Ostsee - Boddenküste

Deutschland - Norddeutschland - Küstenlandschaften und Küstenschutz
978-3-14-100800-5 | Seite 33 | Abb. 5| Maßstab 1 : 500000

Überblick

Die Ostsee als Binnenmeer mit nur schmalem Zugang zum Ozean weist gänzlich andere Küstenlandschaften auf als die Nordsee. Ihre Gestalt wird vor allem durch das Relief ausgangs der Weichselkaltzeit und die Lage zu den Meeresströmungen geprägt.

Der Kartenausschnitt erfasst die weichseleiszeitliche Moränenlandschaft Vorpommerns mit großräumigen ackerbaulich genutzten, wellig bis hügeligen Grundmoränenplatten und die postglaziale Boddenausgleichsküste.

Die Halbinsel Darß / Zingst

Den markantesten Teil der Boddenausgleichsküste bildet die Halbinsel Darß/Zingst einschließlich des Großen Werders und des Bocks. Zwei Landkerne sind anhand der Bodennutzung lokalisierbar: zum einen das ackerbaulich genutzte „Hohe Fischland“ zwischen den Ostseebädern Wustrow und Ahrenshoop, zum anderen der Altdarß bei Wieck. Die anderen Teile der Halbinsel bestehen überwiegend aus sandigen Ebenen, die das Meer abgelagert hat, die zu den Bodden hin oberflächlich vermoort sind und teilweise an den Bodden einen Schilfgürtel tragen. Feine Meeressande bilden breite Strände, an denen bekannte Badeorte wie, Wustrow oder Prerow liegen. Ein Teil der Inseln (Bock) ist durch Aufschüttung von Sanden, die aus der Ausbaggerung von Schifffahrtsrinnen stammen, entstanden. Die westlich exponierte Steilküste zwischen Graal Müritz und Darßer Ort unterliegt auch in der Gegenwart der Abtragung.

Hiddensee und Rügen

Die der Insel Rügen vorgelagerte Insel Hiddensee gehört zu den morphologisch und touristisch interessantesten Teilen der deutschen Ostseeküste. Aufgrund seiner exponierten Lage unterliegt die 72 Meter hohe Moräne des Dornbusches einem starken Steilküstenabbruch, weshalb eine Schutzmauer errichtet wurde. Auffallend ist die gegensätzliche Ausprägung der Küstenformen Hiddensees: seeseitig ein meist schmaler Strand aus Sand, Kies oder Geröllen, boddenseitig Verlandungen im Uferbereich mit ausgedehnten Schilfflächen. Die Hakenbildungen, die am Dornbusch ansetzen stammen aus dem Sedimentmaterial des Kliffabbruchs am westlich gelegenen Dornbusch.

Rügen besteht aus älteren, relativ hoch aufragenden Inselkernen einerseits und jüngeren, flachen Nehrungen andererseits, die die Inselkerne miteinander verbinden und die Bodden vom offenen Meer abtrennen. Die imposanten Steilküsten Kreidefelsen am Königstuhl und Kap Arkona sind wichtige Touristenattraktionen. Die Inselkerne Wittow und Jasmund sind durch die Schaabe verbunden, eine flache, elf Kilometer lange und durchschnittlich einen Kilometer breite Nehrung. Sie ist aus dem Sedimentmaterial der angrenzenden kreidereichen Steilküsten aufgebaut. Sowohl der Große als auch der Kleine Jasmunder Bodden sind Brackwasserseen. Sie wurden erst 1869 durch einen Damm getrennt, als Bergen und Sassnitz eine direkte Straßenverbindung erhielten. Der Küstenabschnitt von Binz bis Thiessow an der Südostspitze Rügens bildet in diesem Raum den Abschluss der Boddenausgleichsküste. Der Greifswalder Bodden greift mit seinen Ausläufern Having und Hagensche Wiek tief in den Südteil Rügens ein und lässt so die Ausläufer der Moränenzüge hervortreten.

