Nürnberg (Bayern) - Strukturen einer Großstadt

Deutschland - Bevölkerung und Städte
978-3-14-100941-5 | Seite 37 | Abb. 2 | Maßstab 1 : 100000

Überblick

Mit der Gunst des Königs entwickelte sich Nürnberg, das um 1050 erstmals erwähnt wurde, im Laufe des Mittelalters nicht nur zu einer der bedeutendsten, sondern mit einer Bevölkerung von rund 50 000 Menschen (um 1500) auch zu einer der größten deutschen Reichsstädte. Monatelange Reichstage, ab 1424 auch die dauerhafte Verwahrung der Reichskleinodien, ließen die Stadt mit der Kaiserburg phasenweise wie Deutschlands Hauptstadt erscheinen.

Mittelalter und frühe Neuzeit

Einer der Gründe für diese Entwicklung war, dass sich hier wichtige Überlandstraßen, zum Beispiel die viel befahrene Alpenroute nach Venedig, kreuzten. Der Wohlstand Nürnbergs beruhte daher vor allem auf dem europaweiten Fernhandel seiner Kaufleute und einem eigenen, hochspezialisierten und kunstreichen Handwerk. Die Nähe zum Eisen der Oberpfalz und den böhmischen Erzgruben führte zum Aufbau metallverarbeitender Gewerbe. An Flüssen und Teichen siedelten sich Hammerwerke an. Bereits um 1400 gliederte sich Nürnbergs Metallgewerbe in rund 40 Zweige, darunter Geschützgießer, Harnischschmiede, Weißblech- und Messingwarenhersteller, Trompetenmacher, Messerer und Fingerhuterer.

Der Dreißigjährige Krieg beendete jedoch diese Glanzzeit. Die unsicher gewordenen Handelswege, eine neue Konkurrenz durch die Überseehäfen am Atlantik, die Zollschikanen der angrenzenden Markgrafen von Ansbach-Bayreuth, der Verlust kaiserlicher Sympathie durch den Übertritt zum Luthertum (1525) und andere konfessionelle Schranken, uneinsichtig kleinliche Gewerbevorschriften im Innern und Pestwellen lähmten die Stadt. Im 18. Jahrhundert war Nürnberg schwer verschuldet.

Nürnberg in der Moderne

1806 wie ganz Franken dem Königreich Bayern einverleibt, kam Nürnberg erst im Industriezeitalter wieder voran. Die Bevölkerung wuchs von 47 000 (1840) auf 429 000 (1940). Die erste deutsche Eisenbahnlinie verband ab 1835 Nürnberg mit dem benachbarten Fürth. Hopfenhandlungen, Spielzeug- und Bleistiftfabriken und Großbetriebe wie die Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (MAN) oder die Firma Siemens-Schuckert wurden gegründet. Ihr historisches Standortmerkmal, Verkehrsknotenpunkt zu sein, erneuerte die Stadt durch die Errichtung eines bedeutenden Güterrangierbahnhofs im Süden, von dem Industriegleise als Ringbahn um die Stadt führten. Weiter verbesserte sich die Verkehrslage durch den Ludwig-Donau-Main-Kanal (erbaut 1836-1846) und den größeren Rhein-Main-Donau-Kanal (erbaut 1960-1992), zahlreiche Autobahnen, einen internationalen Flughafen und neue S-Bahn-Linien für den Personennahverkehr. Eine 1994 im Rahmen der „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ begonnene ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse von München nach Berlin wurde 2017 bis Erfurt fertiggestellt und wird gegenwärtig mit dem Streckenabschnitt Erfurt – Halle vollendet (Inbetriebnahme 2028).

Rege Neubautätigkeiten konnten einsetzen, als Nürnberg im Jahr 1866 aus der militärischen Festungspflicht entlassen wurde und nicht länger das Schussfeld vor den historischen Stadtmauern freihalten musste. Dies ließ die dörflichen Siedlungskerne im Umland im Laufe der Zeit und vor allem nach 1945 immer mehr mit der Stadt zusammenwachsen.

Heute ist die Metropolregion Nürnberg mit 3,6 Mio. Menschen und einem BIP von mehr als 150 Mrd. Euro eine der größten Wirtschaftsstandorte in Deutschland. Im Industriesektor stehen nicht mehr die Metallverarbeitung und der Maschinenbau an der Spitze, sondern die Elektrotechnik. Das hat unter anderem mit der Firma Siemens zu tun, die 1945 ihre Verwaltung und etliche Produktionsbereiche aus dem geteilten Berlin nach Erlangen verlagerte. Unter den deutschen Technologieregionen nimmt die Region Nürnberg heute eine führende Rolle ein. Außerdem hat sich Nürnberg als Messezentrum etabliert.

Ein großer Teil der Bevölkerung lebt in den Wohnvororten, die als „Speckgürtel“ die Zentralstädte erweitern, in Eigenheimen mit Garten. Der östlich anschließende Reichswald wurde durch das Siedlungswachstum und den Flächenbedarf des Auto-, Bahn- und Schiffsverkehrs im Verlauf des 20. Jahrhunderts stark zurückgedrängt bzw. zerschnitten.

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