Mitteleuropa - Heiliges Römisches Reich um 1648

Deutschland - Mitteleuropa
978-3-14-100870-8 | Seite 65 | Abb. 2| Maßstab 1 : 6000000

Überblick

Als der Dreißigjährige Krieg auf deutschem Boden 1648 mit dem Westfälischen Frieden endete, hinterließ er einen machtlosen Kaiser und verwüstete Landstriche. Deutschland hatte mehr als die Hälfte seiner Einwohner verloren. Die Franzosen, Schweden und Reichsstände verfolgten bei den Friedensverhandlungen jeweils eigene Interessen. Für die katholischen deutschen Fürsten hatte die Erhaltung des erreichten Besitzstandes Priorität, bei den protestantischen Fürsten stand die Rückgewinnung der ehemals geistlichen Gebiete im Vordergrund. Kaiser Ferdinand III. kämpfte vor allem um den Zusammenhalt des Hauses Habsburg in Österreich und Spanien, wurde aber aufgrund des französisch-spanischen Gegensatzes von Frankreich zur Neutralität gezwungen.

Die Gebietsverluste waren nicht sehr groß, aber schmerzhaft. Die schweizerische Eidgenossenschaft und die Republik der Vereinigten Niederlande traten aus dem gemeinsamen Staatenverbund aus. Frankreich sicherte sich den oberelsässischen Sundgau, ein Stammland der Habsburger, und eine Reihe von elsässischen Vogteien. Schweden übernahm Vorpommern einschließlich Rügen sowie die ehemaligen Hochstifte Bremen und Verden und kon-trollierte damit die wichtigsten deutschen Flussmündungen und Häfen. Brandenburg erhielt Hinterpommern, die Anwartschaft auf das Erzbistum Magdeburg (ab 1680 in brandenburgischem Besitz), Minden und Halberstadt. Mit dieser Stärkung des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm begann der Aufstieg Brandenburgs.

Von gravierender Bedeutung waren die Bestimmungen, die das politische System des Reichs betrafen, weil sie das endgültige Ende der monarchischen Zentralgewalt bedeuteten. Der Kaiser wurde in allen wichtigen Reichsangelegenheiten an die Zustimmung der rund 300 Landesherren gebunden, deren Länder man zu souveränen Staaten erklärte. Alle Bündnisse, Gesetze, Kriege und Friedensschlüsse bedurften fortan der Zustimmung der Reichsstände im Reichstag. Dadurch schrumpften die Kompetenzen des Kaisers auf ein Minimum, während insbesondere die größeren Länder innerhalb des Reiches eine nahezu völlige Selbstständigkeit erlangten. Das Heilige Römische Reich wurde dadurch zu einem lockeren Staatenverbund ohne eine zentrale übergeordnete Instanz. Stattdessen gab es einige miteinander konkurrierende Dynastien, deren Streubesitz sich über das ganze Reichsgebiet verteilte.

Der Dreißigjährige Krieg und seine Ursachen

öse Gründe gar keine Rolle mehr. Im Kampf zwischen dem katholischen Frankreich und dem katholischen Habsburg ging es um die politische Vormachtstellung in Europa.

Der Krieg begann im überwiegend protestantischen Böhmen, in dem sich ein Adelsbund gegen die habsburgischen Landesherren und deren Versuche einer gewaltsamen Rekatholisierung zur Wehr setzte. Als die Rebellen nach dem Prager Fenstersturz am 23. Mai 1618 einen eigenen König wählten, entschloss sich Ferdinand II. zum Krieg. Er schlug die Aufrührer in der Nähe von Prag nieder und ließ furchtbare Rache an ihnen nehmen. Auch nachfolgende Gefechte wurden zugunsten der Krone entschieden. Als sich das Gerücht verbreitete, der Kaiser wolle eine Seemacht im Norden errichten, griff 1625 der finanziell vom Ausland unterstützte und von den evangelischen Fürsten gedrängte König Christian von Dänemark ein. Vom böhmischen Adligen Albrecht von Wallenstein, der auf Seiten des Kaisers und der Katholischen Liga gegen die Protestanten kämpfte, wurde Dänemark geschlagen. Auf das Drängen evangelischer Fürsten und unterstützt durch das katholische Frankreich kam nun auch Schweden den Protestanten zu Hilfe. Wieder war es Wallenstein, der sich ihnen entgegenstellte. Als dieser aber begann, eigene politische Interessen zu verfolgen, ließ ihn der Kaiser 1634 ermorden. Zu dieser Zeit hielt Ferdinand II. ganz Oberdeutschland in seiner Hand und schloss Friedensverträge u. a. mit den Fürstentümern Brandenburg, Sachsen und Anhalt. Die Entscheidung über Krieg und Frieden lag aber nicht mehr in seiner Hand. Frankreich unter Kardinal Richelieu schaltete sich nun offen in den Kampf gegen die Übermacht Habsburg ein. Der Krieg der Franzosen, Schweden und ihrer deutschen Verbündeten (1635-1648) gegen den Kaiser und seine Verbündeten endete für diese mit einer Niederlage, während Frankreich als der große Sieger aus dem Konflikt hervorging.

Schlagworte