Überblick
Diese topografische Übersichtskarte bietet einen anschaulichen Blick auf die Stadtlandschaft der Agglomeration Basel mit ihrem Siedlungsmuster und sonstigen Flächennutzung, dem zentral ausgerichteten Verkehrsnetz und dem Lagemuster der Industrie- und Gewerbegebiete am Rhein sowie an den grossen Verkehrsachsen. Es lassen sich auch Fragen zum Pendelverkehr thematisieren.Regio Basiliensis bzw. Trinationaler Eurodistrict Basel (TEB)
Die Agglomeration Basel muss als Teil einer trinationalen Region, der „Regio Basiliensis“ verstanden werden, die sich bis in den Raum Saint-Louis /Kembs (Elsass) und Efringen-Kirchen / Weil am Rhein / Rheinfelden (Baden-Württemberg), in der Schweiz über die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft sowie die Randbezirke der Kantone Solothurn und Aargau erstreckt und fast 1 Mio. Einwohner hat. Man spricht bei dieser grenzüberschreitenden Region auch vom Trinationalen Eurodistrict Basel, abgekürzt TEB (Noch weiter gefasst ist die im Oberrheingraben gelegene Europaregion TriRhena, die in Karte 45.4 betrachtet wird und von der die Agglomeration Basel ein Teil ist.)
Da die Agglomeration mehrere Gebietskörperschaften umfasst, wird sie stärker durch funktionale als durch politisch-administrative Grenzen gegliedert. Gemäss der aktuellen Agglomerationsdefinition des Bundesamts für Statistik (vgl. Erläuterungen zur Karte Zürich Agglomeration 46.1) werden die folgenden Unterteilungen vorgenommen:
1) Die Agglomerationskerngemeinde Basel (Kernstadt). Als Grossstadt mit regionaler Zentrumsfunktion wird hier ein über die Region hinausgehendes Angebot an Arbeitsplätzen, Bildungs- und Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen sowie ein entsprechender öffentlicher Verkehr bereitgestellt.
2) Ein Kreis von rund um Basel liegenden Agglomerationskerngemeinden (Haupt- und Nebenkerne). Dazu gehören beispielsweise Allschwil, Muttenz, Liestal und Rheinfelden sowie mehrere Gemeinden im deutschen und französischen Nachbargebiet.
3) Die Agglomerationsgürtelgemeinden sowie mehrfach (also nach verschiedenen Kerngemeinden) orientierte Gemeinden in den Kantonen Basel-Landschaft, Solothurn und Aargau sowie in Deutschland und Frankreich.
Mit der Entwicklung zu einem führenden Standort der chemischen und metallverarbeitenden Industrie wuchs auch die Agglomeration nach der Jahrhundertwende stetig an. Dabei wurden alte Siedlungskerne, die noch um 1938 nicht zu der gegenwärtig geschlossenen Siedlungsfläche gehörten, allmählich überbaut.
Die Suburbanisierung erhielt Impulse durch die geplante funktionale Entflechtung von Wohnen und Arbeiten, die dem städtebaulichen Leitbild der Charta von Athen 1933 folgte. Danach sollten die durch die urban-industrielle Entwicklung verminderte Lebensqualität in hoch verdichteten Städten durch Trennung der Wohn- und Arbeitsfunktionen herbeigeführt werden. In der Schweiz wie auch anderen europäischen Ländern führte dies speziell nach dem Zweiten Weltkrieg zur Anlage von neuen Wohngebieten am Stadtrand oder Schlafgemeinden im Umlandbereich von Städten. Weitere Suburbanisierungsimpulse erhielt die Agglomeration durch den Ausbau des Standortes Basel zum weltweiten Branchenleader in der Wachstumsindustrie Chemie mit den transnational operierenden Firmen Novartis (vormals Ciba-Geigy/Sandoz) und Hoffmann-La Roche (Roche) sowie dem Bankenwesen mit der zweitgrössten Bankengruppe der Welt (UBS), die ihren Hauptsitz bis 2014 in Basel hatte. Suburbanisierungsprozesse wurden auch begünstigt von dem „zweiten Standbein“ der Wirtschaft in der Agglomeration, dem Wachstum der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs), also Unternehmen mit zwei bis 250 Angestellten, die mehr als die Hälfte der in der Privatwirtschaft tätigen Menschen beschäftigen, im Sozialprodukt gleich hoch rangieren wie die Grossbetriebe und mittlerweile das Zugpferd der Wirtschaft darstellen. Eine ganze Reihe von Firmen lagerten einzelne Abteilungen und Produktionen wegen der knappen Bodenreserven sowie strenger Umwelt- und Bauauflagen in benachbarte Kantone aus.
