Wirbelstürme

Erde - Naturrisiken und Verwundbarkeit
978-3-14-100900-2 | Seite 268 | Abb. 3

Überblick

Stürme können extreme Zerstörungskraft entfalten und stellen daher ein beträchtliches Naturrisiko dar. Zwei bekannte Sturmtypen sind die tropischen Wirbelstürme und die Tornados, die sich aber in Dimension, Genese und Entstehungsraum grundlegend voneinander unterscheiden. Während erstere riesige Ausmaße von mehreren 100ten von Kilometern annehmen können und über warmen tropischen Meeren entstehen, sind Tornados deutlich kleiner und bilden sich zumeist über Land.

Zur Entstehung tropischer Wirbelstürme

Jedes Jahr gibt es weltweit etwa 30 bis 100 tropische Wirbelstürme. Sie werden in der Karibik als Hurrikane, im indonesischen Raum als Taifune und im Bereich von Australien als Willy Willies und andernorts als Zyklone bezeichnet. Tropische Wirbelstürme bilden sich bevorzugt in den Sommer- und Herbstmonaten der jeweiligen Erdhalbkugel. Tropische Wirbelstürme können sich nur über Meeren mit Wassertemperaturen von über 27 Grad Celsius entwickeln, was in tropischen Breitenlagen in den Sommermonaten regelmäßig der Fall ist. Je höher die Oberflächentemperaturen sind, umso größer ist das Potenzial zur Ausbildung starker Stürme.

Die über warmen Wasserflächen lagernden feuchtwarmen und damit labilen Luftmassen steigen im Einflussbereich der Innertropischen Konvergenzzone (ITCZ) auf und bilden mächtige Wolkentürme, sogenannte Cloud Clusters. Gealterte Kaltluftmassen, die von Norden her über die warmen tropischen Meeresflächen vorstoßen, können diesen Prozess verstärken. Der Aufstieg warmer Luft lässt am Boden niedrigen Luftdruck entstehen. Dadurch werden von allen Seiten warme und feuchte Luftmassen angezogen (Konvergenz), die den Wirbel immer weiter ernähren. Oberhalb des Wolkenturms wird die Luft nach außen abgeführt (Divergenz), wo sie zum Boden zurücksinkt. Dadurch entsteht ein ständiger Luftkreislauf, der sowohl die Hebungsprozesse, als auch den Wasserdampfnachschub steuert. Die bei der Kondensation der aufsteigenden Luftpakete freiwerdende latente Energie verleiht der Luft einen zusätzlichen Auftrieb und stellt die eigentliche Antriebsquelle der charakteristischen Wirbelbildung dar.

Erst die einsetzende Drehbewegung der Luftmassen lässt einen tropischen Wirbelsturm entstehen. Kleine Tiefdruckwirbel, die sich unter der östlichen tropischen Höhenströmung bilden, versetzen hierbei die aufsteigenden Wolkenmassen in eine Zirkulationsbewegung. Die Corioliskraft hält diesen Prozess aufrecht. Da die ablenkende Kraft durch die Erdrotation erst ab etwa dem 6. bis 8. Breitengrad polwärts groß genug ist, um eine Wirbelbildung zu initiieren, erstreckt sich beiderseits des Äquators eine wirbelsturmfreie Zone (s. 268.2).

Windzirkulation und Wanderung

Tropische Wirbelstürme können einen Durchmesser von mehreren hundert Kilometern aufweisen. Die Winde zirkulieren entgegengesetzt zum Uhrzeigersinn um das Zentrum des Sturms und transportieren auf seiner Ostseite feuchtwarme tropische Luftmassen nach Norden. Auf seiner Westseite wird Kaltluft nach Süden verfrachtet.

Die Isobaren liegen zum Zentrum des Wirbelsturms hin immer dichter zusammen. Durch das starke Druckgefälle treten sehr hohe Windgeschwindigkeiten von teilweise mehr als 300 Kilometern pro Stunde auf, wobei die Zuggeschwindigkeit des Sturms sehr langsam sein kann, in der Regel liegt sie während des Sturmstadiums bei ca. 20 Stundenkilometern. In einer etwa 20 bis 70 Kilometer breiten Zone im Kern des Wirbelsturms, dem „Auge des Sturms“, herrscht hingegen fast Windstille. Durch absteigende Luftmassen ist dieser Bereich weitgehend wolkenfrei. Die Kerndrücke im Bereich des Auges können weniger als 900 hPa betragen. Rings um das Auge des Wirbelsturms werden die Luftmassen teilweise bis in die Stratosphäre emporgehoben. Dabei bilden sich mächtige Wolkentürme (Cumulonimbus), sogenannte Hot Towers, aus denen sintflutartige Niederschläge und Gewitter niedergehen.

