Überblick
Die Karte der Innenstadt von Berlin spiegelt die jüngere Geschichte der jahrzehntelang geteilten Stadt wider. Sie zeigt den Status quo der beiden traditionellen Stadtzentren in West und Ost sowie das seit 1990 neu entstandene Zentrum am Potsdamer Platz.
Alte und neue Hauptstadt
1871 wurde Berlin Hauptstadt des Deutschen Kaiserreiches, nach dem Ende des Ersten Weltkriegs war es Hauptstadt der Weimarer Republik. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) verlagerte sich das politische Zentrum der Hauptstadt Ost-Berlin in die Mitte des alten Stadtkerns, auf und um die Spreeinsel. Der politische Umbruch in der DDR führte am 3. Oktober 1990 zur Wiedervereinigung Deutschlands und somit auch beider Stadthälften, West-Berlin und Ost-Berlin. Am 20. Juni 1991 beschloss der Deutsche Bundestag die Verlegung seines Sitzes von Bonn nach Berlin und stellte damit die Weichen für die künftige städtebauliche Entwicklung. Im Laufe des folgenden Jahrzehnts wurde die volle Funktionsfähigkeit Berlins als Parlaments- und Regierungssitz erreicht. In dieser Zeit wurde im historischen Stadtkern und besonders an seinem westlichen Übergang zum Tiergarten, um das Reichstagsgebäude und das Brandenburger Tor, ein neues Regierungszentrum aus Neubauten und bestehenden Regierungsbauten der DDR aufgebaut. 1994 wurde das im Tiergarten gelegene Schloss Bellevue auf Initiative Richard von Weizsäckers zum ersten Amtssitz des Bundespräsidenten. In der Folgezeit entstand in unmittelbarer Nähe das Bundespräsidialamt. Die Bundesregierung, der Bundestag im Reichstagsgebäude und der Bundesrat haben seit 1999 den Betrieb in der Hauptstadt aufgenommen. Im Jahr 2001 wurde das Bundeskanzleramt eingeweiht und vom damaligen Bundeskanzler bezogen. Die meisten diplomatischen Vertretungen anderer Staaten verlegten ihren Sitz von Bonn nach Berlin. Ebenso sind alle 16 Bundesländer (einschließlich Berlin) mit einer Landesvertretung in der Hauptstadt ansässig. Auch die Mehrheit der Bundesministerien zog nach Berlin um. Nach dem Berlin/Bonn-Gesetz von 1994 befinden sich allerdings einige Bundesministerien und andere Bundesinstitutionen nach wie vor in Bonn, wo weiterhin ungefähr die Hälfte der Ministeriumsangestellten tätig ist. Alle Bundesministerien haben in Bonn und Berlin entweder ihren Erst- oder ihren Zweitsitz.
Stadtentwicklung im getrennten und vereinten Berlin
Nach den unterschiedlichen Entwicklungen der beiden „Teil-Städte“ West-Berlin und Ost-Berlin während der Teilung der Stadt, setzte nach der Wiedervereinigung 1990 eine Entwicklung ein, die vom Dienstleistungssektor bestimmt wurde (vor allem Handel, Kultur, Unterhaltung) und zum Teil neue Stadtstrukturen hervorbrachte. Die traditionellen Verkehrsstrukturen waren 1945 zum großen Teil zerstört, andere wurden 1961 durch die Teilung der Stadt unterbrochen. Nach 1961 wurden in beiden Stadtteilen voneinander weitgehend unabhängige Verkehrsstrukturen geschaffen, was Fernbahnen, U-Bahnen, Straßenbahnen, Autobahnen und Flughäfen betrifft. Seit 1990 wurden die Lücken innerhalb der neuen Stadtgrenze, aber auch außerhalb, mit großem Aufwand wieder geschlossen. Kernstücke der Verkehrsinfrastruktur des heutigen Berlins sind der neue Hauptbahnhof sowie der Großflughafen Berlin Brandenburg (BER), dessen pannen- und skandalträchtige Ausführung 2006 auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Schönefeld begann und der schließlich 9 Jahre nach der für 2011 geplanten Fertigstellung am 31. Oktober 2020 in Betrieb gehen konnte.