Die postglaziale Entwicklung Vorpommerns

Nach dem Pommerschen Stadium der Weichseleiszeit löste sich das Inlandeis auf dem Gebiet Vorpommerns allmählich in Eisfelder auf, weshalb sich nur einzelne Endmoränenstaffeln des zurückweichenden Inlandeises feststellen lassen, wie die Velgaster Staffel, die die Karten von Wustrow in Richtung Velgast in mehreren Gletscherzungen bis nördlich von Greifswald durchläuft. Die Endmoränenzüge und die vorgelagerten Sander sind mit Laub- und Nadelwäldern bedeckt. Eine zweite Staffel durchzieht die Insel Rügen vom Dornbusch auf Hiddensee im Nordwesten bis zur Granitz im Südosten. Auch hier kennzeichnen die Waldgebiete Mittelrügens und auf Jasmund sowie die Höhenzüge auf Wittow im Wechsel mit Niederungen die Moränenzüge und die Lage von Gletscherzungenbecken, die für die postglaziale Gestalt Rügens mitentscheidend waren.

Durch den Eiszerfall entwickelten sich die Abflussrinnen der Schmelzwässer. Das Pommersche Urstromtal, das sich vom Stettiner Haff zur westlichen Ostsee erstreckt, wird im Kartenbild im Westen durch den Lauf der Recknitz von Triebsees bis nach Ribnitz markiert. Spätere Abflussrinnen prägten den Mittelteil des Urstromtales, in dem heute die Täler der Flüsse Trebel und Ryck (Bifurkation) verlaufen. Im Osten schließlich flossen die Schmelzwässer über das Urstromtal der Peene und den Strelasund ab.

Die postglaziale Entwicklung der Boddenlandschaft wurde entscheidend von der Litorina-Transgression (5800 v. Chr. bis Christi Geburt) geprägt. Sie begann mit einem raschen Anstieg des Meeresspiegels im Ostseebereich. Die tiefer gelegenen Teile der Glaziallandschaft (wie die Gletscherzungenbecken und Urstromtäler) wurden überflutet, die Moränengebiete wurden zu Inseln oder Halbinseln, wie z. B. im Fall der einzelnen Inselkerne Rügens. Mit dem Anstieg des Meeresspiegels bis zu seinem heutigen Niveau vollzog sich aber auch die Ausbildung der rezenten Küstenformen: Steilküsten (Kliffs) entstanden durch die Brandung vor allem an exponierten Landvorsprüngen. Das Material der zurückverlegten Steilküsten wurde von der Küstenströmung erfasst und abtransportiert und in Flachwasserabschnitten wieder abgelagert. Es bildeten sich Haken und schließlich Nehrungen, die die Flachwasserbereiche vom offenen Meer abschnürten (Bodden).

Naturschutz und Tourismus

Zwei sehr unterschiedliche Nationalparke bilden das Rückgrat des Natur- und Umweltschutzes an der Ostseeküste; hinzukommen zahlreiche nicht in der Karte ausgewiesene Naturschutzgebiete. Der 786 Quadratkilometer große Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft umfasst neben ausgedehnten Wasser-, Flachwasser- und Windwattbereichen kleinere Inseln, Moore, Grünland, Heiden und Wälder. Die Größe des Schutzgebietes ermöglicht eine weitgehend natürliche Dynamik der landschaftsformenden Prozesse an der Ostseeküste. Der 30 Quadratkilometer große Nationalpark Jasmund (kleinste deutsche Nationalpark) liegt im östlichen Teil des Inselkerns Jasmund und stellt die Steilküste mit ihren Kreidefelsen und deren Hinterland unter Schutz.

In Mecklenburg-Vorpommern trägt der Tourismus rund ein Zehntel zur Wirtschaftsleistung bei. Somit ist es das Bundesland mit der höchsten Tourismusintensität. Rügen und Darß / Zingst sind zusammen mit der Insel Usedom die Hauptziele des Tourismus an der vorpommerschen Ostseeküste

Die Küsten Mecklenburg-Vorpommerns und ihr Hinterland weisen aber auch ein hohes Windkraftpotenzial auf. Dies wird wirtschaftlich in zahlreichen größeren Windparks, aber seit 2011 auch im Offshorebereich genutzt.

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