Überblick
In Afrika gibt es kein Wirtschaftszentrum von globaler Bedeutung. Zu den kontinental wichtigsten Zentren zählen Kairo (Ägypten), Nairobi (Kenia) und Johannesburg/Pretoria (Südafrika), aber auch Accra (Ghana), Lagos (Nigeria) und Algier (Algerien). Diesen wirtschaftlichen Zentren stehen weite Teile des Kontinents gegenüber, die von der Globalisierung bislang noch wenig erfasst sind. Allerdings befinden sich viele Länder stark im Umbruch. Zu den am schnellsten wachsenden Ökonomien weltweit zählten auch afrikanische Staaten wie Äthiopien, Mosambik, Nigeria und Ruanda. Dicht besiedelte Regionen mit höherem Bergbau-, Industrie- und Dienstleistungsanteil existieren in Afrika nur inselhaft. Viele Verdichtungsräume sind an Lagerstätten von Rohstoffen, historische Herrschaftszentren und kolonialzeitliche Hauptstädte gebunden.Wirtschaftliche Strukturschwäche
Im weltweiten Vergleich ist die Wirtschaft auf dem afrikanischen Kontinent schwach entwickelt. Für die strukturelle Schwäche lassen sich historische und politische, aber auch naturräumliche Gründe anführen: Ausgedehnte Gebiete können aufgrund ihrer ungünstigen natürlichen Bedingungen wirtschaftlich nur sehr eingeschränkt oder gar nicht genutzt werden. Ein Grossteil der am wenigsten entwickelten Länder der Erde finden sich in Afrika, insbesondere in der Region südlich der Sahara. Grosse Teile der Bevölkerung leben vom informellen Beschäftigungssektor. Für die Masse der Armen ist die informelle Wirtschaft „Überlebensökonomie“, für grosse Teile der Eliten ist sie hingegen eine Quelle immensen Reichtums, nicht zuletzt durch illegale Aktivitäten im Handel mit Rohstoffen, Diamanten oder Waffen.Ländlich geprägte Kulturlandschaften
Das landwirtschaftliche Kulturland Afrikas umfasst im Wesentlichen die Gebiete entlang der Mittelmeerküste und des Nils, Westafrika zwischen dem Senegal und Zentralafrika, das Hochland von Äthiopien, einen breiten Streifen an der Ostseite des Kontinents zwischen Uganda und Südafrika sowie Teile der Atlantikküste im Südwesten (Kongo, Angola). Es dominiert vielerorts eine kleinbäuerliche Landwirtschaft (s. Karte 126.4). Allerdings wird in den letzten Jahren – nicht zuletzt durch ausländische Investitionen – eine industrialisierte Landwirtschaft vorangetrieben, die Genussmittel wie Kakao und Kaffee, Blumen, Getreide, aber auch Zuckerrohr und Ölpalmen in grossem Massstab für die ausländischen Märkte erzeugt (s. Karte 126.3). Zu einem grossen Problem hat sich vor allem das „Land Grabbing“ entwickelt, die Aneignung grosser Anbauflächen durch fremde Staaten und ausländische Grosskonzerne, wie in der Demokratischen Republik Kongo, in Äthiopien und Sudan.Trockenräume
Zu den naturnahen Landschaften mit geringer wirtschaftlicher Nutzung zählen die ausgedehnten Trockenregionen vor allem im Nordteil des Kontinents. Dort breiten sich Wüsten aus, an deren Rändern extensive Viehhaltung, teilweise mit halbnomadischen Lebensformen, möglich ist. Ausnahmen bilden in diesen Gebieten Standorte, an denen Oasenwirtschaft (s. Karte 126.1) oder Bewässerungsgebiete möglich sind.Tourismusregionen
Einige Naturlandschaften sind international bedeutende Tourismusregionen (z. B. Krüger-Nationalpark in Südafrika, Okavango-Binnendelta in Botsuana, Serengeti-Nationalpark in Tansania). Weitere international bedeutende Tourismusstandorte befinden sich in Nordafrika an den Küsten und an Stätten des Weltkulturerbes (Niltal, Karthago usw.). Der Tourismus gilt in vielen Ländern als wichtige „Wachstumsindustrie“.Bergbauregionen
Afrika ist aussergewöhnlich reich an Bodenschätzen. Folgende regionale Schwerpunkte mit Bedeutung für den Weltmarkt lassen sich unterscheiden (s. Karte 136.1 und 138.1): zum einen die stark expandierenden „Energieregionen“ in Nord-, West- und Zentralafrika (Erdöl, Erdgas sowie Südafrika mit Steinkohle, Uran), zum anderen die „Metall- und Mineralregionen“ im Süden und Südosten des Kontinents sowie in Zentralafrika (Eisenerz, Stahlveredler, Kupfer, Blei, Zink, Zinn, Edelmetalle, Edelsteine).
Die bergbaulichen Ressourcen waren ein Hauptgrund für die koloniale Erschliessung Afrikas im 19. Jahrhundert. Infolge des Bergbaus entstanden städtische Agglomerationen. Die Verkehrslinien sind auf die Bergbauzentren ausgerichtet. Heute sind die Bodenschätze für viele Länder Afrikas das wichtigste Exportgut, aber zugleich auch ein „Fluch“, weil die einseitige Ausrichtung auf ein Exportprodukt die Volkswirtschaft extrem abhängig macht und weil der Streit um den Zugang zu den wertvollen Rohstoffen zu den entscheidenden Ursachen für schlechte Regierungsführung, Korruption, kriminelle Geschäftspraktiken, weiträumige Umweltzerstörung und bewaffnete Konflikte zählt.
Industriezentren
Die Verteilung der Industrien zeigt, dass es zahlreiche Küstenstandorte, aber nur wenige Standorte im Binnenland gibt. Die Küstenstädte liegen besonders verkehrsgünstig auch in Hinblick auf den immer bedeutsamer werdenden Weltmarkt (Export, Import). Bei Industriestandorten im Inland (wie Nairobi oder Johannesburg) sind die Nähe zu Rohstoffvorkommen bzw. zur jeweiligen Hauptstadt wichtige Faktoren.
An vergleichsweise vielen Standorten gibt es Leichtindustrie, dazu zählen die Textil-, Bekleidungs- und Lederverarbeitung, die Nahrungs- und Genussmittelindustrie sowie die Produktion von anderen Konsumgütern. Die industrielle Fischverarbeitung geschieht vorwiegend für den Export; der regionale Fischverzehr wird vor allem aus Flüssen und Seen gedeckt.
Zur Schwerindustrie zählen zum Beispiel die Erdölraffinerien. Neben der Belieferung des Binnenmarktes oder der Region sind sie vor allem auf den Export ausgerichtet. Die chemische und kunststoffverarbeitende Industrie existiert vorwiegend in Form von Grossanlagen der Kunstdüngerindustrie bzw. in Gestalt mittlerer und kleiner Unternehmen, die Farben und Lacke, pharmazeutische Produkte oder Kunststoffprodukte herstellen. Auch bei den metallverarbeitenden Betrieben handelt es sich zumeist um kleine und mittlere Unternehmen, die für den lokalen bzw. regionalen Markt produzieren. Branchen von Hightech-Industrien sind nur an wenigen Standorten vertreten (wie Kapstadt oder Nairobi).