Bevölkerungsentwicklung in Basel
Die Bevölkerungsentwicklung der Agglomeration verläuft seit 1970 gegenläufig zu der des Stadtkantons Basel. Während die Agglomeration ein rapides Bevölkerungswachstum erfuhr (so stieg z. B. die Wohnbevölkerung des Kantons Basel-Landschaft von 220 000 um 1970 auf 300 000 Personen 2023 an), verzeichnete die Kernstadt Basel zwischenzeitlich einen signifikanten Bevölkerungsverlust. Zwischen 1970 und 2002 betrug dieser rund 25 000 Personen, von 212 900 auf 188 200 Einwohner, wobei die Zahl in den letzten beiden Jahrzehnten wieder langsam steigt (205 600 Einwohner im Jahr 2023). Der Anteil der Schweizer Bevölkerung nimmt kontinuierlich ab, während die ausländische Bevölkerung seit 1980 wächst; seit 2022 auf über 75 000 Personen, fast alle mit Niederlassungs- bzw. Aufenthaltsbewilligung.
Problematisch an der Bevölkerungsdynamik innerhalb der Region ist die Selektivität der Bevölkerungsumstrukturierung: Es sind v. a. die jüngeren Familien mit Kindern, die der „Unwirtlichkeit der Städte“ zu entfliehen suchen, ferner die Einkommensstärkeren, wobei eine niedrigere Besteuerung in den Agglomerationsgemeinden ausserhalb der Kernstadt eine Rolle spielen kann. In der Kernstadt verbleiben zunehmend die „A-Gruppen“ (Alte, Ärmere, Alleinstehende, Ausgegrenzte, Arbeitslose, Asylanten, Auszubildende usw.). Das Phänomen der sozialen Entmischung oder „A-Stadt-Entwicklung“ teilt die Kernstadt Basel mit anderen westlichen Grossstädten, z. B. Zürich oder – als Extremfall dieser Entwicklung – amerikanischen Metropolen.
Basler Bevölkerungsdynamik – Probleme und Lösungsansätze
Soziale Entmischung ist gleichbedeutend mit dem funktionalen Niedergang einer Stadt, sie verliert ihre Kapazität, wichtige Versorgungsfunktionen auszuführen, was als eines der wichtigsten Basler und gesamtschweizerischen Stadtentwicklungsprobleme angesehen wird. Mehrere Gründe sind ausschlaggebend für die A-Stadtentwicklung: Selektive Abwanderung einkommensstarker Bevölkerungsgruppen bedeutet Erosion des Steueraufkommens, wenn, wie in den Agglomerationen Basel oder Zürich, die Besteuerung am Wohnort und nicht am Arbeitsort erfolgt. Stagnierende oder rückläufige Steuereinnahmen werden durch Zuzüge einkommensschwächerer Personen finanziell nicht kompensiert. Befinden sich Arbeitsort und Schlafgemeinde im gleichen Kanton, kann durch Steuerausgleich innerhalb des Kantons ein Teil der Infrastrukturkosten für Pendler ausgeglichen werden, ebenfalls Kosten für Arbeitsplätze, die in der Kernstadt höher als die Einnahmen aus Steuern und Gebühren pro Arbeitsplatz sind, was auch für Studien-, Theater-, Konzertplätze usw. gilt, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden. Im Falle des Stadtkantons von Basel werden diese Kosten von der Stadt erbracht. Die Schlafgemeinden, die vom Steueraufkommen profitieren, das in der Stadt erarbeitet wurde, befinden sich in den Kantonen Basel-Landschaft, Aargau oder Solothurn sowie im Ausland. Zurück nach Basel-Stadt fliesst ein ausgehandelter Anteil der Steuereinnahmen der Umlandgemeinden in Abgeltung zentralörtlicher Dienstleistungen. Auf der schweizerischen Seite bedarf es daher besonderer interkantonaler Vereinbarungen, um höhere Anteile der Kosten für ausserkantonale Domizilanten abzugelten.
