EU/EWR - Beschäftigungsstruktur

Europa - Zusammenschlüsse und Kooperationen
978-3-14-100919-4 | Seite 76 | Abb. 2| Massstab 1 : 36000000

Überblick

Massgeblichen Einfluss auf die Wirtschaftsstruktur in den verschiedenen Teilen Europas hatten zum einen die jeweiligen naturräumlichen Bedingungen, ungleich mehr noch aber die historischen, politischen und wirtschaftlichen Einflüsse und Entwicklungen seit Beginn des Industriezeitalters. Da zwischen den einzelnen Wirtschaftssektoren erhebliche Produktivitätsunterschiede bestehen, geben die jeweiligen Erwerbstätigenanteile in Landwirtschaft, Industrie und Dienstleistung Hinweise sowohl auf zurückliegende als auch auf künftige Entwicklungen.

Räumliche Polarisierung

Die Agrarregionen mit einem hohen Erwerbstätigenanteil im primären Sektor (Leitfarbe Grün) liegen mehrheitlich in den peripheren Lagen an den Aussenrändern der EU bzw. des EWR. Die Industrieregionen mit einem noch immer beträchtlichen Anteil von Beschäftigten im sekundären Sektor (Leitfarbe Blauviolett) profitieren hingegen von den Standortvorteilen ihrer zentralen Lage im Herzen der EU. Zunehmend gleichmässiger verteilt sind die Standorte des – in sich heterogenen – tertiären Sektors (Leitfarbe Orange), dem im Hinblick auf die regionale Beschäftigungssituation beim Strukturwandel eine besondere Bedeutung zukommt. Wichtige Branchen des Dienstleistungssektors wie Finanzdienstleistungen, Consulting, Wissenschaft, öffentliche und private Verwaltungen konzentrieren sich besonders auf die grossstädtischen Ballungsräume und nationalen Entscheidungszentren.

Strukturwandel auf dem Arbeitsmarkt

Mit der abnehmenden Bedeutung der Rohstofforientierung, vor allem in der Eisen- und Stahlerzeugung, bekamen die alten Industrieregionen zunehmend Konkurrenz, zunächst durch Küstenstandorte, dann auch durch globalen Wettbewerb. Mehr noch aber hat sich durch die Entwicklung neuer Technologien eine stetige Verlagerung der Erwerbsstruktur zugunsten des tertiären Sektors vollzogen: In nahezu allen traditionellen Industrieregionen hat der Dienstleistungsbereich inzwischen einen Beschäftigtenanteil von mehr als 50 Prozent. Moderne Wirtschaftsstandorte verfügen heute u. a. über eine diversifizierte Wirtschaftsstruktur, ein breites Spektrum an hochwertigen Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Know-how, hoch qualifizierte Arbeitskräfte, eine sehr gut ausgebaute Infrastruktur, Wirtschaftscluster von Wachstumsbranchen und spezialisierte Dienstleistungsangebote. Sie profitieren von Netzwerkstrukturen, aber auch von gezielten Fördermassnahmen, zum Beispiel bei der Unternehmensgründung (Stichwort Start-ups).
Für die stark agrarbetonten Regionen an den Aussenrändern der EU/EWR hat dieser sektorale Strukturwandel die problematische Konsequenz, dass sich in ihnen künftig noch weniger Beschäftigungsalternativen im vergleichsweise gut bezahlten Industriesektor bieten werden.

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