Erde - Das Zeitalter des Kalten Krieges (1949–1989)

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978-3-14-100870-8 | Seite 30 | Abb. 2

Überblick

Der Kalte Krieg (1947/48-1989) entwickelte sich aus dem machtpolitischen Antagonismus der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges und dem ideologisch geprägten Ost-West-Konflikt zwischen den Großmächten USA und Sowjetunion. Obwohl der über 40 Jahre andauernde Konflikt nie zu einem wirklichen Krieg eskalierte, dominierte er die weltpolitischen Entwicklungen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Bis heute wird das internationale Bündnissystem von seinen "Nachwirkungen" geprägt (vgl. Karte 31.3).

Die Anfänge der Polarisierung

Die Mitglieder der alliierten Kriegskoalition begannen schon während der großen Kriegskonferenzen (Teheran 1943, Jalta und Potsdam 1945), ihre Interessensphären abzusichern. Die Sowjetunion wollte sich in Osteuropa eine politische und wirtschaftliche Einflusszone schaffen. Die USA waren dagegen an einer Reduzierung der Militärausgaben zugunsten eines internationalen Neuanfangs ("One-World-Konzept") interessiert. Diesem Zweck diente auch die Gründung der Vereinten Nationen 1945 (vgl. Karte 32.1).

Die USA akzeptierten zunächst das sowjetische Vorgehen in Osteuropa (Polen 1945/46). Die Regierung unter Harry S. Truman (1945-1953) erblickte darin aber bald schon den Versuch, durch Unterstützung sowjetisch orientierter Volksdemokratien eine kommunistische Weltherrschaft zu erzielen. Die von Truman 1947 offiziell verkündete Doktrin einer Eindämmung der Sowjetunion durch wirtschaftliche und militärische Unterstützung westlicher Demokratien (Marshall-Plan 1947 und NATO 1949) verschlechterte die bilateralen Beziehungen zusehends. Die ersten politischen Krisen waren auf Europa konzentriert, doch mit der weltweiten Unterstützung antikommunistischer Regimes erhielt die "Containmentpolitik" bald globale Dimension. Die USA übernahmen die Rolle einer Weltordnungsmacht.

Der Sowjetunion fehlten zunächst die militärischen Kapazitäten, um mit den USA zu konkurrieren. Durch einen "Freundschaftsvertrag" (1950) mit dem seit 1949 kommunistischen China versuchte Stalin, einen "kommunistischen Block" von Osteuropa bis an den Pazifik unter der Führung Moskaus zu schaffen, die Beziehungen zwischen beiden Ländern blieben jedoch angespannt. Peking ging ideologisch und außenpolitisch eigene Wege.

Militärbündnisse und -potenziale

Nach der politischen Teilung Europas, einer Reihe internationaler Krisen (Koreakrieg 1950-1953, Taiwankrise 1950-1954, Kubakrise 1962) und der Errichtung weltumspannender Bündnis- und Paktsysteme (u.a. OAS 1947/48, NATO 1949, Warschauer Pakt 1955) war die Verschärfung und Militarisierung des Ost-West-Konflikts nicht mehr aufzuhalten. Seine Intensität schwankte je nach außenpolitischen Konzeptionen und militärischen Strategien zwischen "heißen Phasen" (1947-1961), "Entspannung" (1963-1975), "Hochrüstung" (1979-1985) und zunehmendem "Dialog" (ab 1986), der in den politischen Umbruch in Osteuropa mündete und den "Kalten Krieg" beendete.

Im Zuge des Ost-West-Konflikts bauten beide Supermächte durch die Positionierung von Seeverbänden, Marine- und Luftstützpunkten in verbündeten Staaten eine weltweit operierende Militärmacht auf. Mit nuklearen Interkontinentalraketen bedrohten sie das Territorium des Kontrahenten. Der Versuch, durch Früherkennung auf etwaige Aggressionen reagieren zu können, lenkte den Rüstungswettlauf auf Abwehr- und Aufklärungssysteme (Radarfrüherkennungssysteme), die ab Mitte der 1980er-Jahre weltraumgestützt waren und deren Netz durch Aufklärungssatelliten ergänzt wurde.

Strukturelle Merkmale des Kalten Krieges

Kennzeichnend für die Epoche des Kalten Krieges waren eine stark ideologische Durchdringung der Außen- und Sicherheitspolitik und die weltweite Unterstützung von jeweils freundlich gesinnten Regimen bis hin zu militärischen Interventionen (zum Beispiel Vietnam 1965-1973 oder Afghanistan 1979-1985) durch eigene Streitkräfte oder Verbündete.

Die vorhandenen Nuklearpotenziale verhinderten jedoch eine direkte Konfrontation. Beide Weltmächte waren ab den 1960er-Jahren durch ihre interkontinentalen Nuklearwaffenpotenziale zu Supermächten geworden. Sie dominierten ihr jeweiliges Lager und versuchten, ihre Bündnispartner unter Kontrolle zu halten, wichen aber einer direkten Konfrontation mit der weltpolitischen Gegenmacht aus. Als die UdSSR im Oktober 1962 Mittelstreckenrakten nach Kuba verlegte, stand die Welt einige Tage lang am Rande eines nuklearen Zusammenstoßes, der aber durch das sowjetische Einlenken vermieden wurde. Das gigantische Militärpotenzial beider Seiten wirkte als realpolitische Hemmschwelle zur direkten militärischen Konfrontation - völlig auszuschließen war diese allerdings nie.

Der Rüstungswettlauf zwischen den Nuklearmächten USA und UdSSR lähmte das internationale System. Er verhinderte das Entstehen einer dritten, weltpolitisch unabhängigen Kraft, etwa seitens der entkolonialisierten Entwicklungsländer, er neutralisierte aber auch die - in idealistischer Absicht gegründeten - Vereinten Nationen in ihrer weltpolitischen Handlungsfähigkeit.

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