Überblick
Relativ große Teile Südostasiens werden noch immer von Regenwald bedeckt, dessen Flächen aber immer weiter zurückgehen (s. 178.1). Diese starke Dezimierung nimmt alarmierende Ausmaße an. Die Hauptursachen des drastischen Waldrückgangs sind Holzeinschlag für die Industrie, Brandrodungen für die Plantagenwirtschaft bzw. für andere landwirtschaftliche Nutzungen.
Im Kartenbild ist der Waldrückgang durch einen Vergleich Borneos bzw. Sulawesis heute (s. 122.1) und 1980 zu erschließen. Obwohl es dort bis heute noch vergleichsweise dichte und geschlossene Waldgebiete gibt, zeigen sich doch insbesondere an den Küsten und entlang von Entwicklungsachsen starke Veränderungen. Hier scheinen Palmölplantagen einen ähnlich großen Raum einzunehmen wie zuvor (1980) noch der tropische Regenwald.
Verlust an Regenwäldern
Die großzügige Vergabe von Einschlagkonzessionen für die Holzwirtschaft begann in den 1960er- und 1970er-Jahren zunächst auf den Philippinen und in Thailand, dann in Malaysia und Indonesien. Für die südostasiatischen Länder bot die Nachfrage nach billigem Tropenholz auf dem Weltmarkt die Möglichkeit zur Beschaffung dringend benötigter Devisen. Ab den 1990er-Jahren war der Boom der Palmölproduktion ein Hauptgrund für die raumgreifenden Rodungen. Instabile politische Verhältnisse, Korruption und wirtschaftliche Not stellen die Bedürfnisse von Landschafts- und Artenschutz dabei in den Hintergrund.
Reste zusammenhängender Primärwälder bestehen heute nur noch in unzugänglichen Räumen. Thailand und die Philippinen müssen heute sogar Holz importieren.
Auch das Bohren und Fördern von Erdöl und Erdgas durch große Konzerne aus Europa, Amerika und Australien machen Borneo, der mit gut 750 000 Quadratkilometer drittgrößten Insel der Welt, zusätzlich zu schaffen. Kohle wird im Tagebau gefördert, vorwiegend an der Ostküste der Insel. Weltweit entstehen Häuser aus dem Holz der Borneo-Regenwälder. Erkennbar ist das an den vielen Holzwirtschaftssignaturen im Küstenbereich der aktuellen Karte. Die Palmölplantagen fressen den Lebensraum der tropischen Regenwälder mit unglaublicher Artenvielfalt auf. Aber auch der Anbau von Kautschuk sowie von Kokosölpalmen wird immer weiter ausgedehnt. Im Süden wird Bauxit gefördert und in einer Aluminiumraffinerie verarbeitet. Trotz des Reichtums der Insel lebt die Mehrheit der Bevölkerung in bitterer Armut.
Der Wandel auf der Insel Borneo in den letzten 40 Jahren ist enorm und steht stellvertretend für die Ausbeutung der Ressourcen im südostasiatischen Raum. Auf dem östlich benachbarten, knapp 190 000 km2 großen Sulawesi verlief die Entwicklung ganz ähnlich, wie der Kartenvergleich zeigt. Die Bemühungen von Wiederaufforstung und Anpflanzung von natürlichem Sekundärwald zeigt auf beiden Inseln jedoch auch erste Erfolge.
Geplante Hauptstadt im Regenwald
Der fortschreitende Klimawandel gefährdet nicht nur durch den ansteigenden Meeresspiegel die indonesische Hauptstadt Jakarta. Nusantara soll als Planstadt im Osten Borneos zwischen Samarinda und Balikpapan errichtet und zur neuen Hauptstadt Indonesiens werden, immerhin das viertbevölkerungsreichste Land der Erde. Die Bauarbeiten haben 2022 mit Rodungen begonnen, ein Teil der Regierung soll 2024 bereits in Nusantara seine Tätigkeit aufnehmen. Es besteht der Plan, dass die politische Führung bis 2034 umgezogen und die neue Hauptstadt 2045 fertiggestellt ist. Als Vergleich für die dafür vorgesehene Fläche kann das Saarland in Deutschland herangezogen werden (also ca. 2500 km2). Derzeit hat Nusantara bereits eine Bevölkerung von ca. 500 000 (2024).