USA - Bevölkerungsstruktur
USA - Bevölkerung
978-3-14-100919-4 |
Seite 194 |
Abb. 3
Überblick
Die amerikanische Nation begreift sich als „Nation of Immigrants“ bzw. „Melting Pot“, wo durch einen Prozess des kulturellen Austauschs und der wechselseitigen Angleichung die Eingewanderten zu US-Amerikanern werden. Dieses Modell des Zusammenlebens der Menschen unterschiedlichster Herkunft in einer gemeinsamen Nation hat sich zweifellos als Mythos erwiesen. Die soziale Realität der Vereinigten Staaten wurde in der Vergangenheit eher durch die Dominanz einer angelsächsisch geprägten Kultur und Lebensweise bestimmt.Einwanderung
Der Strom der Einwanderung ist seit der Ankunft der ersten Siedler in den USA nie abgerissen (s. 194.1). Bis zum Ersten Weltkrieg stellten die Menschen aus Europa mit Abstand das Hauptkontingent der Einwanderung. Unter ihnen dominierten bis etwa 1880 die Menschen aus West-, Nord- und Mitteleuropa, einschliesslich der Deutschen, während ab etwa 1880 die Einwanderung aus Süd- und Osteuropa die Mehrheit bildete.
Nach einer vier Jahrzehnte dauernden Phase mit vergleichsweise niedrigen Einwanderungszahlen kam es mit der Reform der Immigrationsgesetze 1965 zu einem neuen, bis in die Gegenwart anhaltenden Einwanderungsstrom. Dabei änderte sich die Zusammensetzung der Bevölkerungsgruppen grundlegend: Neben der stark nach Herkunftsländern differenzierten Gruppe der Menschen aus Asien dominiert gegenwärtig die Zuwanderung aus Lateinamerika, vor allem aus dem benachbarten Mexiko. Neben den offiziell Immigrierten gibt es eine wachsende Zahl von Menschen, die auf der Suche nach Arbeit und einer Verbesserung ihrer Lebensumstände „illegal“ ins Land kommen. 2019 lebten fast 45 Mio. eingewanderte Personen in den USA, dazu kamen etwa 11 Millionen illegal Immigrierte.
Einer Million Personen wird jährlich ein Einwanderungsvisum ausgestellt. Gleichzeitig werden sechs Millionen Anträge für die dauerhafte Aufenthaltserlaubnis, die „Green Card“, gestellt. Eine Green Card können zum Beispiel hochqualifizierte Fachkräfte oder Familienangehörige von Personen mit US-Staatsbürgerschaft erhalten, in geringem Umfang auch im Rahmen einer Verlosung oder als Flüchtlinge.
Bevölkerungsstruktur heute
Die starke Einwanderung nach 1960 hat zu einer tiefgreifenden Umgestaltung der Bevölkerungsstruktur der Vereinigten Staaten geführt. Stellten die European Americans 1970 noch 83,2 Prozent der Bevölkerung, so sank ihr Anteil bis 2021 auf 57,8 Prozent. Wachsende Anteile verzeichnen die Asian Americans und die Hispanics. Letztere haben zahlenmässig die African Americans übertroffen (2021: 18,7 % bzw. 12,1 %). Unter Hispanics wird die Bevölkerung mit Spanisch als Muttersprache verstanden, unabhängig von ihrer Nationalität. Die indigene Bevölkerung stellt mit einem Anteil von weniger als einem Prozent heute nur eine Minderheit dar, auch wenn ihre Gesamtzahl mit fast drei Millionen Menschen inzwischen wieder den Stand vor Ankunft der europäischen Siedler erreicht und vermutlich sogar überschritten hat. Unter Berücksichtigung von Mehrfachnennungen ordnen sich beim US Census über 6 Millionen Menschen den Native Americans zu – entweder nur ihnen oder in Kombination mit einer (oder mehreren) der anderen Bevölkerungsgruppen.
Für Kalifornien ist die „Majority of Minorities“ typisch. In dem Bundesstaat bilden die Hispanics mit 39,4 Prozent die grösste Bevölkerungsgruppe. Der Anteil der European Americans beträgt 34,7 Prozent. Asian Americans haben in allen Teilen des Bundesstaats vergleichsweise hohe Anteile, in Summe 15,1 Prozent.
Altersstruktur
Die Veränderungen der Bevölkerungsstruktur stehen auch Beziehung zur Altersstruktur und zum demografischen Verhalten. Wie in vielen anderen Industriestaaten auch, nimmt in den USA der Anteil junger Menschen ab, der Anteil älterer Menschen nimmt zu. Der Altersaufbau der USA zeigt auch Unterschiede hinsichtlich der Bevölkerungsgruppen. Der Altersaufbau der europäischstämmigen Bevölkerung zeigt die Form einer Urne (d. h., die zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer TFR liegt unter 2,1 Kindern pro Frau). Die Altersstruktur der Menschen anderer Herkunft weicht davon stark ab. Auffallend ist der dominante Anteil an den jüngsten Bevölkerungsgruppen.„Melting Pot“ USA
Entgegen dem Image der USA als „Nation of Immigrants“ bzw. „Melting Pot“ bestehen zum Teil grosse Probleme hinsichtlich der Gleichberechtigung und der Teilhabe am öffentlichen und wirtschaftlichen Leben (s. Diagramm zur Arbeitslosigkeit, s. 194.3).
Angesichts der sich verändernden Bevölkerungsstruktur spricht Vieles dafür, dass sich die USA stärker in Richtung einer multiethnisch geprägten Gesellschaft hin entwickeln und damit einem Modell folgen, das populär als „Salad Bowl“ bezeichnet wird.
Zunehmend leben in den USA aber auch Menschen, die keiner der grossen Bevölkerungsgruppen eindeutig zuzuordnen sind und die bilingual oder gar multilingual aufwachsen.