Europa - Klimazonen (nach A. Siegmund und P. Frankenberg)

Europa - Europa - Klima
978-3-14-100870-8 | Seite 115 | Abb. 5| Maßstab 1 : 36000000

Überblick

Ausgangspunkt für die Klassifikation sind die drei Klimaelemente Temperatur, Niederschlag und potenzielle Landschaftsverdunstung.

Erster Klimaschlüssel: Thermische Klimazonen

Die Einteilung der Erde in fünf thermisch definierte Klimazonen bildet die Basis der Klimaklassifikation. Am Beispiel Europa zeigt sich eine weitgehend zonale Anordnung. Insbesondere über großen Landmassen verlaufen die Klimazonen dagegen oft nicht breitenkreisparallel. So zeigt sich zum Beispiel über West- und Nordeuropa eine Ausbuchtung der Mittelbreiten nach Norden, hervorgerufen durch den Golfstrom, eine warme Meeresströmung, die bis in Gebiete nördlich des Polarkreises reicht.

Zweiter Klimaschlüssel: Trockenklimate

Auf der Ebene dieses Klimaschlüssels werden zusätzlich die ariden bzw. semiariden Trockenklimate zusammengefasst. Zur Abgrenzung wird die 250-Millimeter-Isohyete der jährlichen Niederschlagsmenge genutzt. Unterschreitet die Niederschlagsmenge eines Ortes die potenzielle Landschaftsverdunstung (N

Dritter Klimaschlüssel: Wärmehaushalt/Kontinentalität

Auf der dritten Gliederungsebene des Klassifikationsansatzes nach Siegmund/Frankenberg kommt die thermische Kontinentalität zur Anwendung. Dieses statistische Maß basiert auf der Jahresamplitude der monatlichen Durchschnittstemperaturen. Mit ihrer Hilfe lassen sich vier Kontinentalitäts- bzw. Maritimitätsgrade unterscheiden, die mit Zahlen abgekürzt werden: hochmaritim, maritim, kontinental und hochkontinental. Sie werden außerhalb der Tropen angewendet (dort wäre die Jahresamplitude gleichmäßig gering und daher nicht aussagekräftig) und sind als Farbstufen der thermischen Klima-zonen dargestellt.

Kombination der Klimaschlüssel.

Durch die Kombination der beschriebenen Ebenen ergibt sich ein dreigliedriger Klimaschlüssel. Weite Teile Mitteleuropas liegen beispielsweise in einem maritimen Klima der Mittelbreiten. Ägypten liegt im Bereich der ariden Tropen bzw. Subtropen. Im Mittelmeerraum zeigt sich ein Gegensatz zwischen maritim beeinflussten, warmen und von subtropischen Win-terregen geprägten Räumen im Norden bzw. im Luv großer Gebirgsketten und subtropischen Trockenklimaten, die weite Teile Libyens und Ägyptens prägen.

Zur Bewertung der klimatischen Gegebenheiten eines Ortes ist es jeweils sinnvoll, entsprechende Klimadiagramme bestimmten Klimazonen und Klimatypen zuzuordnen. Eine solche Einordnung kann anhand der markierten Stationen erfolgen.

Europa Vegetation und Landwirtschaft

Während der jüngsten Vergletscherungsphase des pleistozänen Eiszeitalters waren große Teile Europas noch von Eismassen bedeckt. Bis vor 2000 Jahren hatte sich auf dem Kontinent mit der sesshaften Lebensweise eine Landwirtschaft etabliert, aber die Unterschiede zwischen dem kulturell fortschrittlichen Römischen Reich und den vergleichsweise archaischen Germanien waren groß - und landschaftsprägend. Heute werden die meisten Regionen Europas verbreitet landwirtschaftlich genutzt, sofern nicht naturräumliche Ungunst dies verhindert.

Landwirtschaft (116.1)

Bei der landwirtschaftlichen Nutzung Europas lassen sich fünf Haupttypen unterscheiden, für die bestimmte Leitpflanzen mit ihren jeweiligen ökologischen Ansprüchen charakteristisch sind.

Die Zone des borealen Nadelwalds in Nordeuropa wird fast ausschließlich forstwirtschaftlich genutzt. Vielerorts ist die Waldnutzung die Grundlage von Produktionszweigen wie der Holz-, Möbel-, Papier- oder Zelluloseindustrie. Die nördliche Anbaugrenze des Getreides folgt grob dem Polarkreis, zeigt aber an der norwegischen Küste eine klimatisch bedingte Ausbuchtung nach Norden, die sich dem Einfluss des Golfstroms verdankt. In den Skanden und dem Ural weist sie hingegen aufgrund der Höhenlage eine Ausbuchtung nach Süden auf. Die ackerbauliche Nutzung ist nördlich des 60. Breitengrades nur inselhaft möglich. Sie konzentriert sich auf den Küstensaum und die unmittelbare Umgebung einiger Flussläufe mit guten Auenböden.

