TriRhena - Grenzpendelverkehr

Schweiz - Basel
978-3-14-100919-4 | Seite 45 | Abb. 4| Massstab 1 : 500000

Überblick

Die Agglomeration Basel muss als Teil einer trinationalen Region, der „Regio Basiliensis“ verstanden werden, die sich bis in den Raum Saint-Louis / Kembs (Elsass) und Efringen-Kirchen / Weil am Rhein / Rheinfelden (Baden-Württemberg), in der Schweiz über die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft sowie die Randbezirke der Kantone Solothurn und Aargau erstreckt und fast 1 Mio. Einwohner hat. Man spricht bei dieser grenzüberschreitenden Region auch vom Trinationalen Eurodistrict Basel (TEB).Diese thematische Atlaskarte tritt jedoch einen Schritt zurück und wirft ihren Blick über die Regio Basiliensis hinaus auf die grenzüberschreitende Europaregion TriRhena, die in Frankreich bis Colmar (Elsass) reicht und in Deutschland Freiburg im Breisgau einschliesst. Obwohl sich die Regio Basiliensis und TriRhena beide mit grenzüberschreitender Zusammenarbeit beschäftigen, liegt der Unterschied vor allem in ihrem geografischen Schwerpunkt und ihrer thematischen Ausrichtung. Die Regio Basiliensis konzentriert sich stärker auf die direkte Grenzregion um Basel und fokussiert auf konkrete Projekte zur regionalen Entwicklung, während TriRhena eine breitere, visionäre Herangehensweise für die gesamte Dreiländerregion verfolgt und eine grössere Themenvielfalt abdeckt. In der Europaregion TriRhena wohnen etwa 2,3 Millionen Menschen: Während im Oberelsass rund 500 000 und in Südbaden rund 700 000 Menschen leben, zählt die engere Agglomeration Basel insgesamt rund 820 000 Einwohner, wovon etwa zwei Drittel in der Schweiz, ein Viertel in Deutschland und etwas weniger als ein Zehntel in Frankreich leben.

Grenzpendler – Entwicklungen und Motive

Am Hoch- und Oberrhein zwischen Konstanz, Basel und Strassburg überschreiten täglich knapp über 100 000 Pendler die Staatsgrenzen, um in einem der Nachbarländer zu arbeiten. Die Hauptströme bewegen sich aus Südbaden (39 100) und aus dem Elsass (34 200) in die Schweiz sowie aus dem Elsass nach Deutschland (28 700). In die jeweiligen Gegenrichtungen fliessen nur bescheidene „Rinnsale“ (z. B. aus den Basler Kantonen und Aargau nach Deutschland rund 1 200 Personen). Am intensivsten gestalten sich die Verflechtungen im Trinationalen Eurodistrict Basel (TEB) am südlichen Oberrhein. Hier bildet Basel den wichtigsten Knotenpunkt der Grenzgänger-Bewegungen. Der Schweizer Teil der Regio Basiliensis stelle 2022 mit 64 000 ausländischen Zupendlern das überragende Zielgebiet dar, in Basel-Stadt allein zählt man über 34 500 Grenzgänger neben 55 000 schweizerischen Einpendlern.
Vordergründig lassen sich die Grenzgänger-Richtungen als eine Folge des Wirtschaftsgefälles zwischen den drei Teilgebieten der Regio interpretieren. Zieht man Indikatoren wie das Pro-Kopf-Einkommen, die Arbeitslosenquote, die Kapitalausstattung der Unternehmen u. Ä. heran, so spielt das Oberelsass den schwächsten Part.
Langjährige Strukturkrisen der traditionellen Industrien (Textil, Kalibergbau usw.) haben zu Beschäftigungseinbrüchen geführt. Die angespannte Arbeitsmarktlage manifestiert sich in einer hohen Arbeitslosenquote. Nicht wesentlich günstiger waren Ende der 1990er-Jahre die Verhältnisse im südbadischen Teil der Regio, wo Werksschliessungen (Textil) und rezessionsbedingter Belegschaftsabbau die Arbeitslosenquote haben anschwellen lassen. Die stärkste Position nimmt der Schweizer Teil der Regio Basiliensis ein. Ihre Wirtschaftskraft stützt sich auf Wachstumsbranchen im Dienstleistungsbereich (Verkehr, Handel, Messewesen, Banken) und auf dem Industriesektor (Chemie, Pharmazie). Dennoch stieg auch in Basel die Arbeitslosenquote bis Mitte der 1990er Jahre deutlich an (5,7 %), verminderte sich bis heute wieder auf ca. 3,0 % und liegt ausserhalb des Stadtkantons noch niedriger.
Für den einzelnen Grenzgänger sind die Motive zur Arbeitsaufnahme im Ausland recht unterschiedlich. Befragungen haben ergeben, dass gutes Arbeitsklima, Sicherheit des Arbeitsplatzes sowie traditionelle Bindungen, also mehr emotionale Gründe, gleichwertig neben wirtschaftlichen Gründen (z. B. angemessene Bezahlung im Zielgebiet und unbefriedigende Stellensituation im Quellgebiet) stehen. Bei der entscheidenden Grösse, dem Bruttolohn, liegt die Schweiz deutlich vorne, während Frankreich und Deutschland dagegen zurückstehen. Wechselkursänderungen können ein solches Bild variieren – tatsächlich entwickeln sich diese seit Jahren zugunsten der Grenzgänger, insbesondere seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses 2015.

Pull-Faktoren der Agglomeration Basel

Im Falle von Basel tritt als wichtiger Pull-Faktor der Sogeffekt in die Agglomeration hinzu. Die Pendlerbewegung in das vielseitige Arbeitsmarktzentrum kommt aus einem natürlich zuzuordnenden, durch die Grenze abgetrennten Einzugsgebiet (Saint-Louis, Hüningen, Lörrach, Weil am Rhein). Hier wie bei anderen Zielgemeinden sind die arbeitsfunktionalen Verflechtungen ein gewachsenes Phänomen, ohne dass konjunkturelle Einflüsse zu leugnen wären.
Die bilateralen Abkommen und das Personenfreizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU machen es für Schweizer Unternehmen möglich, unter vereinfachten Bedingungen Fachkräfte aus dem EU- und EFTA-Raum zu rekrutieren. Politische Initiativen gegen die Überfremdung wollten immer wieder eine Kontingentierung der ausländischen Arbeitskräfte durchsetzen. Dabei wurde in vergangenen Jahrzehnten schon mehrfach übersehen, dass das rasante Anschwellen z. B. des deutschen Pendlerstroms fast ausschliesslich junge Fachkräfte in die Schweiz gelockt hatte.
Seit der knappen Annahme der eidgenössischen Volksinitiative „Gegen Masseneinwanderung“ 2014 versucht die Politik Lösungen zu finden, welche gleichzeitig die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte beschränkt, ohne dabei jedoch die bilateralen Abkommen und das Personenfreizügigkeitsabkommen mit der EU zu verletzen; weitere Volksinitiativen zur Zuwanderung datieren auf 2020 und 2024.
Auch an der Grenze zwischen Frankreich und Deutschland geniesst man Freizügigkeit. Mit der Vollendung des europäischen Binnenmarktes hat der seit 50 Jahren kontinuierlich gewachsene Pendlerstrom Richtung Baden und Pfalz, dessen Hauptquellgebiete im Unterelsass liegen, nochmals zugenommen; er wird verstärkt durch Deutsche, die ihren Wohnsitz ins Elsass verlegt haben.

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