Ost-West-Unterschiede
Die stark kriegszerstörte Innenstadt von Ost-Berlin wurde zwischen 1945 und 1989 nach Maßgaben des sozialistischen Städtebaus umgestaltet, Grundlage der Baumaßnahmen war der Generalbebauungsplan von 1968. Bestimmt wurde das Stadtbild vor allem durch die Einheitspartei SED und die Einheitsregierung, durch Kultur und Bildung, aber auch durch Wohnbauten. Das Geschäftszentrum verlagerte sich ostwärts an den Alexanderplatz und in die Karl-Marx-Allee. Erst in den 1980er-Jahren setzte mit dem Neuaufbau des Nikolaiviertels und der Errichtung von mehreren „Devisenhotels“ eine stärkere Kommerzialisierung des Zentrums ein. Am östlichen Stadtrand von Ost-Berlin entstanden mit Marzahn für 110 000 Menschen und Hellersdorf für 80 000 Menschen die mit Abstand größten von vielen sozialistisch geprägten Großwohnsiedlungen, die seit den 1950er-Jahren in der DDR errichtet wurden.
Der Citybereich von West-Berlin war hingegen traditionell vor allem Kultur-, Geschäfts- und Unterhaltungszentrum. Nach der Teilung der Stadt wuchs die City in Richtung des Kurfürstendamms, verbunden mit einem Funktionswandel in den Altbauvierteln Charlottenburgs. Zum neuen Schwerpunkt wurden hier Geschäfte für den gehobenen Einzelhandel, Unterhaltungsstätten und Dienstleistungen, während die Nutzung als Wohnviertel rückläufig war. Mit dem weiträumigen Kulturforum entstand am östlichen Cityrand, in unmittelbarer Nähe großer Stadtbrachen und der Berliner Mauer im Bereich des Leipziger Platzes, ein neues kulturelles Zentrum. Staatliche Einrichtungen und einige Kulturstätten konzentrierten sich nicht in der City, sondern lagen über die Stadt verstreut (Senatsverwaltungen, Museen in Dahlem und Charlottenburg, Freie Universität in Dahlem). Nach der Teilung 1961 orientierte sich die städtebauliche Entwicklung in West-Berlin nicht mehr, wie bislang, an den Verkehrsachsen der S-Bahn. Die neuen Industrie- und Wohngebiete entstanden vielmehr auf den noch freien Flächen zwischen Bahntrassen, einige Großwohnsiedlungen auch am „grünen“ Stadtrand (Gropiusstadt, Märkisches Viertel).
Tourismus in Berlin
Immer wichtiger für Berlin wird der Tourismus. Berlin ist eines der meistbesuchten Zentren des nationalen und internationalen Städtetourismus. Die Anzahl der Übernachtungen, Gäste, der neu gebauten Hotels und deren Bettenkapazitäten steigt seit 2001 überdurchschnittlich an. Mit 30,6 Millionen Übernachtungen insgesamt, davon 17,8 Millionen aus Deutschland sowie 12,8 Millionen aus dem Ausland (Stand 2024) ist Berlin das beliebteste Reiseziel in Deutschland. Die meisten internationalen Gäste kommen aus Großbritannien, den Vereinigten Staaten, Niederlande, Polen und Italien. Die Hauptanziehungspunkte für Touristen sind historische Stätten, Museen, Festivals und das Nachtleben. In Berlin gibt es jedes Jahr zahlreiche Großveranstaltungen, die Hunderttausende Besucher zählen. Berlin ist außerdem einer der größten internationalen Messe- und Kongressveranstalter der Welt, die Grüne Woche und Internationale Funkausstellung sind global bedeutsame Messeereignisse.
D. Falk, M. Felsch