Europa - Landwirtschaft

Europa - Landwirtschaft
978-3-14-100900-2 | Seite 100 | Abb. 1| Maßstab 1 : 16000000

Überblick

Bei der landwirtschaftlichen Nutzung Europas lassen sich fünf räumliche Haupttypen unterscheiden. Charakteristisch für sie sind bestimmte Leitpflanzen mit ihren jeweiligen ökologischen Ansprüchen.

Zone des borealen Nadelwalds

Die Zone des borealen Nadelwaldes in Nordeuropa wird fast ausschließlich forstwirtschaftlich genutzt. Die Waldnutzung ist an zahlreichen Standorten die Grundlage ganzer Produktionszweige wie der Holz-, Möbel-, Papier- oder Zelluloseindustrie. Die nördliche Anbaugrenze des Getreides folgt grob dem Polarkreis, zeigt aber an der norwegischen Küste eine klimatisch bedingte Ausbuchtung nach Norden, die sie dem Einfluss des Golfstroms verdankt. In den Skanden und dem Ural weist sie hingegen aufgrund der Höhenlage eine Ausbuchtung nach Süden auf. Die ackerbauliche Nutzung in dieser Zone ist nördlich des 60. Breitengrades nur noch inselhaft möglich. Sie konzentriert sich auf den Küstensaum und die unmittelbare Umgebung von Flussläufen mit guten Auenböden.

Zone des Dauergrünlands

Zusammenhängendes Dauergrünland mit Wiesen und Weiden findet sich vor allem im maritimen Nordwesten des Kontinents mit seinen feuchten milden Wintern und den kühlen, feuchten Sommern. Es ist dort die Basis der Rinderhaltung und Milcherzeugung. Hohe Grünlandanteile hat vor allem Irland, in Deutschland stechen Niedersachsen und Schleswig-Holstein hervor.

Auch die höheren Lagen der Gebirge weisen oft hohe Grünlandanteile auf, etwa das Alpenvorland und die Alpen. Das Vorkommen von Dauergrünland in den Gebirgen ist abhängig vom Relief und der Höhenlage. Dort gibt es auch Gebiete mit einem hohen Waldanteil. Beispiele dafür liefern das Französische Zentralmassiv, das Dinarische Gebirge, die Gebirgszüge auf der Iberischen Halbinsel, der Taurus und der Kaukasus. Die ökologische Höhengrenze des Ackerbaus liegt aus Rentabilitätsgründen meist deutlich höher als die tatsächliche Anbaugrenze.

Daneben können landschaftsökologische Faktoren wie Moorböden mit hohen Grundwasserständen oder Überflutungen Gründe für die Nutzung als Grünland sein (z. B. an den Unterläufen großer Flüsse wie Elbe und Rhein).

Zone des Roggen- und Kartoffelanbaus

Eine Zone zusammenhängenden Ackerbaus mit Roggen, Gerste und Kartoffeln als Hauptprodukten bestimmt die Agrarlandschaft Nordosteuropas. Neben dem Feldbau gibt es hier vielerorts auch eine intensive Viehhaltung, insbesondere von Schweinen und Rindern.

Roggen ist nicht nur relativ frosthart, sondern auch anspruchslos im Hinblick auf Boden und Klima. Die Anbaufläche geht dennoch zurück, weil der Weizenanbau, der höhere Erträge und Erlöse bringt, durch die Züchtung neuer Sorten immer stärker nach Norden vordringt. Gerste wird in Europa überwiegend als Futtermittel und zur Bierherstellung angebaut. Sie hat eine kurze Vegetationszeit und stellt hohe Ansprüche an den Boden.

Die Kartoffel hat sich aufgrund ihrer hohen Mengenerträge im mittleren und nördlichen Europa in den letzten Jahrhunderten zum Grundnahrungsmittel entwickelt. Sie ist in Bezug auf das Klima sehr anpassungsfähig und akzeptiert auch kühle und luftfeuchte Witterung. In den Alpen gedeiht sie bis in Höhenlagen von 1 500 bis 2 000 Metern.

