Allgäu - Landschaftsschutz und Alpbetrieb

Deutschland - Nachhaltige Landwirtschaft und Landschaftspflege
978-3-14-100900-2 | Seite 63 | Abb. 5| Maßstab 1 : 100000

Überblick

Die Karte zeigt einen ca. 120 km² großen Landschaftsausschnitt des Oberallgäus im südwestlichen Bayern, direkt am nördlichen Alpenrand. Sie thematisiert den Landschaftsschutz in der durch die Viehwirtschaft geprägten historischen Kulturlandschaft. Deren wichtigste Elemente neben den Weilern und Streusiedlungen sind die verbliebenen Bergwälder sowie das Dauergrünland in den unteren Lagen und die Alpen in den höheren Lagen. Letztere dienen der Sömmerung, also dem traditionellen Weidegang von Rindern und Kühen in den Sommermonaten.

Kulturlandschaftsgenese

Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts fand im Allgäu Viehzucht sowie Acker- und Flachsanbau mit mäßigen Erträgen statt. Hinzu kamen die Weiterverarbeitung durch Garnspinnerei und Leinenweberei in Heimarbeit. Ab etwa 1820 wurde diese Produktion aber durch billigere Baumwollprodukte der überlegenen maschinellen Textilindustrie in England verdrängt. Außerdem gab es ab etwa 1750 in ganz Europa eine messbare Klimaverschlechterung. Diese beeinträchtigte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts durch feuchtere Sommer und kälterer Winter den Ackerbau im Allgäu. Die Lösung der ökonomischen Krise lag in der Übernahme der Emmentaler-Käserei nach Schweizer Vorbild (1827) und der Limburger-Käserei (um 1830) aus Belgien. Infolgedessen kam es bis ins 20. Jahrhundert zu einem fortschreitenden Vergrünlandungsprozess. Entscheidend für den Erfolg der Milchwirtschaft als dominanter Landwirtschaftsform des südlichen Allgäus war aber schließlich die Ausweitung der Absatzmöglichkeiten durch den Anschluss an das bayerische Eisenbahnnetz gegen 1850. Das Allgäu wurde so zur „Käseküche Deutschlands“.

Strukturwandel

Bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg war der bergbäuerlichen Selbstversorgungsgrad im Allgäu noch hoch. Entsprechend wurde noch viel Vieh auf die großen Alpflächen getrieben. Zu einem schweren Einbruch kam es erst in den 1960er-Jahren durch das endgültige Ende der bäuerlichen Selbstversorgerwirtschaft. Agrarmarktbedingte Rationalisierungen und der Trend zur Konzentration auf wenige kostengünstige Standorte bei gleichzeitiger Reduzierung der erforderlichen Arbeitskräfte führten zu einem grundlegenden Strukturwandel der Milchwirtschaft im Allgäu. Die Milchverarbeitung wurde vielfach ins Tal verlagert. Die vielen kleinen Molkereien, die um 1960 noch in fast jedem Dorf oder Weiler existierten, sind im Zuge dieser Entwicklung fast ausnahmslos verschwunden. Die heutige Struktur wird durch ganz wenige milchindustrielle Großbetriebe, die die Milchabholung organisieren und auch aus anderen Regionen Milch importieren, bestimmt. Trotzdem gibt es immer noch traditionelle Käsereien, so etwa die Bergkäserei Diepolz im Westen des Kartenausschnitts. Sie bezieht die Milch ihrer Genossenschaftsmitglieder aus einem Umkreis von nur 10 Kilometern.

Landschaftsschutz

Der Schutz der typischen Natur- und Kulturlandschaft des Allgäus geschieht einerseits durch Landschaftsschutzgebiete (z. B. am Stoffelberg im Norden der Karte), FFH-Gebiete (z. B. im Werdensteiner Moos im Osten der Karte) und große Vorbehaltsgebiete für die Bergwälder und das Grünland, wobei die Biodiversität einer Alpe besonders hoch ist (z. B. bei Blütenpflanzen). Auch deshalb wurde die Alpwirtschaft von der Bayerischen Staatsregierung bereits Anfang der 1970er-Jahre mit einem Programm zur gezielten Förderung der Berglandwirtschaft unterstützt. 1988 startete dann das Bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP), das Leistungen für den Natur- und Umweltschutz förderte, darunter auch Wirtschaftsformen, die dem Erhalt der Kulturlandschaft dienen. Durch die Ausschüttung einer „Behirtungsprämie“ hat sich etwa die Personalsituation auf den Alpen deutlich stabilisiert. Die Alpwirtschaft ist für die Region auch touristisch hochrelevant. Sie produziert Bilder von hoher Attraktivität, kann aber nur bestehen, wenn es die meist kleineren landwirtschaftlichen Familienbetriebe in den Tälern weiterhin gibt. Deren dauerhafte Förderung durch EU- und andere Mittel ist deshalb unerlässlich.

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Diercke

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Allgäu - Landschaftsschutz und Alpbetrieb
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