Bevölkerungsumschichtung in der Kernstadt bedeutet auch Neuorganisation der infrastrukturellen Versorgung. Bei der Entwicklung hin zu einer überalternden oder von Problemgruppen durchsetzten Bevölkerung wird die Versorgung besonders kostenaufwändig. So führen steigende Anteile an sozial Schwachen und Alten wie in Basel-Stadt dazu, dass in der Kernstadt für diese Gruppen höhere Pro-Kopf-Ausgaben in den Bereichen Gesundheitsfürsorge und soziale Wohlfahrt geleistet werden müssen, d. h. die Diskrepanz zwischen Kosten- und Nutzenträgern der öffentlichen Einrichtungen der Kernstadt wächst.
Sozialstrukturveränderungen haben auch hohe soziale Kosten: Der Rückgang der Familienhaushalte in der Kernstadt ist begleitet von Konzentration von Ausländerinnen und Ausländern sowie Arbeitslosen in einzelnen Stadtquartieren. Dabei stellen jugendliche Ausländer, die im Rahmen der Familienzusammenführung kurz nach Erreichung des schulpflichtigen Alters in die Schweiz kamen und mangels Sprachkenntnissen kaum im Arbeitsmarkt integrierbar sind, eine besondere Herausforderung für die Planungspolitik dar. Das Aufkommen neuer Problemgruppen in einzelnen Stadtquartieren verstärkt dabei die Tendenz der sozialen Entmischung zwischen der Stadt und ihren Umlandgemeinden.
Räumliche Entflechtung von Wohn- und Arbeitsort
Als weitere Auswirkung einer Abwanderung sind erhöhte Belastung und Umweltschädigung der Kernstadt, speziell durch Zunahme des Verkehrsaufkommens, ferner Bedeutungsverlust des öffentlichen Raumes, Vertreibung der Wohnfunktion aus dem innerstädtischen Bereich, d. h. weitere funktionale und soziale Entmischung und weitere Abnahme der Wohnumfeldqualität in der Kernstadt zu nennen. Massnahmen zur Attraktivitätssteigerung der Kernstadt sind in der Konzeptphase. Aufgrund verkehrsinfrastruktureller Verbesserungen ist jedoch eine zunehmende Mobilität, d. h. Entflechtung zwischen Wohn- und Arbeitsort zu erwarten, was auch dadurch begünstigt wird, dass der Arbeitsplatzausbau weiterhin in Basel-Stadt und nur zu einem geringeren Teil in den Umlandgemeinden erfolgt. Der Agglomerationskern umfasst mehr als die Hälfte des Arbeitsplatzangebotes, wobei der Abbau industrieller Arbeitsplätze durch den Ausbau der Dienstleistungsarbeitsplätze ausgeglichen wird. Es steht zu erwarten, dass sich in der Agglomeration noch deutlicher eine Aufteilung in Arbeitsplatz- und Wohnzentren abzeichnen wird.
Zu den Strategiebündeln, um die ungünstigen Effekte dieser funktionalen und sozialen Entmischung abzufedern, gehören auch Überlegungen, in grösserem Masse Umverteilungsmechanismen zwischen Kernstadt und Umlandgemeinden herzustellen, um einen besseren Lastenausgleich zwischen Kernstadt und Agglomerationsgemeinden herbeizuführen. Erwogen werden grössere Investitionsabgaben an Basel-Stadt, Pendlerbeiträge oder die Neubewertung der Berechnungsfaktoren für einen Finanzausgleich unter besserer Berücksichtigung der sich abzeichnenden und stetig verändernden Alters- und Sozialstrukturen. Das Ziel ist, langfristig eine kostendeckendere Abgeltung zentralörtlicher Dienstleistungen zu schaffen und einen Beitrag zum Auffangen der explodierenden Kosten einer A-Stadtentwicklung zu erhalten. Kaum möglich ist eine Gebietsreform im Sinne einer Funktionalregion, wobei eine ganze Agglomeration als neue Gebietskörperschaft institutionell verankert würde, die an die Stelle der Gemeinden tritt, deren Aufgaben übernimmt und über deren Steuermittel verfügt. Dieses Modell nach Vorbild des Agglomerationsgesetzes des Kantons Freiburg von 1996, das die Zusammenarbeit unter den verschiedenen Gemeinden des Kantons regelt, kann in einer trinationalen Region nicht vollzogen werden, obwohl es in diesem Raum beispielhafte grenzüberschreitende Kooperationen gibt. Allerdings sind noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Diese sind nicht unerheblich, da laut Bundesgesetz Basel gleichzeitig Kanton und Kommune ist und als ein autonomes Gebiet gilt, das auch bilaterale Verträge mit dem Ausland schliessen kann.