Zone des Weizen- und Zuckerrübenanbaus

Die Weizen-Zuckerrüben-Zone ist durch einen vielfältigen Anbau geprägt, der Futterpflanzen einschließt und dadurch eine intensive Viehhaltung ermöglicht. Im Unterschied zur vorgenannten Zone liegen hier jedoch deutlich bessere Böden vor. Im Übergangsbereich zur Zone der Halbwüsten und Wüsten liegen häufig Gebiete, die für die Viehhaltung genutzt werden.

Weizen stellt im Unterschied zum Roggen höhere Ansprüche an das Klima und den Boden. Bevorzugt gedeiht er auf Lössböden und Schwarzerde. Wichtige Voraussetzungen für gute Erträge sind milde Winter, ausreichende Niederschläge zur Hauptwachstumszeit und eine sommerliche Trockenzeit zur Reife.

Die Standortansprüche der Zuckerrübe ähneln denen des Weizens, weshalb Zuckerrüben und Weizen häufig gemeinsam auftreten. Ausnahmen von dieser Regel sind einige Standorte östlich der Wolga und im Norden Afrikas. Beste Wachstumsbedingungen hat die Zuckerrübe bei sehr guten, lockeren Böden im milden, maritimen Klima mit hoher Luftfeuchtigkeit. Gegen Ende der Wachstumszeit benötigt sie eine hohe Sonneneinstrahlung. Nach Süden und Osten tritt der Anbau von Körnermais und von Sonnenblumen zur Ölgewinnung hinzu. Der Körnermais für die Lebensmittelindustrie ist vom Futtermais zu unterscheiden.

Zone des mediterranen Anbaus

Der mediterrane Anbau zeichnet sich durch eine Vielfalt wärmeliebender Nutzpflanzen aus, seine Schwerpunkte sind der Obst- und Gemüseanbau und Sonderkulturen. Traditionell wird er durch die Verbreitung des Ölbaums definiert, der als subtropische Pflanze eine mittlere Jahrestemperatur von 15 °C bis 22 °C und eine jährliche Niederschlagsmenge zwischen 500 und 700 Millimetern benötigt. Da der Ölbaum sehr frostempfindlich ist, liegt seine Anbaugrenze bereits im Süden Frankreichs.

Eine zweite Gruppe von Leitpflanzen bilden die Zitrusfrüchte, die nicht nur Wärme, sondern auch viel Feuchtigkeit (1 200 bis 2 000 mm/Jahr) benötigen, weshalb sie vielerorts nur mit künstlicher Bewässerung angebaut werden können. Bei den Gemüsesorten haben die Tomaten, vor allem die Busch- oder Feldtomate, eine besondere Stellung. Auch die wichtigste Reisanbauregion Europas, Norditalien, liegt in dieser Zone. Etwas kältetoleranter ist die Weinrebe, weshalb sie auch in Deutschland, Österreich oder Frankreich zu finden ist.

Korkeichen werden in Europa vor allem in Portugal und Spanien, aber auch in Marokko, Tunesien und Algerien angebaut.

Den Tabakanbau, den es in früheren Jahrhunderten auch in Deutschland noch in größerem Umfang gab, ist noch immer im gesamten mediterranen Raum von Portugal bis zur Ägäis zu finden. Von wirtschaftlicher Bedeutung ist er allerdings nur noch in Griechenland, Italien sowie in Bulgarien. Sojabohnen und Baumwolle werden in Europa im internationalen Vergleich nur in geringen Mengen angebaut, in Italien allerdings mit ansteigender Tendenz. Andere größere Sojaproduzenten sind Russland und die Ukraine. Die Baumwolle hat in Europa einzig in Griechenland eine nennenswerte wirtschaftliche Bedeutung.

Ausschließlich südlich des Mittelmeeres findet sich der Anbau von Dattelpalmen, deren sehr zuckerreiche Früchte sowohl frisch als auch gepresst verzehrt oder zu anderen Produkten wie Palmwein und Dattelhonig verarbeitet werden. Die pflanzliche Erzeugung in der gesamten Mittelmeerregion wird durch die Haltung von Schafen, Rindern, Schweinen und Ziegen ergänzt.

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Diercke

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