Hurrikan-Zentrum Karibik

Ein Zentrum für die Entstehung tropischer Wirbelstürme ist die Karibik. Dort werden sie Hurrikane genannt. Hurrikane aus der Karibik wandern meist an der Westflanke des Nordatlantischen Subtropenhochs im Uhrzeigersinn nach Norden. Durch die sinkenden Wassertemperaturen schwächen sich die Wirbelstürme dabei ab. Wenn sie das Festland erreichen und dadurch die Energiezufuhr gänzlich unterbunden ist, fallen die Stürme in sich zusammen. Allerdings können sie in den Küstenbereichen erhebliche Verwüstung anrichten, nicht nur aufgrund der hohen Windgeschwindigkeiten, sondern auch weil die Stürme mit sintflutartigen Regenfällen einhergehen und so gewaltige Sturmfluten auslösen. Der Sturm wühlt das Meereswasser zu hohen Wellen auf, die weit ins Landesinnere vordringen und dort zu massiven Zerstörungen und Überschwemmungen führen können. Oft erreichen gealterte und zunehmend schwächer werdende Hurrikane als Orkan- oder Sturmtiefs Europa; ihre Zugbahn ist dabei in die Westwinddrift eingelagert. Gemessen wird die Stärke tropischer Wirbelstürme mit der Saffir-Simpson-Skala. Ab 56 Stundenkilometer Windgeschwindigkeit werden Tropenstürme benannt, von einem Hurrikan spricht man aber erst, wenn Windstärke Beaufort 12 (Windgeschwindigkeit von 118 km/h) erreicht wird.

Tornados

Wie Tornados entstehen, ist noch nicht völlig geklärt – die Grundprinzipien allerdings sind bekannt. Sie können dort entstehen, wo eine wasserdampfreiche, warme Luftschicht in Bodennähe durch eine Inversion von trockener und kühlerer Luft in der Höhe getrennt ist. Die mit der Konfrontation von arktisch-kontinentalen und subtropisch-maritimen Luftmassen verbundene starke Labilisierung begünstigt im Frühjahr und Sommer die Ausbildung von Tornados. Sie werden auch als Windhosen (vom englischen hose = Schlauch) bezeichnet. Hierbei kommt es zu enormen Luftmassenbewegungen. Die feuchtwarme leichtere Luft steigt auf, während die schwerere trockenkalte absinkt. Heftige Gewitter sind die Folge. Damit sich aus dieser Konstellation Tornados entwickeln, ist es zusätzlich notwendig, dass am Boden andere Windgeschwindigkeiten und -richtungen herrschen als in der Höhe. Man spricht in diesem Fall von einer „vertikalen Windscherung“.

Überschreiten die feuchtwarmen Luftmassen durch Aufheizung vom Boden her eine gewisse Auftriebsschwelle, kann die Inversionssperrschicht durchstoßen werden. Dann setzt explosionsartig Konvektion bis in große Höhen ein. Durch die freiwerdende Kondensationswärme und die Windscherung kann es zur Ausbildung eines Aufwindschlauchs kommen, in den kontinuierlich Luft von außen nachströmt. Diese um eine vertikale Achse mit hoher Geschwindigkeit rotierende Luftsäule erreicht Durchmesser bis über einen Kilometer, meist bleiben die Durchmesser mit 50 bis 100 Metern aber deutlich kleiner. Tornados können Windgeschwindigkeiten von bis zu 500 km/h erreichen mit entsprechendem Zerstörungspotenzial. Der Drehsinn von Tornados ist, anders als bei den tropischen Wirbelstürmen oder den Hoch- und Tiefdruckgebilden, unabhängig von der Corioliskraft, dafür ist ihr Durchmesser zu klein. Tornados können sich im oder gegen den Uhrzeigersinn drehen, egal, auf welcher Erdhalbkugel.

Tornados können sich auch aus einer „horizontalen Windscherung“ entwickeln. In diesem Fall liegen feuchtwarme und trockenkalte Luftmassen nicht übereinander, sondern nebeneinander, kommen also in der Horizontalen in Kontakt zueinander. Auch hier kann es zur Ausbildung eines Aufwindschlauches kommen.

Tornado-Zentrum Mittlerer Westen

Eines der globalen Entstehungszentren für Tornados ist der Mittlere Westen der USA. Am häufigsten treten dort Tornados vom Frühjahr bis zum Frühsommer auf, wenn die thermischen und hygrischen Gegensätze zwischen trocken-kalter Luft aus dem Norden und feuchtwarmer Luft aus dem Golf von Mexiko maximal sind. Das Kerngebiet der Tornadogefährdung liegt dabei im März zunächst im Bereich der Golfküstenstaaten, von wo es sich dann bis zum Hochsommer in das kontinentale Innere Nordamerikas ausdehnt. Die Zugrichtung der Tornados im Mittleren Westen der USA folgt stets der Höhenströmung von Südwest nach Nordost.

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Diercke

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