2004 von über 300 Millimetern auf nur noch 120 Millimeter verringertem, kam es zur dritten Hungerkatastrophe innerhalb von nur knapp drei Dekaden. Die sesshaften afrikanischen Ethnien waren von dieser Katastrophe stärker betroffen als die arabischen Nomaden, die vielfach die Gelegenheit nutzten, um Stammesland der Afrikaner zu okkupieren. Die arabisch-dominierte Regierung in Khartum unterstützte die arabischen Stämme gegenüber den bereits seit langem marginalisierten afrikanischen Ethnien unter anderem mit Waffen. Dadurch kam es 2003 zum Ausbruch eines Bürgerkrieges, in dem mehr als 200 000 Afrikaner getötet und weitere 2,5 Mio. Menschen aus ihrer Heimat vertrieben wurden.
Durch den bewaffneten Konflikt kam es zu großräumigen Umweltzerstörungen. Mehr als 1000 Dörfer wurden zerstört. Weite Gebiete wurden dadurch entvölkert, in anderen Regionen wurde das Ökosystem durch die Errichtung von Flüchtlingslagern für mehrere Zehntausende Vertriebene schwer belastet. Im Gebiet des Jebel Marra kam es zu heftiger Bodenerosion, weil die einst von den Fur-Bauern (Darfur = arab. "Land der Fur") gepflegten Hangterrassen verfielen. Allerdings kam es infolge der gewaltsamen Vertreibung vieler Darfuris und der Tötung ihrer Herden in den verlassenen Gebieten auch zu einer Regeneration der Vegetation und des Wildbestandes.
F. Ibrahim

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