Überblick
Das Oberpinzgau und der Nationalpark Hohe Tauern stehen exemplarisch für die Koexistenz von Tourismus, Berglandwirtschaft und Naturschutz im Alpenraum. Die Karte zeigt im Norden das touristisch erschlossene obere Salzachtal mit den Gemeinden Hollersbach, Bramberg, Neukirchen, Wald und Krimml. Der Tourismusort Krimml ist in rund 2,5 Stunden von München aus mit dem Auto erreichbar, von Innsbruck aus sind es 1,5 Stunden und von Salzburg 2 Stunden. Südlich des oberen Salzachtals liegt der westlichste Teil des 1981 gegründeten und zuletzt 2011 erweiterten Nationalparks Hohe Tauern.
Nationalpark Hohe Tauern
Der Nationalpark Hohe Tauern deckt die wesentlichen Höhenstufen der Ostalpen ab: montane bis subalpine Wälder, baumfreie alpine Matten und Zwergstrauchheiden, die in Teilen auch seit Langem almwirtschaftlich genutzt sind, subnivale Frostschuttfluren sowie die Gletscher der nivalen Stufe. Aufgrund seiner landschaftlichen Heterogenität und Nischenvielfalt beherbergt er eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten, darunter etliche seltene und vom Aussterben bedrohte Schmetterlings-, Amphibien- und Vogelarten – z. B. Auerhuhn, Steinadler, Bart- und Gänsegeier –, aber auch Bergeidechsen, Schneemäuse, Alpenschneehasen, Luchse und Braunbären. Mit rund 1 860 km² Fläche ist der Nationalpark Hohe Tauern heute das größte Schutzgebiet Mitteleuropas. Zum Vergleich: Der größte Binnenland-Nationalpark Deutschlands ist der Müritz-Nationalpark mit 322 km² Fläche. Das Saarland ist rund 2 500 km² groß.
Tourismus und Naturschutz
Unter dem programmatischen Vorzeichen des gleichzeitigen Schützens und Nützens wurde mit der Schaffung des Nationalparks in großräumigem Maßstab der Versuch unternommen, den Schutz der alpinen Natur- und Kulturlandschaft einerseits und verschiedene Nutzungsansprüche andererseits in der Region dauerhaft in Einklang zu bringen. Eine zentrale Rolle spielte dabei neben der Berglandwirtschaft vor allem der Tourismus. Die Berglandwirtschaft prägt die alpine Kulturlandwirtschaft vor allem durch die traditionelle Bewirtschaftung von Almen; die almwirtschaftlich genutzten Bergwiesen und -weiden zählen zu den besonders artenreichen und erhaltenswerten Lebensräumen im Hochgebirge (im Nationalpark: 35 Prozent der Gesamtfläche), die von den Touristen zugleich als landschaftlich ausgesprochen attraktiv empfunden werden.
Diesen Tatsachen galt es bereits bei der Einrichtung des Nationalparks Rechnung zu tragen. Wie sich am Beispiel Oberpinzgau aufzeigen lässt, haben verschiedene Maßnahmen zu einem erfolgreichen Miteinander von Tourismus, Landwirtschaft und Naturschutz beigetragen. So blieben zum Beispiel bereits bestehende touristische Erschließungen, insbesondere die vier großen Skigebiete Gerlosplatte, Königsleiten, Wildkogel und Resterhöhe, von vornherein von den Planungen unberührt. Zugleich wurden seit Einrichtung des Nationalparks in den umliegenden Gemeinden kontinuierlich Modellvorhaben ins Leben gerufen, die beispielhafte Entwicklungschancen eines naturorientierten Tourismus im Umfeld eines Großschutzgebiets aufzeigen.
Die bisher initiierten Vorhaben zielen sowohl auf eine qualitative, umweltorientierte Verbesserung der bereits bestehenden touristischen Infrastruktur als auch auf die Schaffung neuer, naturnaher und naturverträglicher Tourismusangebote ab. In erster Linie handelt es sich hierbei um Maßnahmen zur Ergänzung und Diversifizierung des sommerlichen Wandertourismus. Konkrete Maßnahmen konzentrieren sich schwerpunktmäßig auf das Nationalparkgebiet selbst. Darüber hinaus wird das Ziel verfolgt, die Entwicklung des Schutzgebiets und der angrenzenden Gemeinden in einen größeren räumlichen Kontext zu stellen („Nationalparkregion“), sodass auch das weitere Umfeld vom Nationalparktourismus profitiert.
Tourismusstrukturen im Oberpinzgau
Die Übernachtungszahlen zeigen die deutliche Dominanz des wintersportorientierten Tourismus in den Gemeinden des Salzachtals. Dies wird durch die Größe der Skigebiete und deren Erschließung mit zahlreichen Seilbahnen und Liften bestätigt.
Im Nationalparkgebiet sind dagegen ausschließlich Einrichtungen zu erkennen, die auf einen sommerlichen Wandertourismus schließen lassen (Wanderwege, Hütten, Jausenstationen usw.). Traditionell zählen die Täler der Hohen Tauern zu den Hauptzielen dieser Urlaubsform. Entsprechend konzentriert sich ein Großteil der Maßnahmen und Projekte, die im Zusammenhang mit der Tourismusentwicklung im Nationalpark durchgeführt wurden, auf diese Gebiete. Diese umfassen unter anderem die Sperrung der Täler für den privaten Autoverkehr, die Anlage von Sammelparkplätzen, die Einrichtung von Taxi-Shuttlediensten zu den Wandergebieten, die Erschließung verschiedener Naturdenkmäler für die Besichtigung, die Anlage von Lehrpfaden (z. B. Gletscherlehrpfad im Obersulzbachtal), die Erschließung eines Schaubergwerks (Untersulzbachtal), die Bereitstellung von Informationsmaterialien für die Besucher, die Einbeziehung der lokalen Bevölkerung in konkrete Vorhaben und Initiativen, die Schaffung eines Erlebnisportals im Internet zu den touristischen Angeboten des Nationalparks und die Implementierung eines professionelles Tourismusmarketing der Gesamtregion unter der Marke „Hohe Tauern – Die Nationalpark-Region“.
Rund zwei Drittel des Nationalparks sind als Kernzone ausgewiesen. Hier wird das höchste Maß an natürlicher Dynamik angestrebt, die Eingriffe durch den Menschen sind auf ein Minimum beschränkt und die Schutzbestimmungen besonders streng. Unter anderem gilt auch ein Wegegebot, das heißt, die ausgewiesenen Wege dürfen hier nicht verlassen werden, um Beeinträchtigungen des Naturhaushalts durch den Tourismus möglichst gering zu halten.
Zur Entwicklung der Übernachtungszahlen
Nach der Gründung des Nationalparks hat die Entwicklung der Gästezahlen im oberen Oberpinzgau einen insgesamt positiven Verlauf genommen. Allerdings ist hier nach Gemeinden und Saisonschwerpunkten zu differenzieren. Zeitweise stagnierten die Übernachtungszahlen während der Sommersaison oder waren sogar rückläufig, zuletzt während der Corona-Pandemie. Bis dahin haben im Zeitraum 2014 bis 2020 aber alle Gemeinden kräftige Zuwächse erzielt. Deutlicher als die Sommersaison konnte die vom technisierten alpinen Skilauf bestimmte Wintersaison ihre Bedeutung steigern. Dazu hat maßgeblich auch der Ausbau aller regionalen Skigebiete während der letzten Jahrzehnte mit einer Vielzahl quantitäts- und qualitätssteigernder Maßnahmen (u. a. technische Beschneiung und moderne Aufstiegshilfen) beigetragen.