#WirHANDELN! Wann, wenn nicht jetzt?
Konzept zum gemeinschaftlichen Nachhaltigkeitshandeln im Sinne der SDGs in 6 Schritten
Prof. Wilfried Hoppe & Stefan Junker
Wir als Menschheit stehen aktuell vor den wohl größten Herausforderungen – Krieg, Pandemie, Klimakrise, Artensterben, Nahrungsmittelkrise, Flüchtlingsbewegungen, Konflikte um Ressourcen etc. Diese Themen und vor allem deren Zusammenhänge werden im Geographie-Unterricht global aber vor allem an lokalen Raumbeispielen behandelt. Gleichzeitig blicken wir mit den 17 Sustainable Development Goals, den Weltnachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen, lösungsorientiert nach vorn – mit Positivbeispielen und Handlungsoptionen. Doch wie kommen wir vom Wissen zum gemeinschaftlichen Nachhaltigkeitshandeln im Sinne der SDGs?
Diese Fragen haben wir uns schon seit langem gestellt. Als große Hindernisse tauchen immer wieder die große Vorbereitungszeit und die fehlenden Erfahrungen bzw. Strukturen auf. Daher haben wir uns dazu sowohl in der Forschung als auch in der Praxis umgeschaut. Entscheidend ist aus unserer Sicht weniger die gewählte Sozialform, sondern die Meta-Struktur innerhalb des Lernprozesses – oder um es mit den Worten von Josef Leisen zu sagen – in der Lernlinie. Herausgekommen ist ein Konzept, das die Lernenden in sechs Schritten von der Neugierde zum gemeinschaftlichen Nachhaltigkeitshandeln führt. Wir haben es #WirHANDELN! genannt, um das Gemeinschaftliche, das tatsächliche Handeln und das Hinzuziehen des Digitalen bzw. von Social Media zu betonen. Folgende sechs Schritte sind es:
Wir werden neugierig
Wir lernen dazu
Wir recherchieren
Wir entwickeln Ideen
Wir schließen uns zusammen
Wir handeln
In unserer komplexen und nicht-linearen Welt ist diese Schrittfolge auch nicht linear. Es wird zwischen den Schritten oft hin und her gesprungen, was die Pfeile verdeutlichen sollen. Es hat sich aber gezeigt, dass diese sechs Schritte sehr lohnend und notwendig für ein wirksames Nachhaltigkeitshandeln sind.
Wir sind sehr froh und glücklich darüber, dass wir mit dem Magazin #WirHANDELN! allen Schülerinnen und Schüler nicht nur dieses Konzept, sondern über 100 Seiten voller Ideen, Anregungen und Tipps anbieten dürfen, die sie zum gemeinschaftlichen Nachhaltigkeitshandeln befähigen. Die Lehrkräfte haben dabei die Aufgabe der Prozessbegleitung.
Eine ganz wesentliche Bedeutung haben in diesem Kontext die Positivbeispiele. Zu jedem SDGs wird in Kapitel 1 ein Gesicht des Handelns vorgestellt – eine Person, die bereits handelt und damit andere inspiriert. Kapitel 1 stellt zudem die SDGs und den Wert der Nachhaltigkeit vor. Luisa Neubauer – als eines der Gesichter des Handelns – erklärt in einem Interview ausführlich, wie sie zum Handeln gekommen ist und was sie dabei gelernt hat. Oft kennen die Schülerinnen und Schüler die globalen Herausforderungen und die dazugehörigen negativen Schlagzeilen. Wie viele Menschen sich für eine nachhaltige Zukunft einsetzen, ist ihnen aber meistens nicht bekannt. Diese Gesichter des Handelns motivieren, selber aktiv zu werden. Man wird neugierig.
Um nun die 6 Schritte zum gemeinschaftlichen Nachhaltigkeitshandeln zu gehen, benötigen die Schülerinnen und Schüler unterschiedliche, ganz individuelle Unterstützung. Deshalb besteht das gesamte zweite Kapitel von #WirHANDELN! aus einer Art Schatztruhe aus Tipps, Methoden und Ideen für alle sechs Schritte, die je nach Bedarf genutzt werden können.
Zum gemeinschaftlichen Handeln führt Kapitel 3 – das Hauptkapitel von #WirHANDELN! Für alle 17 SDGs werden ausgehend von einem Gesicht des Handelns konkrete Inspirationen für alle 6 Schritte auf jeweils zwei Doppelseiten angeboten. Dazu sind zahlreiche QR-Codes zu finden, die einen tieferen Einblick ermöglichen.
Das Besondere an #WirHANDELN!: Es gibt keine Aufgaben zum Abarbeiten. Die einzige Aufgabe ist das gemeinschaftliche Handeln. Dazu gibt es als weitere Unterstützung Hilfsfragen und eine beschreibbare pdf-Datei zu den 6 Schritten.
Wir Lehrkräfte geben den Rahmen vor: die Länge, ggf. den thematischen Schwerpunkt – z.B. ein, mehrere oder alle SDGs - und begleiten die Durchführung. Dieser Rollenwechsel hin zur Prozessbegleitung bietet sehr lohnende Lernchancen für Lehrkräfte. Gleichzeitig dürfen sie die Interessen ihrer Schülerinnen und Schüler besser kennenlernen und ihr Zusammenarbeiten erleben.
Ein solches Erfolgshandeln fördert im Sinne von „Taking action for collective well-being and sustainable development” - also im Kontext der SDGs – zum einen stark die Zukunftskompetenzen der Lernenden und sorgt zum anderen für Selbstwirksamkeitserfahrungen bei den Jugendlichen. Aus verschiedenen Studien wissen wir, dass die Zukunftsängste der Schülerinnen und Schüler sehr stark ausgeprägt sind, was angesichts der aktuellen Krisen und Herausforderungen nicht überrascht. Hier können Selbstwirksamkeitserfahrungen sehr hilfreich für die Lernenden sein. Das Gefühl wichtig zu sein ist besonders in der Pubertät von zentraler Bedeutung. Die Fokussierung auf Lösungen sorgt im Sinne einer ProblemLÖSUNGsorientierung dafür, dass durch das gemeinsame Nachdenken über Lösungen neue Lösungen entstehen – Im Gegensatz dazu führt das Reden über Probleme meist nur zu neuen Problemen.
„Another World Is Possible“ schrieben Fridays for Future auf die Oberbaumbrücke in Berlin. „A Race We Must Win“ steht auf dem Segel von Boris Herrmann – unterlegt mit dem Logo der SDGs. Wir Menschen haben das Glück auf diesem wunderschönen Planeten leben zu dürfen – unserer kleinen blauen Perle. Von daher sollten wir alle möglichst viel über unser Zuhause und unseren Umgang damit wissen, damit wir verantwortungsvoll und zukunftsfähig handeln können. Wann, wenn nicht jetzt? Wer, wenn nicht wir?
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