Hochtal von Mexiko - Mexiko-Stadt heute

Amerika - Kalifornien (USA)/Mexiko - Tallandschaften im Wandel
978-3-14-100870-8 | Seite 227 | Abb. 5| Maßstab 1 : 500000

Überblick

Mexiko-Stadt ist der größte städtische Agglomerationsraum in Mittelamerika und eine der globalen Megastädte. In der City leben fast 9 Mio. Einwohner, in Stadt und Umland über 20 Mio. Der Agglomerationsraum ist mit 7866 Quadratkilometern knapp halb so groß wie Thüringen. Mexiko-Stadt liegt in einem abflusslosen Hochtal der Kordilleren in einer Höhe von etwas über 2200 Metern. Die umrahmenden Gebirgszüge mit ihren Vulkanen erheben sich an der Ostflanke über 5000 Meter hoch (Ixtaccihuati: 5286 m), im Süden in der Sierra del Ajusco bis knapp 4000 Meter und im Westen in der Sierra las Cruces bis 3193 Meter Höhe.

Diese Kessellage, die den Azteken einen natürlichen Schutz bot (vgl. Karte 227.4), ist heute ein strukturelles Problem der Megastadt. Sie äußert sich bei zunehmender Bevölkerungs-, Autoverkehrs- und Industrieverdichtung in nicht ausreichender Ventilation:

• horizontal, indem die am Nordeingang des Hochtals freigesetzten Industrie-Emissionen mit der nordöstlichen Passatströmung in den Hochtalkessel getrieben werden und nicht zurückfließen,

• vertikal, indem der so gerichtete Luftaustausch durch die nicht seltenen Inversionswetterlagen behindert oder gar unmöglich gemacht wird.

Die Folge ist eine starke Belastung der Luft mit Abgasen von Kraftfahrzeugen und Industrie, Smog, Staub und Schmutzpartikeln. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist die Luftqualität in Mexiko-City eine der schlechtesten weltweit.

Stadtentwicklung und Umweltprobleme

Die Grenzen des einstigen Texcoco-Sees hat die Stadt längst überschritten. Voraussetzung dafür waren umfangreiche Maßnahmen zur Entwässerung durch Kanäle und Gebirgsdurchstiche, wobei es Rückschläge in Form verheerender Überschwemmungen und Verschüttungen gab. Durch die Absenkung des Grundwasserspiegels sackte der städtische Baugrund ab, weshalb noch heute Unterführungen und Metroeingänge oft in kürzester Zeit unter Wasser stehen. Gebietsweise liegt der Boden zehn Meter unter dem ursprünglichen Niveau.

Südlich des kleinen Texoto-Reliktsees (im Nordosten) wurden Rückhaltebecken angelegt, um die saisonalen Seespiegelschwankungen einzudämmen. Diese hatten eine Vegetationsbedeckung verhindert, weshalb die Stadt regelmäßig von Staubstürmen ("Tolvaneras") heimgesucht wurde. Überdies wurden große Teile des ehemaligen Seegrundes begrünt. Die Trinkwasserversorgung der Stadt wird durch Wasserzuleitung aus den benachbarten Hochtälern sichergestellt, weil der Verbrauch den natürlichen Zufluss um mehr als das Doppelte überschreitet.

Zur Verbesserung der Luftqualität wurden veraltete Industrieanlagen geschlossen oder modernisiert. Weitere Maßnahmen waren temporäre Fahrverbote für Autos sowie die Umstellung auf schadstoffarme Kraftstoffe und die Einführung von Katalysatoren. Überdies wird die Hauptstadt seit der Jahrtausendwende durch die Auslagerung von "schmutzigen" Industrien in peripher gelegene Industrieparks mit günstiger Verkehrsanbindung (zum Beispiel Cuautitlán im Norden, Iztapalapa im Osten) entlastet.

Im Zuge des wirtschaftlichen Entwicklung hat sich die Zahl der Beschäftigten im tertiären Sektor in jüngster Zeit mehr als verdoppelt. Die Hauptstadt ist nicht mehr nur das politische und kulturelle Zentrum des Landes, sondern inzwischen auch ein Finanz- und Dienstleistungszentrum von kontinentalem Rang.

Die Bevölkerung von Mexiko-City ist seit 1950 in verschiedenen Phasen sprunghaft gewachsen, allein zwischen 1950 und 1970 von 3,1 Mio. auf 6,8 Mio., vor allem durch Binnenmigration. Ein Großteil der Zuwanderer zog in marginalisierte "Ciudades Proletarias" wie die - bis heute eigenständige - Vorstadt Nezahualcóyotl (1,1 Mio. Einwohner) oder in "Zonas Marginales", informelle Siedlungen, die über das ganze Stadtgebiet verstreut liegen. Zum Teil haben sich diese Viertel im Laufe der Zeit konsolidiert, doch noch immer fehlt es vielerorts an ausreichender Infrastruktur im Hinblick zum Beispiel auf die Strom- und Trinkwasserversorgung oder die Abwasserentsorgung.

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