Zusammenhängendes Dauergrünland mit Wiesen und Weiden findet sich vor allem im maritimen Nordwesten des Kontinents mit seinen milden, feuchten Wintern und kühlen, feuchten Sommern. Es ist dort die Basis der Rinderhaltung und Milcherzeugung. Hohe Grünlandanteile hat vor allem Irland, in Deutschland stechen Niedersachsen und Schleswig-Holstein hervor. Auch Höhenlagen der Gebirge weisen oft hohe Grünlandanteile auf. Daneben können landschaftsökologische Faktoren wie Moorböden mit hohen Grundwasserständen oder Überflutungen Gründe für die Nutzung als Grünland sein (zum Beispiel an den Unterläufen großer Flüsse wie Elbe und Rhein).

Eine Zone des Roggen-, Gerste- und Kartoffelanbaus, oft ergänzt durch intensive Viehhaltung, bestimmt die Agrarlandschaft Nordosteuropas. Roggen ist nicht nur relativ frosthart, sondern auch anspruchslos im Hinblick auf Boden und Klima. Die Anbaufläche geht dennoch zurück, weil der Weizenanbau, der höhere Erträge und Erlöse bringt, durch die Züchtung neuer Sorten immer stärker nach Norden vordringt. Gerste dient vor allem als Futtermittel und zur Bierherstellung. Die Kartoffel ist in Bezug auf das Klima sehr anpassungsfähig und akzeptiert kühle und luftfeuchte Witterung. In den Alpen gedeiht sie bis in Höhenlagen von 1500 bis 2000 Metern.

Die Zone des Weizen- und Zuckerrübenanbaus ist durch vielfältigen Anbau geprägt, auch von Futterpflanzen für eine intensive Viehhaltung. Im Unterschied zur vorgenannten Zone sind die Böden jedoch deutlich besser. Weizen stellt im Unterschied zum Roggen hohe Ansprüche an Klima und Böden; bevorzugt gedeiht er auf Lössböden und Schwarzerde. Für gute Erträge benötigt er milde Winter, Niederschläge zur Hauptwachstumszeit und eine sommerliche Trockenzeit zur Reife.

Ähnliches gilt für die Zuckerrübe, daher treten beide oft gemeinsam auf (ausgenommen Standorte wie östlich der Wolga, Norden Afrikas). Am besten gedeiht die Zuckerrübe auf guten, lockeren Böden im milden, maritimen Klima mit hoher Luftfeuchtigkeit. Nach Süden und Osten tritt der Anbau von Körnermais und Sonnenblumen zur Ölgewinnung hinzu.

Diese fast waldfreie Zone nähert sich östlich der Wolga der Trockengrenze des Ackerbaus; im Übergangsbereich zur Zone der Halbwüsten und Wüsten wird häufig Viehhaltung betrieben. Im Süden geht sie dagegen in die Zone des mediterranen Anbaus über, der charakterisiert wird durch die Kultivierung wärmeliebender Obst-, Gemüse- und Sonderkulturen. Traditionell wird er durch die Verbreitung des frostempfindlichen Olivenbaums definiert, dessen Anbaugrenze in Südfrankreich liegt. Eine zweite Gruppe von Leitpflanzen bilden die Zitrusfrüchte, die nicht nur Wärme, sondern auch viel Feuchtigkeit (1200 bis 2000 mm/Jahr) benötigen, weshalb sie vielerorts nur mit künstlicher Bewässerung angebaut werden können. Auch die wichtigste Reisanbauregion Europas, Norditalien, liegt in dieser Zone. Etwas kältetoleranter ist die Weinrebe, weshalb sie auch in Deutschland, Österreich oder Frankreich zu finden ist.

Korkeichen werden vor allem in Portugal und Spanien, aber auch in Marokko, Tunesien und Algerien angebaut. Der Tabakanbau ist im gesamten mediterranen Raum von Portugal bis zur Ägäis zu finden. Von wirtschaftlicher Bedeutung ist er allerdings nur in Griechenland, Italien und Bulgarien. Sojabohnen und Baumwolle werden vergleichsweise wenig angebaut. Größere Sojaproduzenten sind einzig Russland und die Ukraine, bei der Baumwolle ist Griechenland führend. Den Anbau von Dattelpalmen gibt es ausschließlich südlich des Mittelmeeres. Die pflanzliche Erzeugung in der Region wird durch die Haltung von Schafen, Rindern, Schweinen und Ziegen ergänzt.

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